Detlev Schulz-Hendel: Rede zum Klimaschutz im Bundesverkehrswegeplan und Personennahverkehr (Anträge GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

kaum überraschend haben alle anderen Parteien unseren Antrag abgelehnt, die Bedarfsplanüberprüfung im veralteten Bundesverkehrswegeplan beim Klimaschutz zu aktualisieren und zu einem Mobilitätsplan entwickeln. Und das ohne die - von uns geforderte - Anhörung von Verbänden und Organisationen in einem rasanten Beratungstempo. Zu groß war wohl wieder einmal die Angst unsanft aus den Asphaltträumereien geweckt zu werden. Zu groß war wohl auch die Angst vor der wirklich kritischen Auseinandersetzung mit den milliardenschweren Straßenneubauprojekten in Niedersachsen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch nicht vertretbar sind.

Die geplanten Milliardenausgaben für die Autobahnen A 33 Nord, A 20 und A 39 sowie zahlreiche Bundesstraßen in Niedersachsen binden erhebliche Kapazitäten und laufen den Klimaschutzzielen zuwider, denen sich Deutschland im Zuge des Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet hat. Und auch wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen stattfinden, so spiegeln sich diese leider nicht monetär in den Nutzen-Kosten-Analysen. Bezüglich der knappen Kapazitäten der Bauwirtschaft sowie der Planungs- und Genehmigungsbehörden mahnt auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in einem Sondergutachten zur Priorisierung bei Bauprojekten.

Die Empfehlung ist es die Krise zu nutzen, um sinnvolle Investitionsprojekte zu planen. Und sinnvoll sind vor allem Investitionen in eine saubere, moderne und sichere Mobilität, also mehr Geld für die Schiene, für die Radinfrastruktur und den ÖPNV.

Wir dürfen jetzt durch Corona-Krise keinen Rückfall in der Verkehrspolitik zulassen. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt für die Landes- und Bundesregierung gekommen, ihre verkehrspolitischen Schwerpunkte zu überdenken und neu auszurichten. Notwendig sind jetzt ein vorübergehender Planungsstopp und wie in unserem Antrag vorgesehen, eine umfassende Bedarfsplanüberprüfung, deren Parameter auch in die Nutzen-Kosten-Analysen eingerechnet werden müssen und zwar inklusive der explodierenden Kosten für die Straßenneubauten. Die durch ein Straßenneubaumoratorium freiwerdenden Mittel könnten dann in Abstimmung mit der Bundesregierung vollständig in bezahlbare und nachhaltige Mobilität in Niedersachsen für die Menschen investiert werden.

Anrede,

ich hatte es schon angesprochen, wir werden erheblich mehr Finanzmittel für den öffentlichen Personennahverkehr brauchen und vor allem aber jetzt einen Zukunftsplan für den ÖPNV in Niedersachsen. Das ist Gegenstand unseres Antrages, den wir heute hier einbringen. Die negativen Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar auch in den nächsten Jahren werden wir die massiven Folgen des Corona-Virus im öffentlichen Personennahverkehr zu spüren bekommen. Im besten Fall sind es zwei verlorene Jahre aber im schlimmsten Fall verlieren wir ein halbes Jahrzehnt. Deshalb brauchen wir jetzt Strategien, die den zusätzlichen Finanzierungsbedarf und Maßnahmen entwickeln, um die Fahrgäste nach dem Shut-Down zurückzugewinnen.

Schon jetzt berichten verschiedene Kommunen als Aufgabenträger für den ÖPNV aber auch Eisenbahnverkehrsunternehmen von einer schwierigen Lage, die jetzt Antworten erfordert, um auch eine notwendige Verkehrswende in den nächsten Jahren nicht zu gefährden.

Anstatt sich weiterhin für eine ökologisch und wirtschaftlich unsinnige Abwrackpämie 2.0 einzusetzen, ist die Landesregierung gefordert sich gerade jetzt engagiert für den Öffentlichen Personennahverkehr einzusetzen. Ohne einen Zukunftsplan und einer Mobilisierungskampagne drohen viele kommunale Verkehrsträger und Unternehmen sowie Regionalanbieter zum Opfer der Corona-Pandemie zu werden. Wir müssen jetzt gemeinsam verhindern, dass nach der Krise der PKW-Verkehr massiv ansteigt und damit die Schadstoffbelastungen für die Gesundheit und das Klima ansteigen. Unser Zukunftsplan sieht Staatshilfen des Bundes in Höhe von mindestens 4 Milliarden Euro vor. Niedersachsen muss hier eine aktive Rolle im Bundesrat übernehmen und darüber hinaus deutlich mehr Regionalisierungsmittel einfordern. Wir müssen auch als Land investieren, werden aber den Kraftakt nicht alleine leisten können.

Was braucht also ein Zukunftsplan:

Zunächst einmal einen bestmöglichen Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter*innen und für die Fahrgäste durch die landesweite Ausgabe von Schutzmasken in den Zügen und in den Bussen. Eine Niedersachsenweite App zur digitalen Information und zum Online-Ticketkauf aller ÖPNV-Angebote. Diese Maßnahme ist schon lange überfällig und kann den ÖPNV erheblich attraktiver gestalten, ebenso wie ein Comfort Check-In wie im ICE.

Kurzfristig ist eine bessere Taktung im Nahverkehr notwendig, ebenso ist es an der Zeit mit Nachdruck eine Vereinfachung bei den Tarifstrukturen zu erarbeiten. Mittelfristiges Ziel ist ein landesweit einheitlicher Tarif. Wir werden deutlich mehr Busse und Züge benötigen. Waschräume und Sanitäranlagen müssen saniert und modernisiert werden. Eine bessere Taktung setzt natürlich auch massive Investitionen in die Infrastruktur voraus, etwa bei Bahnstrecken und Signalanlagen, aber auch bei der Reaktivierung von Bahnstrecken. Letzteres ist ohnehin sehr sinnvoll und gewinnt nochmals an Bedeutung. Eine Kaufprämie für umweltfreundliche Busse statt Abwrackprämien für Pkw könnte die Industrienachfrage stabilisieren und die negativen Folgen der Pandemie für den ÖPNV abmildern. Wie es beispielsweise der Verkehrswissenschaftler Gernot Sieg vorschlägt.

Anrede,

Sie merken, es gibt ein Bündel an Maßnahmen, die in einem Zukunftsplan für den Öffentlichen Personennahverkehr stehen sollten. Lassen Sie uns gemeinsam schnell die Beratungen aufnehmen und gemeinsam den ÖPNV stärken, damit die notwendige Verkehrswende nicht zu einer Verkehrswende wird.

Vielen Dank.

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