Rede Imke Byl: Antrag (Grüne) Frauenhäuser stärken

- es gilt das gesprochene Wort - 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

häusliche Gewalt - die Leidensgeschichten lassen einen teilweise sprachlos zurück.

Doch auch in Deutschland und Niedersachsen müssen viel zu viele Frauen diese Erfahrungen erleiden, sei es durch den eigenen Partner oder enge Vertraute.

In den letzten Wochen und Monaten gab es, ausgehend durch eine Recherche des NDRs, in Niedersachsen einiges an Berichterstattung zum Thema Frauenhäuser.

Auch wenn das Thema Platzmangel in Frauenhäusern und Gewalt gegen Frauen ein sehr trauriges ist, habe ich mich doch gefreut, dass das Thema öffentliche Aufmerksamkeit erhalten hat.

Denn das tut es normalerweise allzu selten.

Gewalt gegen Frauen ist etwas, worüber man nicht gerne spricht.

Viel zu oft wird es außerdem als Randphänomen abgetan. Denn – so der Gedanke - in unserer modernen Gesellschaft haben Frauen ja nichts zu befürchten.

Was es nicht geben darf, das gibt es nicht. So einfach ist das.

Doch diese Annahme ist leider mehr als falsch: Gewalt an Frauen findet statt, und zwar in allen Bildungsschichten und Milieus.

Das perfide: Nicht an der dunklen Straßenecke oder im einsamen Park ist es für Frauen am gefährlichsten, so wie man ja gemeinhin schnell annehmen möchte. Sondern im eigenen Zuhause und im eigenen engen sozialen Umfeld. Täter sind Partner, Familienmitglieder, Freunde, Trainer und Betreuer.

Ich spreche hier von Frauen.

Das liegt daran, dass es klare geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Betroffenheit von Gewalt gibt.

Die überwiegende Mehrzahl der häuslichen und sexualisierten Gewalt richtet sich gegen Frauen, und geht von Männern aus. 

Dafür gibt es Gründe.

Es gibt leider einen ziemlich soliden Nährboden in unserer Gesellschaft für Gewalt gegen Frauen, seit langer Zeit und auch heute.

Etwas dagegen zu tun heißt sich einzusetzen gegen Frauenfeindlichkeit, gegen Sexismus und – ja – auch gegen gefährliche Geschlechterstereotypen!

Denn Gewalt gegen Frauen hängt mit zu traditionellen Rollenbildern zusammen.

Wir alle sollten uns dazu verpflichtet fühlen, dafür Sorge zu tragen, dass Frauen, die teilweise nach jahrelanger Demütigung und Gewalt den Mut fassen, sich Hilfe zu suchen, auch die Hilfe finden, die sie brauchen.

Und so komme ich zu unserem grünen Antrag.

Wie kann es sein, dass es Frauen gibt, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind und trotzdem vor verschlossener Türe stehen? Die keine passende Hilfe erhalten können, weil die Schutzeinrichtungen belegt und unterfinanziert sind?

Das Ministerium hat uns Zahlen vorgelegt und de facto erklärt, dass es eigentlich kein großes Problem oder Handlungsbedarf sieht.

Die Berichte aus den Frauenhäusern unterscheiden sich jedoch um einiges zu den Zahlen aus dem Ministerium.

Bei solchen Unterschieden sollte man dem doch schleunigst nachgehen!

Daher fordern wir die Landesregierung auf, eine breite Analyse der realen Auslastung der Schutzeinrichtungen vorzunehmen. 

Thema Finanzierung. Die Frauenhäuser kämpfen schon lange für eine gesicherte Finanzierung. Klappen tut es offensichtlich genauso lange schon nicht.

Genügend Plätze in Schutzeinrichtungen sind nicht „nice to have“, sondern absolut notwendig!

Daher fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für einen Rechtsanspruch für von Gewalt betroffene Frauen auf Unterbringung in einer Schutzeinrichtung einzusetzen.

Das wäre eine wichtige Signalwirkung.

Damit die Finanzierung endlich klar geklärt und gesichert wird zwischen Kommunen, Land und Bund und damit keine von Gewalt bedrohte Frau ohne Hilfe bleibt!

Und dabei meine ich auch jede Frau:

Solch ein Rechtsanspruch auf Hilfe in einer Schutzeinrichtung muss dann auch für jede betroffene Frau gelten, unabhängig von Einkommen, Aufenthaltsstatus, Alter der Kinder oder anderer Faktoren.

Bei der Finanzierung geht es aber natürlich nicht nur darum, den Frauen und Kindern ein Dach über dem Kopf zu bieten.

Die Frauen und Kinder, die in einem Frauenhaus Zuflucht finden, kommen aus sehr unterschiedlichen Situationen und bringen dadurch auch genauso unterschiedliche Bedürfnisse mit.

Die Frauenhäuser müssen auch so ausgestattet werden, dass eine angemessene psychosoziale Hilfe möglich ist.

Die Frauen müssen außerdem die Chance haben, möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen zu stehen und eine eigene Wohnung zu finden.

Daran scheitert es durch den angespannten Wohnungsmarkt aktuell viel zu oft, wodurch die Frauen länger als eigentlich nötig in den Frauenhäusern verbleiben.

Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

es ist gut und richtig, dass unter der rot-grünen Landesregierung massiv in die Schutzeinrichtungen investiert wurde.

Auch Investitionen in die Barrierefreiheit der Frauenhäuser sind wichtig, wie sie die neue Landesregierung nun plant, denn Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind besonders stark gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden.

Doch wie schon in der Aktuellen Stunde gesagt:

Die schönste stufenlose Rampe nützt auch der Frau im Rollstuhl nichts, wenn im Frauenhaus drinnen gar kein Platz mehr frei ist.

Daher fordern wir die Landesregierung hier auf, aktiv zu werden: Setzen Sie sich für einen Rechtseinspruch und für eine sichere Finanzierung ein! Jede Frau, die von Gewalt betroffen ist und in unseren Schutzeinrichtungen keine Hilfe finden kann, ist eine Katastrophe. Lassen Sie uns gemeinsam etwas dagegen tun.

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