Anja Piel: Rede zur Sonderzahlung im öffentlichen Dienst (GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Klausurtagungen haben ja immer so ihren eigenen Geist. Im Sommer 2004 traf sich die CDU-geführte Landesregierung am Rande der Lüneburger Heide. Die Kabinettsklausur stand unter dem Motto des Tageshoroskops von Finanzminister Hartmut Möllring: „Seien Sie bei finanziellen Entscheidungen nicht zögerlich!“

Möllring und der damalige Ministerpräsident Wulff nahmen das wörtlich präsentierten massive Kürzungspläne quer durch alle Ressorts. Haushaltskonsolidierung ist ja erstmal ein ehrenwertes Anliegen. Die Pläne von 2004 aber sorgten für Empörung. Ein Stein des Anstoßes: Niedersachsens Beamten wurde das Weihnachtsgeld komplett gestrichen.
Der damalige Landesvorsitzende des NBB, Friedhelm Schäfer, bezeichnete den Beschluss der Landesregierung als hohes Unrecht. Ein Unrecht, dass seit der Klage und dem Beschluss aus Leipzig nun auch benannt ist.

Anrede,

Unrecht muss beseitigt werden – politische Fehlimpulse aber auch. Es wird immer schwieriger, Menschen in Niedersachsen für den Landesdienst zu gewinnen. Es wird auch schwerer, sie im Landesdienst zu halten.
15 Jahre nach der denkwürden Kabinettsklausur wissen wir: der Fachkräftemangel hat uns bei den Beamtinnen und Beamten eingeholt. Das ganz sicher auch deshalb, weil sich Niedersachsen bei der Beamtenbesoldung seit Jahren im Ländervergleich im letzten Drittel befindet.

Anrede,

2004 ist lange her. Die SPD geht mit der Zeit. Auf ihrer Fraktionsklausur in Cuxhaven haben Sie entschieden, spätestens im nächsten Jahr das Unrecht abzuräumen und das Weihnachtsgeld wiedereinzuführen.

Das finde ich ehrenwert. Wer Fehlentwicklungen erkennt, sollte einen Vorschlag machen, wie sie beseitigt werden. Allein, wie das Weihnachtsgeld wiedereingeführt werden soll, bleibt im Cuxhavener Nebel unerkennbar. Weihnachtsgeld ja, aber in welcher Höhe? Für welche Besoldungsgruppen? Vielleicht haben Sie das mit dem Koalitionspartner noch nicht geeint. Vielleicht haben Sie überhaupt noch nicht darüber gesprochen. Vielleicht warten Sie auch auf den Aufschlag der CDU, die ja die Abschaffung verantwortet hat.

Wie in dieser Koalition üblich, wird bei der Landesregierung schon tüchtig gerechnet, ohne dass die Fraktionen an Bord sind. Wir konnten das ja hübsch in der Zeitung lesen: Es wirkt wie die Beziehungswirrungen einer Daily Soap nur eben alles in echt, so mit: Ach Mann, die SPD gibt immer alles aus und bei uns sitzt der Hilbers auf dem Safe-Schlüssel.
Am Ende darf dann der CDU-Fraktionsvorsitzende den Vorschlag machen, damit er nicht schmollt. Frei nach dem Gießkannenprinizip: Alle kriegen ein bisschen – und keiner genug.

Wir alle wissen: Das hat nichts zu tun mit Wertschätzung. Das hat auch nichts mit einem echten Anreiz für die Nachwuchsgewinnung zu tun.

Anrede,

ich weiß ja nicht, wie bei Ihnen in der Koalition in den letzten Wochen gerechnet wurde. Wir jedenfalls haben uns mit dem vorgelegten Modell die Mühe gemacht, ein Konzept durchzurechnen, das gleichermaßen wertschätzend und gerecht ist.

Und, liebe SPD, wir haben mit den Gewerkschaften gesprochen. Wir haben uns mit den Forderungen der Gewerkschaften auseinandergesetzt. Natürlich entspricht das Ergebnis nicht punktgenau deren Forderungen. Aber die Ziele teilen wir: wir bringen vor allem die unteren Einkommen auf ein besseres Niveau. Das heißt ganz konkret: Da können Mütter und Väter ihren Kindern ein schöneres Geschenk kaufen.

Wir wollen, dass das Tarifergebnis für die Angestellten im öffentlichen Dienst vom März dieses Jahres komplett zeitgleich – anstatt zeitversetzt – und vollständig – nicht nur teilweise – für die Landesbeamten übernommen wird. Wir wollen das Weihnachtsgeld wiedereinführen. Und wir schlagen eine soziale Staffelung des Weihnachtsgeldes zwischen 400 und bis zu 1.500 Euro für die unteren Einkommensgruppen vor.

Was mich dann wirklich überrascht hat, war die Kritik der CDU an unserem Vorschlag. Dass Herr Thiele uns einen Höhenflug vorwirft, ist das eine. Aber der Vorwurf, wir forderten fünf Mal mehr als die CDU ist einfach falsch. Herr Thiele, es wäre schön, wenn Sie beim nächsten Mal vielleicht erstmal nachrechnen, bevor sie sich an die Pressemeldung machen!

Anrede,

vielleicht gab es 2004 gute Gründe für die Kürzungen. Zeiten ändern sich. Jetzt gibt es gute Gründe, Beamtinnen und Beamte in Niedersachsen besser zu stellen. Gute Gründe auch, gerade den unteren Einkommensgruppen Wertschätzung zuteil kommen zu lassen. Gute Gründe, Rechtssicherheit zu schaffen. Wir legen dafür einen vernünftigen Vorschlag vor.

Anrede,

dieses wichtige Thema eignet sich nicht für ein Armdrücken unter Koalitionspartnern. Unsere Beamtinnen und Beamten haben Besseres verdient. Darum empfehle ich Ihnen: Befassen Sie sich ernsthaft mit unserem Vorschlag.

Vielen Dank.

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