Änderungsantrag: Radwegebaubeschleunigungskonzept entwickeln - Radverkehr in Niedersachsen stärken

 

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/3664

Beschlussempfehlung des für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/6194

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Radverkehr in Niedersachsen stärken und beschleunigen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Während der motorisierte Individualverkehr in den vergangenen Jahrzehnten stetig gewachsen ist, konzentrieren sich laut dem Mobilitätsreport in Deutschland 2017 viele Bemühungen darauf, andere Verkehrsangebote, wie den öffentlichen Nahverkehr, das Zufußgehen oder das Fahrradfahren, at­traktiver zu gestalten. Immer mehr Menschen steigen heute in ihrem Alltag auf das Rad als umwelt- und gesundheitsbewusstere Alternative zum Auto um. Es wird in Deutschland öfter und länger Rad gefahren, und es werden neue Fahrradmodelle, wie das Elektrofahrrad, genutzt.

Mit einem gezielten Ausbau der infrastrukturellen Voraussetzungen, sicheren und attraktiven Rad­wegeverbindungen und einer sinnvollen Verknüpfung des Radverkehrs mit den Angeboten im öf­fentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und schienengebundenen Nahverkehr (SPNV) kann das Land Niedersachsen einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Verkehrsemissionen leisten. In Niedersachsen beträgt der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen derzeit 15 %. In der Fahrradnation Niederlande liegt dieser Anteil zum Vergleich bei einem Drittel des Gesamt­verkehrsaufkommens. Damit der Radverkehr für mehr Menschen attraktiver wird, wurden in der laufenden Legislaturperiode mit der Verdoppelung der Finanzmittel für die Sanierung von Radwe­gen an Landesstraßen und der Erhöhung der Mittel im Rahmen des Niedersächsischen Gemeinde­finanzierungsgesetztes im Bereich Straßenbau zur Unterstützung des kommunalen Radwegebaus bereits wichtige Weichen gestellt. Das Fahrrad ist ein wichtiger Baustein und Schlüssel für die Verkehrswende in Niedersachsen. Dafür bedarf es zusätzlichen Gestaltungswillen und finanzieller Ausstattung. Es müssen Alltagsradwege ausgebaut und ertüchtigt werden, sodass alle Menschen um Rad fahren eingeladen werden. Mit der richtigen Infrastruktur und den Möglichkeiten der modernen Fahrradtechnik ist das Fahrrad gerade auch in ländlichen Räumen eine kostengünstige und einfache Möglichkeit, individuell mobil zu sein.

