Tanja Meyer: Rede zum Antrag "Selbstbestimmte Schwangerschaft - Beratungs- und Versorgungsstrukturen in Niedersachsen weiter verbessern"

Rede Tanja Meyer© Plenar TV

TOP 10 – Antrag (SPD/GRÜNE) – Selbstbestimmte Schwangerschaft - Beratungs- und Versorgungsstrukturen in Niedersachsen weiter verbessern

- Es gilt das gesprochene Wort -

Welche Form der Gesundheitsversorgung ich bekomme, hängt von vielen Faktoren ab. Einer davon ist das Geschlecht. Die bisherige Forschung und Entwicklung in der Medizin ist vielfach immer noch auf den mittelalten, weißen Mann ausgerichtet. Über 50% der Bevölkerung – Frauen – werden dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Die Folgen sind klar: Symptome und Therapien sind oftmals nicht spezifisch auf Frauen ausgelegt, was in der Folge zu einer gesundheitlichen Fehl- oder Mangelversorgung führen kann.

Dazu kommt, wenn etwas - wie der Schwangerschaftsabbruch - im Strafgesetzbuch verankert ist, dann fehlen diese Inhalte auch in der Regel in der Ausbildung, es gibt keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen und der Mangel an spezialisierten Ärzt*innen bleibt verständlicherweise überschaubar. 

Ob Frauen ein Kind bekommen möchten oder nicht, ist jedoch eine zutiefst persönliche Entscheidung der Frau.

Denn auch die Folgen einer Schwangerschaft tragen zu großen Teilen die Frauen: Es geht hierbei immer um ihre Gesundheit. Aber auch die finanziellen Folgen der überwiegend von der Mutter geleisteten Sorgearbeit, bedeuten in der Regel gravierende Einschnitte, vor allem über den Lebensverlauf betrachtet. Altersarmut betrifft nicht von ungefähr viele Frauen. Der Equal Care Day am kommenden Samstag macht uns darauf aufmerksam.

Für die Lebensplanung der Frau spielt die Auseinandersetzung, ob sie Mutter werden möchte oder nicht, also eine herausragende Rolle.

Frauen brauchen deswegen zu jeder Frage rund um eine Schwangerschaft die bestmögliche Unterstützung. Das reicht vom Zugang zu neutraler und fachkompetenter Information und Beratung, über eine gute Begleitung durch Hebammen und/oder Ärzt*innen, bis hin zum Zugang zur passenden medizinischen Versorgungsstruktur sowie dem Recht auf Selbstbestimmung.

Keiner dieser Punkte funktioniert aber bisher selbstverständlich. Es ist beispielsweise auch in Niedersachsen vom Wohnort abhängig, ob Frauen Zugang zu einer Hebamme oder zur passenden medizinischen Versorgung haben. Es ist u.a. vom Alter (nicht allein von der medizinischen Empfehlung hierfür) abhängig, ob ich bei einer Kinderwunschbehandlung finanziell unterstützt werde oder es ist von dem persönlichen Interesse abhängig, ob ich als Mediziner*in lerne, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird.

Was mir ganz wichtig ist: Wenn sich eine schwangere Frau entscheidet, das Kind nicht zu bekommen, dann ist das eine sehr, sehr schwierige Entscheidung. Keine einzige Frau fällt eine solche Entscheidung leichtfertig. Ich will hier überhaupt nicht über die vielen möglichen Konstellationen sprechen, die eine Frau in diese Lage bringen, denn nie sollte sich eine Frau für ihre Entscheidung hier rechtfertigen müssen. Was aber immer sehr real ist: Die Frau ist in einer Notlage. Und das Einzige, was sie dann braucht, ist Hilfe. Sowohl medizinische als auch mentale Unterstützung. Das wirklich Allerletzte, was dann angebracht ist, sind Anschuldigungen – wie von Ihnen, AfD, schon öfter gehört.

Wir wollen mit unserem Antrag dazu beitragen, dass sich die Informationslage und die Versorgungssituation für Frauen bei uns in Niedersachsen verbessert - wenn sie schwanger werden möchten, wenn sie es sind und eine gute Begleitung benötigen und natürlich auch, wenn sie einen Abbruch der Schwangerschaft vornehmen wollen. Und all das unabhängig von ihrer Lebenssituation.

Nach diesem Ziel richten sich alle aufgeführten Forderungen in unserem Antrag aus.

Und auch wenn der Antrag zur Abschaffung des Paragraphen 218 und auch das Recht auf kostenlose Verhütungsmittel im letzten Bundestag nicht mehr abschließend behandelt wurden, so halten wir an unseren Forderungen an die Bundesregierung fest – auch gerade an die neue. Dass auch heute noch Frauen und Ärzt*innen kriminalisiert werden, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, kommt aus der Zeit, wo Frauen nicht wählen durften und der Ehemann über sie entscheiden durfte. Wir sollten doch meinen, dass wir im Jahr 2025 weiter sind und wir Frauen über unseren Körper selbst bestimmen dürfen und auch unsere gesundheitliche Versorgung nicht daran scheitert, dass wir Frauen sind.

Ich bitte Sie, liebe CDU, dass Sie uns bei diesem Vorhaben unterstützen. Denn es geht hier um nichts weniger als um die Anerkennung, dass Frauen eine umfassende medizinische Versorgung zusteht und sie selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden können.

 

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