Tanja Meyer: Rede zur Zukunft der hausärztlichen Versorgung (Aktuelle Stunde SPD)
TOP 20b - Aktuelle Stunde (SPD): „Zukunft der hausärztlichen Versorgung - Niedersachsen stellt die richtigen Weichen!“
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
wir haben in den vergangenen Monaten bzw. Jahren sehr viel über die Krankenhausreform gesprochen, und das ist gut so. Denn die stationäre Versorgung ist ohne Zweifel ein wichtiger Baustein in unserer Gesundheitsversorgung. Aber – und das habe ich hier schon öfter gesagt – wir müssen den Wandel der Gesundheitsversorgung gestalten, und das funktioniert nur, wenn wir das ganze System in den Blick nehmen. Und im System unserer Gesundheitsversorgung sind die Hausärzt*innen so etwas wie das Herz.
Wir gehen dorthin, wenn wir einen Infekt haben oder wenn wir mit ihnen die verschiedenen fachärztlichen Konsile bei chronischen Erkrankungen abstimmen wollen. Bei ihnen laufen alle Informationen – quasi wie in einer Zentrale - zusammen. Dazu kommt: In der Regel sind sie für uns Vertrauenspersonen – und das manchmal über Generationen hinweg.
Die Aussicht, dass genau meine Hausärztin bzw. mein Hausarzt bald aufhören könnte, ist deswegen für viele bei uns im Land mit großer Sorge verbunden, und das ist absolut nachvollziehbar. Gleichzeitig ist es verständlich, dass das klassische Modell „Selbständig als Hausärzt*in“ für viele als Arbeitsmodell nicht mehr passt. Diese Tätigkeit kennt keinen Feierabend, Mutterschutz und Elternzeit gibt es quasi nicht, auch Teilzeit ist nur als angestellte Ärzt*in möglich. Gleichzeitig nimmt die Bürokratie zu viel Raum im Berufsalltag ein, so dass zu wenig Zeit für die Patient*innen bleibt. Dann sind auch noch die digitalen Systeme im Arbeitsalltag oft nicht aufeinander abgestimmt – kurz: Die Anforderungen an das Berufsfeld ändern sich – verständlicherweise. Hinzu kommt jedoch, dass es derzeit zu wenige nachkommende Ärzt*innen gibt.
Mit der eine Million Euro aus der technischen Umverteilung im Haushalt diesen Jahres aus dem Gesundheitsministerium und den dauerhaften Geldern zu Erhöhung der Anzahl der Studienplätze aus dem Wissenschaftsministeriums wird nun ein Bündel an Maßnahmen zusammengestellt, um dem strategisch zu begegnen. Neben der notwendigen Stärkung alternativer Organisationsformen und dem Ausbau von telemedizinischen Angeboten möchte ich besonders hervorheben, dass die drei Universitätskliniken hier eine wichtige Rolle einnehmen. Durch die verbesserte Ausbildung von Allgemeinmediziner*innen und in anderen akademischen Gesundheitsfachberufen an den drei Standorten schafft dies Hoffnung auf eine möglichst große, flächendeckende Versorgungssicherheit. Denn viele Absolvent*innen bleiben in der Nähe des Ortes, an dem sie studieren oder ihre praktische Ausbildung absolvieren.
Die Arbeit in multiprofessionellen Teams und die Ermöglichung der Delegation von Aufgaben sind Meilensteine in der Veränderung der Gesundheitsversorgung, die große Chancen mit sich bringen. Gleichzeitig müssen wir es schaffen, diese Fachkräfte in ausreichender Zahl auszubilden und sie auch im System zu halten. Dazu gehören dann vor allem langfristige Perspektiven und gute Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte.
Deswegen ist es umso besser, dass wir nicht mehr auf den Bund warten, sondern selbst handeln. Gerade die sektorenübergreifende Versorgung zu verbessern, ist bei einer Systemveränderung der Gesundheitsversorgung ein wichtiger Aspekt. Wir können hierbei auf verschiedenen guten Modellvorhaben – wie beispielsweise den Gemeindenotfallsanitäter*innen bei mir im Landkreis – aufbauen und auch die Erfahrungen der Gesundheitsregionen mit einbeziehen. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, gute Vorhaben auslaufen zu lassen. Deswegen ist es gut, dass hier direkt die verschiedenen Akteur*innen gemeinsam am Tisch sitzen und das wichtige Thema der langfristigen Finanzierungssicherheit von erfolgreichen Entwicklungen auch direkt mitdiskutiert wird.
Der 10-Punkte Plan ist ein guter Anfang, um die Versorgung direkt vor Ort sicherzustellen und für jungen Menschen gute Perspektiven im Gesundheitswesen zu schaffen. Aber es ist erst der erste Schritt.