In Niedersachsen sind 44 % der Landesstraßen jedoch nicht mit einem Radweg ausgestattet, viele weitere sind sanierungsbedürftig. Gemäß einer Studie des Marktforschungsunternehmens Si­nus fühlen sich bis zu 85 % aller Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer im Straßenverkehr unsi­cher. Während zwischen 2010 und 2018 die Zahl der Verkehrstoten insgesamt um 13 % sank, stieg die Zahl der tödlich verunglückten Radfahrer im Straßenverkehr im letzten Jahr um 25 % von 48 auf 60.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. ein Fahrradmobilitätskonzept vorzulegen, das Vorschläge aus dem Gutachterentwurf für ein Fahrradmobilitätskonzept aufgreift und eine Projektförderung ab dem Jahr 2021 zu einzelnen Bausteinen möglich macht. Die Vorschläge zur Projektförderung sollten bis Ende Juli vorliegen. Nach Vorlage der Vorschläge soll der Runde Tisch Radverkehr die Vorschläge abschließend bewerten, so dass entsprechende Haushaltmittel im Haushalt 2021 bereitgestellt werden können. Fahrradmobiliar als Radwege begleitende Angebote (Pumpstationen, Reparaturstationen, Notrufhinweise- und Notrufsäulen etc.) sollten in die Projektförderung mit aufgenommen werden,
  2. Prozesse beim Radwegebau, insbesondere bei der Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommune, zu entbürokratisieren und Lösungen für bestehende Herausforderungen darzustel­len. Ein Fokus hierbei sollte auf die Entbürokratisierung und fachliche Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln liegen,
  3. Anregungen und Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern für eine schnellere Planung und ei­nen zügigeren Bau der in den Prioritätenlisten des Landesradwegekonzepts 2016 vorgesehe­nen Lückenschlüsse aufzunehmen, zu unterstützen und im Rahmen der vorhandenen Haus­haltsmittel so weit wie möglich umzusetzen,
  4. die Reform der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) als Chance zu nutzen, indem jeweils zwei regionale Geschäftsbereiche miteinander kooperieren, um gemeinsam das Projekt Radwegebaubeschleunigung mit gebündeltem Fachwissen gezielt und effizient umzusetzen und der Planung und dem Bau von Radwegen entlang von Landes­straßen eine noch höhere Priorität einzuräumen. Ungeachtet der notwendigen Kooperation der Geschäftsbereiche soll jeder Geschäftsbereich mit einem eigenen fachkompetenten Radverkehrsbeauftragten ausgestattet werden, um die notwendige Fachkompetenz zu erhöhen und sicherzustellen,
  5. pro Standort eine Verantwortliche oder einen Verantwortlichen zu beschäftigen, der oder die sich auf die Planung von Radwegen kon­zentriert, um die 2016 priorisierten Lückenschlüsse entlang von Landesstraßen beschleunigt umzusetzen,
  6. die dauerhafte Erhöhung von Mitteln für den Neubau und für die Sanierung von Radwegen und Dienstleistungen Außenstehender (DILAU), in der MiPla und dem Landeshaushalt 2021 vorzunehmen, um den Lückenschluss im ländlichen Raum zügig zu vollziehen,
  7. an Strecken, an denen es zu schweren Unfällen unter Beteiligung von Radfahrenden oder zu Fuß Gehenden gekommen ist, im Einzelfall und unabhängig von der Prioritätenliste aus dem Jahr 2016 Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer umzusetzen. Dazu sind auch Maßnahmen einer Geschwindigkeitsreduzierung von PKW und LKW zu prüfen.  Außerdem sollen Radwege-Baumaßnahmen, die bestehende und beieinanderliegende Rad­verkehrsnetze miteinander verbinden (Lückenschlüsse) sowie Radwege-Baumaßnahmen, die der Verknüpfung zu SPNV- und ÖPNV-Verkehrsmitteln dienen, ebenfalls unabhängig von der Prioritätenliste 2016 gefördert werden, wenn durch diese eine Steigerung von Nutzerinnen und Nutzern der Verkehrsmittel des Umweltverbundes in besonderem Maße zu erwarten ist,
  8. die Aufstellung von sicheren Fahrradabstellanlagen, insbesondere an Verknüpfungspunkten mit Verkehrsmitteln des Umweltverbundes im ländlichen Raum zu fördern und gleichzeitig ei­ne bessere Einbindung des Fahrradverkehrs in kommunale Verkehrskonzepte zu unterstüt­zen. Diese sollen neben Abstellanlagen auch Verbesserungen der Infrastruktur wie z. B. Park&Rlde, Bike&Ride und Ladesäulen für E-Bikes beinhalten,
  9. zeitnah zu prüfen, auf welche Weise die Ticketpreise im SPNV für die Mitnahme von Fahrrädern kos­tengünstiger und möglichst nutzerfreundlich gestaltet werden können. Darüber hinaus soll ein Konzept entwickelt werden, die eine kostenlose Fahrradmitnahme im gesamten Regionalbahnverkehr Niedersachsen bis 2024 einheitlich ermöglicht. Weiterhin ist ein Konzept zu entwickeln, welches eine kostenlose Fahrradmitnahme insbesondere in Zeiten mit geringer Auslastung (z.B. abends ab 19.00 Uhr) zeitnah ermöglicht.
  10. Anwendungsbereiche für den Bau wasserdurchlässiger Wege mit umweltschonenden Bau­stoffen, die dem Radverkehr dienlich sind, zu ermitteln. Ein ggf. vorhandenes Potenzial zur Beschleunigung von Planung und Bau - z. B. Reduzierung von Ausgleichsmaßnahmen durch etwaige Vermeidung von Versiegelung - soll ebenfalls ermittelt werden. Mit diesen Anwen­dungsbereichen können dann eigene Erfahrungen des Landes zur Beurteilung dieser Baustof­fe für weitere Radverkehrsinfrastruktur genutzt werden.
  11. eine kohärente und unbürokratische Förderung von Bürgerradwegen zu entwickeln und dau­erhaft zu etablieren, außerdem weitere über die Finanzierung der Baukosten von Radwegen an Landesstraßen hinausgehende Lösungsansätze zu entwickeln, um Bürgerengagement zu würdigen und einzubringen (ggf. im Zusammenhang mit der Erprobung klimafreundlicher Baustoffe), Die Förderung von Bürgerradwegen sollte nur für Radwege erfolgen, die anderweitig zeitnah nicht umzusetzen sind. Die gängigen Qualitätsanforderungen sind einzuhalten und dürfen nicht zu einem verringerten Ausbau des Fahrradnetzes durch das Land führen.
  12. zu prüfen, wie sichere und unkomplizierte Fahrradverkehrsführungen auf Verbindungswegen mit geringer verkehrlicher Belastung, an denen aufgrund des finanziellen Aufwandes ein Neu­bau von Fahrradwegen ausgeschlossen ist, als Alternative gesetzlich ermöglicht werden kön­nen. Das gilt insbesondere für mögliche parallele Wegführungen, die ertüchtigt werden können. Eine hohe soziale und verkehrliche Sicherheit ist zu gewährleisten.

Begründung

Die angestrebte Erhöhung des Fahrradverkehrs kann nur gelingen, wenn die dafür notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen und die Verkehrssicherheit verbessert wird. Sanie­rungsbedürftige Radwege, Lücken im Radwegenetz und eine mangelhafte Verknüpfung verschie­dener Verkehrsmittel schwächen die Attraktivität des Radverkehrs. Mit einem Radwegebaube­schleunigungskonzept können Impulse für eine Stärkung des Radverkehrs sowohl im städtischen Umfeld als auch im ländlichen Raum gesetzt werden. Eigeninitiativen von Bürgerinnen und Bürgern zum Bau von Radwegen gilt es dabei gezielt zu fördern.

Wasserdurchlässige Radwege können langfristig dazu beitragen, das Radwegenetz zu stärken, in­dem sie dem hohen Flächenverbrauch entgegenwirken, da sie ohne umfangreiche Ausgleichs­maßnahmen auskommen. In Pilotprojekten sollte bereits heute geprüft werden, welche weiteren wirtschaftlichen und ökologischen Effekte durch eine stärkere Nutzung wasserdurchlässiger Bau­weisen mit Klimabaustoffen erzielt werden können.

Um den Radverkehr attraktiver zu gestalten, sind insbesondere bei der Verknüpfung von Rad- und Bahnverkehr Verbesserungen zu erzielen. So sind z. B. im niedersächsischen Schienenpersonen­verkehr bisher keine relationsbezogenen Ticketkäufe für die Mitnahme eines Fahrrades möglich. Doch auch die Verbindung mit dem Öffentlichen Personennahverkehr muss mit Konzepten wie Bike&Ride und Park&Ride verbessert werden.

 

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