Tanja Meyer: Rede zu "Stillstand beenden – moderne Gleichstellungspolitik verwirklichen und als Land vorangehen"

Rede TOP 10: „Stillstand beenden – moderne Gleichstellungspolitik verwirklichen und als Land vorangehen“ (Antrag SPD/Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

klar ist, da wo wir stehen, kann von gleichberechtigter Teilhabe an Prozessen und Entscheidungen keine Rede sein.

Ein paar Fakten:

Mit der letzten Kommunalwahl hier in Niedersachsen (2021) liegt der Frauenanteil bei kommunalen Mandaten bei durchschnittlich 27%, im ländlichen Raum sogar oft unter 20%.
2020 gab es an den Verwaltungsspitzenpositionen (Landkreisebene u. vergl.) in Niedersachsen 3 Frauen und 43 Männer.
Schauen wir uns um: Hier bei uns im niedersächsischen Landtag sind nur knapp über 35% der Abgeordneten Frauen.
Im Jahr 2018 gab es bei den Führungskräften in Niedersachsen 28% Frauen, in Aufsichtskräften betrug der Anteil 20 %. Der Anteil der Frauen unter allen abhängig Beschäftigten lag dagegen bei 48%.

Erschreckend ist: Nur knapp über 63% der Frauen konnten ihren Lebensunterhalt durch ihre Erwerbstätigkeit 2019 selber bestreiten, im Gegensatz zu 77% der Männer. Klar, dass auch der Anteil bei Minijobs und Teilzeit von Frauen wesentlich höher ist als bei Männern.

Der aktuelle Gender Pay Gap liegt bei 18%, bereinigt bei 6%.

Gleichzeitig haben wir einen viel zu hohen Anteil von Jungen, die ohne Schulabschluss die Schule verlassen.

Zudem wird in den jüngeren Generationen ein anderer Umgang mit der geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung deutlich: 2022 identifizierten sich 13% der „Generation Z“ als queer, bei den sogenannten Boomern waren es nur 3%. Wir sprechen hier also nicht von Einzelpersonen, sondern von ca. 15 Personen eines Jahrgangs in der Schule.

Respekt und Würde sind das Fundament menschengerechter Arbeit. Gewalt- und Belästigungserfahrungen am Arbeitsplatz bedürfen deswegen einer Null-Toleranz. Jede elfte Person wurde aber in einer Untersuchung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes am Arbeitsplatz sexuell belästigt.

Wir sehen also:

Wir brauchen hier unbedingt bessere Strukturen zum Schutz, zur Prävention und zur Unterstützung von Betroffenen insbesondere bei sexualisierter Belästigung oder Diskriminierung.

Und: Die Partizipation, Repräsentation und Sichtbarkeit von Menschen stimmen nicht mit dem Bevölkerungsanteil überein. Hier sind die Chancen an Beteiligung nach wie vor ungleich verteilt.

Hieran müssen wir beständig weiterarbeiten. Eine Schlüsselrolle dafür sind verlässliche Daten, starke Gleichstellungsbeauftrage, verantwortungsvolle Dienststellen, vor allem deren Leitungen und eine gelebte Kultur von Chancengerechtigkeit und Antidiskriminierung.

Die hier vorliegende Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz greift bestehende Erfordernisse auf und verbessert die Handlungsspielräume für die Verantwortungstragenden. Aber es geht damit auch eine unmissverständliche Forderung einher: Es nicht mehr auf der Ebene der Willenserklärungen bleiben! Verbesserungen in den Strukturen sind gefordert und müssen erfüllt werden.

Diese Novelle macht aber auch sichtbar, um wen es geht: Um die Menschen in Niedersachsen und zwar alle, in ihrer Vielfalt. Das muss unser Anspruch sein, für eine Gesellschaft, und allen Voran für ein Land, dass die die bestmöglichen Rahmenbedingungen bietet, damit niemand, z.B. auf Grund seines Geschlechtes, weniger Chancen auf ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Leben hat.

Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung bei diesen notwendigen Entwicklungen in unserem Land!

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