Gasförderung vor Borkum?!

Das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat die umstrittene Gasbohrung in der Nordsee vor Borkum genehmigt. Aber: Unsere Haltung gegen die Gasförderung bleibt klar und unverändert. Wir wollen keine neue Gasförderung!

Es gibt keine Gasmangellage

Deutschland befindet sich längst nicht mehr in einer Gasmangellage. Auch deswegen benötigen wir keine neuen Genehmigungen zur Gasförderung – erst recht nicht im empfindlichen Ökosystem Nordsee, am Rande des UNESCO-Weltnaturerbes.

Welterbestatus in Gefahr?!

Das UNESCO-Welterbekomitee hat Ende Juli auf seiner Tagung in Neu-Delhi mitgeteilt, die Förderung von Öl und Gas sei unvereinbar mit dem Welterbestatus des Wattenmeeres. Eine Aberkennung des Welterbestatus wäre eine Katastrophe auch für den Wattenmeer-Tourismus. Im Zusammenspiel mit dem Anstieg des Meeresspiegels würde es durch die geplante Gasförderung zu negativen Auswirkungen auf Umwelt, Natur, auf Inseln und Küste kommen. Dies zeigen auch die umfangreichen und ablehnenden Stellungnahmen der Umwelt- und Naturschutzfachbehörde NLWKN sowie der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer im jetzt vom LBEG genehmigten Planfeststellungsverfahren.

Ökologie und Klimaschutz in Gefahr

Die durch das LBEG genehmigten Bohrungen im Wattenmeer würden nicht nur ökologisch wertvolle Riffe, Flora und Fauna und somit die Lebensräume von Tier und Mensch zerstören. Auch die Klimakrise würde durch ein solches Vorgehen weiter angefacht. Neue fossile Gasförderungen sind mit den Klimazielen in Bund und Land unvereinbar.

Was wir vom Bund erwarten

Wir erwarten daher von der Bundesregierung, dass sie ihren Koalitionsvertrag einhält, „keine neuen Gas- und Ölförderungen in der Nordsee“ mehr zu erteilen. Dem noch ausstehenden völkerrechtlichen Abkommen mit den Niederlanden muss aus Gründen des Klima- und Naturschutzes und wegen des Erhalts des Weltnaturerbes eine Absage erteilt werden. Die Gasförderung vor Borkum kann und darf ohne Zustimmung der Bundesregierung nicht realisiert werden.

Wie geht es weiter?

Ob die heute vom LBEG erteilte Genehmigung vor Gericht Bestand hat, bleibt fraglich. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg über den Eilantrag der DUH zu den Riffen im Bereich des Seekabels belegt, dass die deutschen und europäischen Umweltgesetze dem Schutz von Ökosystemen und Natur eine höhere Priorität zuweisen als den privaten Gewinninteressen von Gaskonzerne. Wir Grüne pochen darauf, dass jetzt Belange des Umwelt-, Natur- und Klimaschutzes neu ins Bundesbergrecht aufgenommen werden. Künftige Anträge auf Erdöl- und Erdgasförderung könnten dann wegen höherer Umweltstandards ins Leere laufen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Gasförderung vor Borkum nicht realisiert wird, und setzen auf Offshore-Windenergie und ein klimaneutrales Niedersachsen.

Was plant One-Dyas und welche Auswirkungen gibt es?

Das Unternehmen One-Dyas plant, im niederländischen und deutschen Sektor der Nord-see Erdgas zu fördern. Hierfür hat das Unternehmen am 10.10.2022 einen Antrag beim Landes-Bergbauamt (LBEG) gestellt. Die geplante Bohrplattform liegt in unmittelbarer Nähe zum Weltnaturerbe Wattenmeer - und mit 23 Kilometern in Sichtweite vor Borkum.

