Volker Bajus: Rede zu Haftentschädigungen und Wiedereingliederung von zu Unrecht Verurteilten

Rede TOP 37 „Die Haftentschädigung muss erhöht werden! - Spezielle Betreuungsangebote einführen!“ (Antrag FDP) und „Zu Unrecht Verurteilte effektiv bei der Wiedereingliederung unterstützen!“ (Antrag SPD/CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

das Drama unrechtmäßiger Verurteilungen beschäftigt Bund und Land seit Jahren. Unschuldig im Gefängnis zu sitzen, die eigene Unschuld nicht beweisen zu können, ein Alptraum. Der selbst nach der Aufdeckung des Justizirrtums nicht endet. Denn da ist die Stigmatisierung im sozialen Umfeld und bei der Arbeitssuche – denn der bisherige Arbeitsplatz ist in der Regel weg.

Der Staat ist daher nicht nur zu angemessener Haftentschädigung, sondern auch zu wirksamen Maßnahmen der Wiedereingliederung und psycho-sozialen Unterstützung gefordert.

Anrede,

die Verdreifachung der Entschädigung für Justizirrtümer im Jahr 2020 war überfällig, wenn auch noch nicht ausreichend. Deshalb halten wir die Ablehnung des FDP-Antrags durch die Regierungsfraktionen für falsch. Die Höhe der Haftentschädigung muss weiter kritisch auf den Prüfstand.  

Der zweite wichtige Aspekt des FDP-Antrags, den SPD und CDU ganze vier Jahre nach dessen Einbringung in ihrem hier ebenfalls behandelten Antrag aufgreifen, ist die Unterstützung und Wiedereingliederung der Betroffenen. Enttäuschend dagegen, dass sich die beiden Regierungsfraktionen selbst nach so langer Bearbeitungszeit zu nicht mehr als einem Prüfauftrag durchringen können. Hier wurde wertvolle Zeit verschenkt. Wir wollen nach den Landtagswahlen gerne aktiv dafür sorgen, dass der Prüfauftrag erfüllt wird und nicht mehr „deutlich zu kurz gesprungen“ wird, um mal ein Bild aus ihrer nur als selbstkritisch zu verstehenden Wahlkampagne zu zitieren, und deshalb enthalten wir uns.

Die Anlaufstellen für Straffällige sind hier die richtigen Ansprechpartner. Um diese Aufgabe zu stemmen, das liegt mir sehr am Herzen, müssen sie endlich finanziell angemessen ausgestattet werden.

Auch die schnelle gerichtsseitige Verständigung der zuständigen Anlaufstelle ist sinnvoll und machbar, denn die dafür erforderlichen Informationen liegen den Gerichten regelmäßig vor.

Vor allem aber ist das amtliche Bestätigungsschreiben unbedingt notwendig. Damit die Betroffenen ihre Unschuld ohne kompromittierende Angaben zum Tatvorwurf nachweisen können.

So werden mögliche Lücken oder Unklarheiten im Lebenslauf zweifelsfrei vermieden. Denn das größte Problem der Betroffenen besteht darin nachzuweisen, dass sie tatsächlich unschuldig im Gefängnis saßen. Bisher blieb ihnen lediglich, diesen Beweis mittels eines Urteils anzutreten, das im Zweifel kein potenzieller Arbeitgeber in seinem ganzen Umfang liest und versteht. Das ist realitätsfern. Deshalb muss das amtliche Bestätigungsschreiben kommen.

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