Rede Anja Piel: Antrag (GRÜNE) zum weltlichen Feiertag für Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wer hätte gedacht, dass dieses Thema das Politikum der ersten Monate dieser Legislaturperiode werden würde! Alle außer der FDP hier im Hause sind sich einig, dass es einen neuen Feiertag geben soll. Wir schaffen ein bisschen mehr Gerechtigkeit zwischen den nördlichen und den südlichen Ländern.

Wenn man so will, liebe FDP, schaffen wir auch Wettbewerbsgleichheit.

14 Tage in Augsburg, aber nur 9 in Niedersachsen – das ist ungerecht!

Anrede,

man könnte denken, dass es für einen neuen Feiertag ruckzuck eine Mehrheit gegeben hätte. Das hätte auch klappen können – wenn die Große Koalition die Sache nicht so grandios verstolpert hätte.

Anrede,

die Dreistigkeit, mit der vier Männer und eine Frau in kleiner Runde den Reformationstag als Feiertag einfach setzen, sucht ihresgleichen. Was ist das für ein desaströses Signal? Alles schon geklärt auf höchster Ebene. Alles in trockenen Tüchern. Fünf Parlamente in norddeutschen Bundesländern dürfen nur noch zustimmen.

Anrede,

Mit der Reformation begann die Aufklärung – die Infragestellung von Herrschaft und Macht. Mit der Reformation wurden die Menschen gegenüber den Mächtigen gestärkt – zumindest in Glaubensfragen.

Herr Ministerpräsident,

gesetzt den Fall, Sie nehmen das ernst: Wie passt dann Ihr Vorgehen dazu? Wie passt dazu ihre Hinterzimmerpolitik?

Anrede,

wir holen die Debatte jetzt dahin, wo sie hingehört: Ins Parlament! Und wir sagen deutlich: Es gibt jede Menge Tage, die geeigneter wären als gerade der Reformationstag! Nicht mal die Hälfte der Menschen in Niedersachsen sind protestantisch!

Es kann doch nicht sein, dass Sie das mit der evangelischen Kirche klären, die Bedenken der jüdischen Gemeinden, der Katholiken, der Muslimen und etwa der humanistischen Union dagegen einfach ignorieren?!

Es kann doch nicht sein, dass Sie die Kritik der Frauenverbände einfach ignorieren. Die Hälfte der Niedersachsen SIND Frauen!

Und ehrlich – es geht mich zwar nichts an, aber dennoch: Ich finde es auch erschreckend, wie Sie die Bedenken in der eigenen Fraktion einfach glattbügeln. Man sieht mal wieder: eine satte Mehrheit bringt für die Abgeordneten nicht unbedingt mehr Mitsprache mit sich.

Anrede,

wir wollen es anders machen. Wir glauben, dass es Tage gibt, die für alle Menschen Niedersachsen relevant sein könnten. Ein weltlicher Feiertag – der wäre ein Zeichen eines aufgeklärten und weltoffenen Niedersachsens.

Vorstellbar wäre der Europatag. Denn die EU hat sicher für mehr Frieden gesorgt als die Reformation.

Oder der Frauentag. Was läge näher angesichts des beschämenden Frauenanteils in diesem Parlament? Und ein Jubiläum haben wir auch: 100 Jahre Frauenwahlrecht. Wir würden die Landtagspräsidentin mit ihrem Vorschlag sofort unterstützen.

Anrede,

aber unabhängig davon, welcher Tag es wird: Ein ordentliches Beteiligungsverfahren täte der Debatte gut! Laden Sie die Leute ein, die diesen Feiertag genauso verdienen wie ein Mitsprachrecht! Reden Sie mit allen Religionsgruppen! Und vor allem mit denen, die gar keine Religion haben. Die gibt es nämlich auch!

Vielen Dank.

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