Die Erdgasförderung hätte erhebliche Auswirkungen auf das empfindliche Ökosystem der Nordsee am Rande des Wattenmeers und der Inseln. Geplant sind die Errichtung einer Plattform, die Ver-legung von Kabeln für die Stromversorgung der Plattform zum Offshore Windpark Riffgart, Abteufen von Bohrungen, Förderung von Erdgas und Bau und Betrieb einer Erdgasleitung. Diese geplanten Aktivitäten stehen im Widerspruch zu den Prinzipien des Natur-, Umwelt und Meeresschutzes. Sie gefährden zudem den Status des Wattenmeers als Weltnaturerbe. Die UNESCO hat Deutschland und die Niederlande aufgefordert, von Öl- und Gasförderungen im Wattenmeer und dessen unmittelbarer Umgebung abzusehen und den Status als GEFÄHRDET eingestuft. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, das Weltnaturerbe zu schützen.

Neue fossile Gasförderungen stehen zudem den Klimazielen von Bund und Land entgegen. Eine Gasmangellage besteht nicht. Es ist fraglich, ob die Genehmigung des LBEG vor Gericht Bestand haben wird. Die politische Entscheidung zur Gasförderung obliegt der Bundesebene.

Was passierte bis zur Genehmigung durch das LBEG?

Das Unternehmen hat zur Versorgung der Bohrplattform die Verlegung eines Strom-Seekabels beim Land Niedersachsen beantragt. Zuständig für die Genehmigung ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Für das Seekabel wurde vom damaligen Umweltminister Olaf Lies (SPD) im Oktober 2022 eine wasserrechtliche Genehmigung erteilt. Aufgrund von Widersprüchen von Umweltverbänden und der Entdeckung besonders geschützter Steinriff-Biotope wurde die Kabeltrassengnehmigung im Frühjahr 2024 angepasst und vom NLWKN im Juli 2024 erteilt. Ein Umweltgutachten zu den Riffen wurde 2022 zwar dem Bundesamt für Naturschutz gemeldet, jedoch erst in 2023 im Zuge einer gestellten Anfrage veröffentlicht. Die zusätzlichen naturschutzrechtlichen Anforderungen in der überarbeiteten Genehmigung beinhalten einen erhöhten ökologischen Ausgleich in Form von Ersatzzahlungen und die Anwendung schonender Verlegetechniken.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat dem Eilantrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stattgegeben und die Genehmigung zur Verlegung des Seekabels zur geplanten Erdgasförderplattform vorerst ausgesetzt. Diese Entscheidung hat die Grüne Landtagsfraktion begrüßt, da sonst die Riffe bereits unwiederbringlich geschädigt worden wären, bevor eine endgültige Entscheidung über die Gasförderung getroffen worden wäre. Ob die Gasförderung im deutschen Gebietsteil mit dem Umweltrecht vereinbar ist, wurde in diesem Genehmigungsverfahren nicht geprüft. Gegenstand des Verfahrens war ausschließlich die wasserrechtliche Genehmigung des Seekabels, nicht jedoch die Erdgasförderung als solche.

Genehmigung durch das LBEG und die Rolle des Bundes

Die Genehmigung zur Erdgasförderung selbst wurde am Mittwoch 14.08.24 vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erteilt, das dem Wirtschaftsministerium nachgeordnet ist. Zuvor hatten die Fachbehörden des Umweltministeriums (NLWKN sowie Nationalparkverwaltung) in umfangreichen Stellungnahmen an das LBEG auf zahlreiche negative Auswirkungen auf den Umwelt- Natur- und Meeresschutz sowie auf fehlende oder unzureichende Untersuchungen hingewiesen. Aus Sicht des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) wäre das Vorhaben als nicht genehmigungsfähig anzusehen, insbesondere in Hinblick auf den Schutz des Weltnaturerbes Wattenmeer und der Inseln, die durch umfangreiche Bodenabsenkungen und Verände-rungen der Sedimentströme gefährdet sind.

Die Prüfung des LBEG erfolgte jedoch auf Basis des Bundesbergrechts. Dieses beinhaltet keine explizite Berücksichtigung von Umwelt-, Natur- und Klimaschutzbelangen.

