Statement:Julia Hamburg: Erwiderung (Auszüge) auf die Regierungserklärung "Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie in Niedersachsen"

Sie haben recht, die Infektionszahlen sind zu hoch. Umso stärker ist die Ernüchterung, dass Sie es in der Bund-Länder-Runde nicht geschafft haben, eine mittelfristige und vorausschauende Strategie zu entwickeln. Es wäre falsch, sich mit dem hohen Plateau der Infektionszahlen vor Weihnachten zufrieden zu geben – es braucht aktive Maßnahmen, um die Zahlen zu senken.

TOP 2: Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 25.11.2020 - Bekämpfung der SARS-Cov2-Pandemie in Niedersachsen – Erwiderung auf die Regierungserklärung

Zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten auf der Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages heute (Montag) sagt Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen:

„Sie haben recht, die Infektionszahlen sind zu hoch. Umso stärker ist die Ernüchterung, dass Sie es in der Bund-Länder-Runde nicht geschafft haben, eine mittelfristige und vorausschauende Strategie zu entwickeln. Es wäre falsch, sich mit dem hohen Plateau der Infektionszahlen vor Weihnachten zufrieden zu geben – es braucht aktive Maßnahmen, um die Zahlen zu senken. Und hier reicht es nicht, das Private in den Blick zu nehmen, hier muss es auch um den Öffentlichen Raum gehen – etwa Busse und Bahnen, die Arbeitswelt und Schulen und Kitas.

Wir haben bei den Beratungen dieser Verordnung gemerkt, wie sinnvoll die parlamentarische Beratung im Ausschuss ist. Hier konnten offene Fragen erörtert und Nachbesserungen vorgenommen werden. Das zeigt: Parlamentarische Beteiligung ist eine Stärke und keine Schwäche. Es braucht endlich eine gesetzliche Grundlage für die Corona-Verordnung.

Seit Monaten fordern wir Veränderungen in der Corona-Strategie. Bei den Schülerverkehren, einem Stufenplan für Schulen, Investitionen in die schulische Hygiene sowie der Zahlung einer Entschädigung für die Kinderbetreuung im Szenario B sind Sie – wenn auch spät – unseren Forderungen gefolgt. Leider werden Sie heute aber nicht dafür stimmen, Zoos und Tierparks wieder zu öffnen, um gerade in Städten den knappen öffentlichen Raum zur Naherholung zu erweitern. Auch wollen Sie nicht die Gewerbe- und Ordnungsämter in den Kommunen personell verstärken – das ist ein Fehler, schließlich sind Regeln nur so gut, wie sie auch überprüft und umgesetzt werden können. Auch müssen wir bei einem anhaltenden Teil-Lockdown die Frage beantworten, was mit dem Sport ist.

Herr Ministerpräsident, bei den Schulen ist Ihnen in der Verordnung wohl ein Fehler unterlaufen. Sie sagen, dass bei einem Infektionsfall an der Schule diese in das Szenario B wechselt. Gerade das ist nicht der Fall: Die Schulen sind nach wie vor darauf angewiesen, dass das Gesundheitsamt eine Quarantänemaßnahme verhängt. Und dieses Nadelöhr müssen Sie endlich auflösen. Lassen Sie uns die Verordnung mit klaren Szenarien versehen, die es den Schulleitern ermöglichen, die Maßnahmen an den Schulen durchzuführen. Gleichzeitig wird es entscheidend sein, die AHA-Regeln auf Schulen zu übertragen und hierbei auch die Grundschulen und Kitas nicht zu vergessen – auch wenn es dort keine leichten Antworten gibt, dürfen wir nicht aufhören nach eine Lösung zu suchen.

Sie aber schielen lieber nach Berlin und machen der Bundesregierung große Ansagen. Ich fände sinnvoll, wenn Sie sich den Baustellen in Niedersachsen stärker widmen. Die Kulturschaffenden und die Kreativbranche brauchen immer noch eine Perspektive. Die Novemberhilfen kommen spät und sie sind bürokratisch. Was mit dem Januar ist, ist vollkommen offen. Der Unternehmerlohn wird gerade nicht mehr diskutiert – sollte der Bund hier nicht liefern, fordere ich Sie auf, es anderen Bundesländern gleich zu machen und als Niedersachsen hier endlich die Kreativwirtschaft zu unterstützen. Auch braucht die Kreativwirtschaft endlich eine Perspektive und eine Absicherung für ihr Wirken im kommenden Jahr. Sie dürfen nicht dauerhaft durch das Raster fallen!

Auch die Kommunen brauchen für das kommende Jahr eine feste Finanzierungszusage. Es ist absehbar, dass die Kommunen auch im kommenden Jahr erhebliche Einnahmeausfälle haben wird. Das geht vor allem zulasten, der kommunalen Handlungsfähigkeit und damit auch der wichtigen sozialen Infrastruktur vor Ort. In Ihrem Haushalt für das kommende Jahr findet sich hierzu kein Geld. Vorausschauend wäre es, das Geld jetzt bereits in die Haushalte zu schreiben und nicht im Eilverfahren im nächsten Jahr hinterherzurennen. Denn auch die Kommunen müssen planen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Darüber hinaus halten wir an unserer Forderung nach einem langfristigen und verlässlichen Corona-Plan fest. Das würde Sicherheit und Zuversicht in der Bevölkerung bringen, weil jeder endlich planen könnte. Hier wäre ein Ampelsystem nicht nur für die Lockerungen, sondern auch für steigende Infektionszahlen geboten. Er würde endlich für Nachvollziehbarkeit sorgen.

Seit Monaten fordern wir ein, dass bestimmte Bereiche stärker in den Blick genommen werden. Ein Stufenplan und eine gesetzliche Grundlage für die Infektionsschutzmaßnahmen im Parlament. Mehr Infektionsschutz und Planbarkeit an Schulen und Kitas, im öffentlichen Raum und der Arbeitswelt, um die Zahlen deutlich zu senken. Eine Ausweitung der Teststrategie. Die Abfederung der sozialen Härten, die Berücksichtigung der Auswirkungen auf Familien, die Unterstützung der Kreativwirtschaft und die finanzielle Absicherung der Kommunen auch im kommenden Jahr. Ich wünsche mir sehr, dass ich einige der Themen im nächsten Jahr nicht mehr ansprechen muss und wir hier gemeinsam vorankommen.“

Zurück zum Pressearchiv