Tanja Meyer: Rede zur Entlastung von Notaufnahmen und Rettungsdiensten (Antrag CDU)

TOP 7: „Notaufnahmen und Rettungsdienste entlasten - Notfallpatientinnen und Notfallpatienten in die richtige Versorgungsstufe steuern!“ (Antrag CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen,

erst einmal, die Notfallversorgung bedarf einer Reform. Aus diversen Gründen. Der Entschließungsantrag erweckt den Eindruck, als wenn dies noch nicht im Blick wäre und dem möchte ich widersprechen, bevor ich noch ein paar inhaltliche Gedanken äußere.

Die Enquetekommission zur Sicherung der Gesundheitsversorgung hat sich mit der Notfallversorgung ausführlich auseinandergesetzt und unter Einbeziehung der verschiedene Akteur*innen zum einen die Herausforderungen, wie auch Ziele zur Verbesserung der Situation formuliert. Letze Legislatur gab es aus der GroKo schon einen Antrag hierzu. Zudem hat die Bundesregierung vor wenigen Tagen ihre Vierte Stellungnahme und Empfehlung mit einer Reform der Notfall- und Akutversorgung vorgestellt. Kurz: Einiges ist auf den Weg gebracht.

Essentiell für eine zielführende Reform ist, dass Bundes- und Landesebene hier aufeinander abgestimmt agieren. Dass das ganze System in den Blick genommen wird. Und nicht, dass jetzt kleinteilige Forderungen, ggf. diesen laufenden Prozess entgegenlaufen. 

Nun ein paar ergänzende inhaltliche Gedanken dazu:

Es hat vielerlei Gründe warum Patient*innen zu häufig den Weg über die Notfallversorgung wählen.

Da ist zum einen die Unsicherheit bei Patient*innen zur Einordnung der gesundheitlichen Situation. Diesem Problem kann durch gezielte Aufklärung und Information begegnet werden, beginnend im Kindergarten bis hin zur Integration von Gesundheits- und Ersthilfe-Kompetenz in die Curricula an Schulen.

Dazu kommt eine mangelnde Transparenz der richtigen Anlaufstellen oder auch mitunter deren mangelnde Erreichbarkeit. Deswegen ist die Kanalisierung der Patient*innen unbestritten ein guter Weg. Zusammenführen von Rufnummern, Ein-Tresen-Modelle, integrierten Leitstellen (ILS), integrierte Notfallzentren (INZ). Wichtig ist, eine Einheitlichkeit für das ganze Land zu entwickeln und den rechtssicheren Handlungsrahmen für die Mitarbeitenden zu schaffen.

Das unnötige Aufsuchen der Notfallversorgung werden wir jedoch nicht reduzieren, wenn nicht das größere strukturelle Problem lösen: Eine gut zugängliche ambulante haus- und fachärztlichen Versorgung. Solange es quasi in Teilen des Landes nicht mehr möglich ist, einen Termin in der Pädiatrie, einen fachärztlichen Termin o.ä. zu bekommen oder wenn Patient*innen mit akuten Beschwerden und teils starkem Leidensdruck sich nicht ernst genommen fühlen, wenn sie umherirren im System, dann überwiegt auch die Verzweiflung. Der Weg in das nächste Krankenhaus ist dann scheinbar der einzige mögliche Weg zu einer fachärztlichen Versorgung.

Deswegen hat absolute Priorität, die teilweise mangelnde ambulante Versorgung bei uns in Niedersachsen zu verbessern!

Von hier lässt sich direkt die Bücke in den Fachkräftemangel schlagen.

Es besteht ein Fachkräftemangel auf allen Ebenen! In der Pflege, bei Mediziner*innen, bei Sanitäter*innen. Ein Dauerbrenner, aber entscheidend, denn ohne Fachkräfte helfen auch die besten Strukturen nichts. Neben passenden Ausbildungsstrukturen, gehört auch die Verbesserung der Attraktivität der Arbeitsplätze und eine adäquate Bezahlung dazu, wie eine Anwendung des DRK-Reformtarifvertrag für die Notfallsanitäter*innen.

Zudem sind weitere rechtliche Regelungen anzupassen, um die bestehenden Ungleichheiten zwischen den Akteur*innen in der Notfallversorgung zu beseitigen. Das heißt konkret, dass das Rettungswesen endlich als integrierter Leistungsbereich in das SGB V integriert wird.

Niedersachsen ist ein Flächenland:

Die Versorgung ist nicht überall gleichgestellt. Es gibt wichtige Bausteine und Projekte, die hier ansetzen und derzeit auch erprobt werden. Geben wir diesen Projekten genau die notwendige Zeit dafür und sorgen wir dafür, dass das, was gut funktioniert, auch in den Regelbetrieb überführt wird. Beispielsweise der Ausbau telemedizinischer Ansätze.

Überhaupt sollten wir, wo immer sinnvoll, die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, wie das digitalen Notfallmanagementsystems IVENA (Interdisziplinärer-Versorgungsnachweis) als wichtigen Baustein einer flächendeckenden Notfallversorgung.

Also: Natürlich muss die Notfallversorgung reformiert werden, aber unter Einbindung der beteiligten Akteur*innen. Zudem muss das ambulante Versorgungssystem gut funktionieren.
Und eine Reform funktioniert nur in Harmonisierung mit der Bundesreform. Wir können nicht das eine ohne die anderen Punkte denken.

 

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