Tanja Meyer: Rede zum Gesetz zur Verwirklichung der Gleichberechtigung (Gesetzentwurf der Landesregierung)

Rede Tanja Meyer© Plenar TV

TOP 24 – Gesetzentwurf der Landesregierung zur Verwirklichung der Gleichberechtigung (NGG)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

warum jetzt eine Novelle des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG)? Viele wünschen sich, dass alles bleibt wie es ist. Denn in den letzten Jahren hat Gleichstellung an Bedeutung verloren. Aber genau das ist fatal.

Wir erleben spätestens seit Corona ein gesellschaftliches Rollback und Hass gegen Frauen und marginalisierte Gruppen ist längst Teil des öffentlichen Lebens. Das ist nicht nur eine Gefährdung und Herabsetzung der Betroffenen, sondern gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und unsere Demokratie.

Strukturelle Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt - auch im öffentlichen Dienst - hat direkte Folgen im Privaten:

Eine ungleiche Vermögensverteilung zwischen Frauen und Männern, weibliche Altersarmut, fehlende Teilhabe von Frauen an der Gesellschaft und auch an politischen Entscheidungen und in der Folge auch darin, dass Frauen auf Grund dieser Abhängigkeiten und Machtkonstellationen vermehrt geschlechterbezogener Gewalt ausgesetzt sind. Und das ist leider in Niedersachsen genauso wie überall anders in Deutschland.

Und doch verteidigen wir – Grüne und SPD - heute hier zum wiederholten Mal, dass es Strukturen geben muss, die Frauen und weiteren marginalisierten Menschen gerecht werden müssen.

Jede Arbeitgeberin – insbesondere öffentliche - sollte Gleichstellung als zentrale Haltung selbstverständlich leben. Aber was haben wir in den letzten zwei Jahren erlebt: Widerstände und Mailwellen mit vielen Beschwerden, insbesondre über vermeintlichen Bürokratieaufwuchs. Auch das ist heute wieder Thema hier.

Es ist keine Zumutung, eine Stelle auszuschreiben, wenn eine strukturelle Benachteiligung von Frauen gegeben ist oder auch erneut auszuschreiben, wenn sich keine Frau darauf beworben hat. Nein, die Zumutung ist, dass suggeriert wird, es gäbe keine kompetenten Frauen für die Posten. Öffentliche Ausschreibung könnte „die Bestenauslese verhindern…“.

Anstatt zu reflektieren, warum sich keine Frau beworben hat, warum es so ein Problem ist, Fachkräfte zu gewinnen, stattdessen machen viele lieber weiter wie bisher und verfestigen Strukturen, in denen Frauen gar nicht arbeiten WOLLEN.

Eine Arbeitswelt, die tradierte Rollenbilder manifestiert, Führung nur in Vollzeit ermöglicht, Vereinbarkeit schwermacht, Teilzeit bestraft und insbesondere für Mütter beruflichen Aufstieg erschwert.

Wenn eine Arbeitgeberin Chancengleichheit lebt, wenn die Kultur auch zur Lebenswirklichkeit von Frauen passt, dann ist das vorausschauendes Unternehmer*innentum. Und ja, dazu gehört auch eine Sprache, die inklusiv ist.

Wir haben viele solcher tollen Arbeitgeberinnen im öffentlichen Dienst. Dort schreiben sich Gleichstellungspläne quasi von alleine, und die Berichtszeiten dafür werden auch noch mal länger durch dieses Gesetz. #Bürokratieabbau

Aufwand entsteht da, wo Gleichberechtigung vernachlässigt wird oder wurde.

Und Aufwand und Kosten dürften umso höher werden, je länger die Gleichberechtigung von Frauen nicht umgesetzt wird (s.a. Rechtsgutachten). Also auch, wenn wir rein monetär auf das Thema Gleichstellung gucken, ist nicht nachvollziehbar, dass wir nicht alles dafür tun, um die Kompetenzen der Frauen im öffentlichen Dienst und auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen.

Alle, die bisher Schwierigkeiten haben, Frauen zu gewinnen, machen Sie sich jetzt auf den Weg! Und arbeiten Sie daran, dass in Ihrer Kommune, Ihrem Unternehmen, in der Sparkasse oder dem Krankhaus, Frauen mitentscheiden und Diskriminierung keinen Raum hat.

Ich habe wirklich keine Lust mehr, mir anzuhören, dass die staatliche Forderung nach Gleichstellung das Problem ist. Das Problem ist, dass wir nach wie vor dazu auffordern müssen!

Und übrigens nicht gerade neuerdings erst. Das NGG galt auch schon bisher. Nur offensichtlich hat das viele gar nicht interessiert. Das ist der größte Skandal, liebe Kolleg*innen.

Mit dieser Reform des NGG machen wir einen guten Schritt. Am Ziel sind wir aber noch lange nicht.

Im Verfahren können wir noch auf einige Details schauen. Eins möchte ich hier herausgreifen, da es mir besonders wichtig ist und auch Teil unseres Antrags zur NGG-Novelle war: Wir müssen noch darauf schauen, wie wir im Gesetz die intersektionale Perspektive besser abbilden können. Und gesetzlich ist zudem zu regeln, wie alle, die weder weiblich noch männlich sind, als weitere Dimension von Geschlechterdiskriminierung berücksichtigt werden können.

Zudem ist zu klären, wie die Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben gewährleistet wird. 

In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Beratung.

Vielen Dank.

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