Im Koalitionsvertrag auf Landesebene zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben wir verankert, die Bundesregierung aufzufordern, Umwelt-, Natur- und Klima-schutzbelange in die Genehmigungen nach Bergrecht aufzunehmen:

„Wir wollen, dass im Bundesbergrecht explizit Umwelt-, Natur- und Klimaschutzbelange bei der Genehmigung von Erdöl- und Erdgasförderung berücksichtigt werden. Wir werden sicherstellen, dass die Erdöl- und Erdgasförderung in Niedersachsen unter höchsten Sicherheits-, Umwelt- und Gesundheitsstandards erfolgt.“

Auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde eine Modernisierung des Bergrechts vereinbart. Ziel soll sein, die heimische Rohstoffförderung ökologischer auszurichten. Diese Modernisierung ist trotz mehrfacher Apelle aus Niedersachsen bislang nicht erfolgt.

Staatsvertrag dazu mit den Niederlanden? Lehnen wir ab!

Eine Gasförderung auf deutscher Seite könnte nur dann erfolgen, wenn ein Staatsvertrag mit den Niederlanden abgeschlossen wird. Dieser müsste von der Bundesregierung be-schlossen und vom Bundestag ratifiziert werden. Wir, die Grüne Landtagsfraktion Niedersachsen, lehnen den Abschluss eines solchen Vertrages klar ab, da er den Schutz des Wattenmeers gefährden und klimapolitisch unverantwortlich wäre. Auf der LDK in Oldenburg wurde im April 2024 auch von der Landespartei ein entsprechender Beschluss gefasst. Eine Notwendigkeit oder rechtliche Verpflichtung zum Abschluss eines solchen Vertrages sehen wir nicht. Wir erwarten, dass die Entscheidung der Ampelregierung sich am Koalitionsvertrag des Bundes orientiert. Dort heißt es: „Wir wollen keine neuen Genehmigungen für Öl- und Gasbohrungen jenseits der erteilten Rahmenbetriebserlaubnisse für die deutsche Nord- und Ostsee erteilen.“ Wir erwarten daher von der Bundesregierung eine klare Absage an ein solches Abkommen.

Was sagt der nds. Umweltminister?

Zu der Erteilung der Genehmigung sagt Umweltminister Christian Meyer:

„Aus Sicht des Klimaschutzes sind neue fossile Gas- oder Ölförderungen abzulehnen. Einen Gasmangel gibt es angesichts voller Gasspeicher und ausreichender LNG-Kapazitäten nicht mehr, wie auch die Bundesregierung feststellt. Das Weltnaturerbe Wattenmeer ist ein besonders wertvoller Lebensraum. Die Gasbohrpläne von ONE Dyas haben daher in einem besonders sensiblen Lebensraum erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt, Natur und den Schutz der Inseln. Aus Sicht der Umwelt, des Klimas, des Naturschutzes, des Schutzes der Inseln und des Wattenmeers sowie im Sinne des Erhalts des Weltnaturerbe-Status des Wattenmeeres ist die beantragte Gasförderung vor Borkum nach wie vor nicht genehmigungsfähig, wie die kritischen und ablehnenden Stellungnahmen des NLWKN und der Nationalparkverwaltung zeigen. Im Koalitionsvertrag der Ampel im Bund ist zudem klar vereinbart, keine neuen Genehmigungen zur Öl- und Gasförderung in der Nordsee mehr zu erteilen. Ich erwarte und fordere den Bund auf, dass sich der Bund, der noch einen Vertrag zur Förderung mit den Niederlanden abschließen muss, daran hält, gerade angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise, dem steigenden Meeresspiegel und dem möglichen Verlust des Weltnaturerbestatus. Niedersachsen setzt beim Klimaschutz und bei der Energiewende auch künftig auf den Ausbau der Offshore-Windenergie in der Nordsee, aber nicht auf neue Förderungen klimaschädlicher fossiler Gase.“

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