Swantje Schendel: Rede zu Kinderschutz in Niedersachsen (Antrag Grüne/SPD)
Rede TOP 33: Kinderschutz an erster Stelle! Von der Kinderschutzstrategie zum Niedersächsischen Landeskinderschutzgesetz (Antr. SPD/Grüne)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede
Kinder sind unsere Zukunft. Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, sicherzustellen, dass sie in einer sicheren, unterstützenden und fördernden Umgebung aufwachsen können. Damit dies nicht nur eine leere Worthülse ist, müssen wir – alle – wachsam bleiben. Jedes einzelne Verbrechen gegen Kinder hinterlässt tiefe Spuren in unserer Gesellschaft und zeigt uns die Notwendigkeit auf, unseren Kinderschutz kontinuierlich weiter zu verbessern.
In der letzten Wahlperiode hat der Niedersächsische Landtag daher eine Enquetekommission eingesetzt, um Strategien zur Optimierung des Kinderschutzes zu entwickeln. Die Ergebnisse dieser Kommission bilden das Fundament für den heute vorliegenden Antrag, der den Kinderschutz in Niedersachsen entscheidend weiterentwickeln wird.
Nicht nur das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz hat uns in den letzten Jahren im Kinderschutz vorangebracht, auch in Niedersachsen haben beispielsweise der Aus- und Aufbau der Kinderschutzzentren und die Einrichtung forensischer Kinderschutzambulanzen das Netz zum Schutz unserer Kinder dichter gestrickt. Das landesseitig geförderte Netz an Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten umfasst 22 Beratungsstellen gegen Gewalt an Kindern und Jugendlichen, 15 spezialisierte Beratungsstellen gegen Gewalt an Mädchen sowie die genannten forensischen Kinderschutzambulanzen und die 6 Kinderschutz-Zentren. Seit 2022 fördern wir außerdem präventive Maßnahmen auf kommunaler Ebene gegen sexuellen Missbrauch.
Diese Maßnahmen zeigen Wirkung. Und doch wir dürfen uns auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen! Denn jeder Tag, an dem ein Kind Gewalt erfährt, ist ein Tag zu viel!
Liebe Kolleg*innen, wir werden sicher in der Ausschussberatung noch über Details und Umsetzungsschritte diskutieren, und das ist ja auch gut in der Sache und auf der Suche nach den besten Lösungen im Kinderschutz. Wir tun gut darin, Maßnahmen gründlich abzuwägen, nicht in Aktionismus zu verfallen, sondern eben zu schauen, welche Wege wir gehen müssen, um Kinder tatsächlich besser schützen zu können und auch die Aufklärung und Strafverfolgung von Missbrauchs- und Gewaltfällen voranzutreiben.
Allein schon mit dem Landeskinderschutzgesetz werden wir einen großen Schritt in Niedersachsen gehen. Lassen Sie mich aber auch ein paar weitere Maßnahmen aus unseren 29 Punkten herausstellen:
Erstens wollen wir die Finanzierung der Kinderschutzzentren, der forensischen Kinderschutzambulanzen und der Beratungsstellen langfristig absichern. Diese Einrichtungen leisten unschätzbare Arbeit für die Sicherheit und das Wohl unserer Kinder. Ihre Finanzierung darf nicht von Projektmitteln abhängen, die Jahr für Jahr neu beantragt werden müssen. Eine solide, langfristige finanzielle Basis ist notwendig, damit diese wichtigen Institutionen ihre Arbeit ungehindert fortsetzen können. Nur so schaffen wir ein stabiles und verlässliches Netz des Schutzes, das Kinder und Familien in Not effektiv unterstützen kann.
Zweitens werden wir eine Landeskoordinierungsstelle für Kinderschutz einrichten. Diese zentrale Anlaufstelle soll nicht nur koordinieren, sondern auch aktiv Schulen, Kindertagesstätten und Jugendverbände bei der Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten unterstützen. Durch diese Stelle wird der Kinderschutz organisatorisch gestärkt und die Informationswege werden klarer und effizienter gestaltet. Die Landeskoordinierungsstelle wird das Herzstück einer effektiven Kinderschutzinfrastruktur sein, die schnelle und abgestimmte Maßnahmen ermöglicht.
Drittens, und auch das ist keine Kleinigkeit, setzen wir uns dafür ein, die Beteiligungsrechte von Kindern zu stärken. Es ist unerlässlich, dass Kinder nicht nur passiv geschützt werden, sondern auch aktiv an den sie betreffenden Entscheidungen teilhaben können. Wir wollen ihre Rechte fest in der niedersächsischen Verfassung verankern. Daher, liebe Kolleg*innen von der CDU – lassen sie uns mit dieser Verankerung gemeinsam ein starkes Signal setzen, dass wir die Stimmen unserer Kinder nicht nur hören, sondern ernst nehmen. Partizipation ist ein zentraler Bestandteil des Schutzes, denn wer mitreden kann, kann auch für sich einstehen.
Viertens fokussieren wir uns auch auf die Prävention. Besonders gefährdete Gruppen, wie Kinder mit Behinderungen oder solche in Gemeinschaftsunterkünften, benötigen spezialisierte Programme. Unsere Präventionsangebote werden so ausgerichtet, dass sie diesen spezifischen Bedürfnissen gerecht werden. Und nur durch gezielte Präventionsmaßnahmen können wir sicherstellen, dass jede Form von Gewalt und Missbrauch bereits im Ansatz verhindert wird.
Fünftens integrieren wir den Kinderschutz fest in die Ausbildung und Qualifizierung relevanter Berufsgruppen. Der Schutz unserer Kinder darf kein Randthema sein, sondern muss zentraler Bestandteil der Ausbildung von Erzieher*innen, Lehrkräften, Sozialarbeiter*innen und allen anderen Fachkräften sein, die mit Kindern arbeiten. Es kann schließlich nicht sein, dass eine Lehrkraft das erste Mal von einer 8a-Meldung hört, wenn sie diese machen muss. Indem wir den Kinderschutz in die Ausbildung integrieren, schaffen wir eine starke Basis, die sich durch alle Ebenen der Betreuung und Bildung zieht.
Sechstes werden wir auch die bestehenden Schutzkonzepte in Schulen und anderen kooperierenden Einrichtungen weiterentwickeln. Gewalt und sexualisierte Übergriffe müssen als konkrete Bedrohungen in den Präventionskonzepten fest verankert werden. Und natürlich dürfen Schutzkonzepte nicht nur theoretisch bleiben, sondern müssen auch praktisch umgesetzt werden – deshalb braucht es ja die entsprechende Qualifizierung der Mitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen in den Einrichtungen, die wir vorantreiben und unterstützen wollen. Aber lassen sie mich hier deutlich sagen: die Menschen, die in diesem Land mit Kindern arbeiten, tun dies sehr engagiert und sind gewillt und bereit, auch ihren Beitrag im Kinderschutz zu leisten, deshalb brauchen sie hier ganz klar auch unsere Unterstützung, um das eben auch tun zu können.
Nicht zuletzt ist Kinderschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle von uns tragen Verantwortung. Es bedarf einer Wachsamkeit, aber auch Kenntnis von Warnsignalen, um diese frühzeitig zu erkennen und entschlossen zu handeln. Strukturierte Schutzvorkehrungen müssen im Alltag gelebt werden. Dies erfordert eine spezifisch kindeswohlsensible Haltung aller.
Liebe Kolleg*innen, lassen Sie uns gemeinsam den Kinderschutz in Niedersachsen stärken. Wir sind bereit, das Notwendige dazu tun. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen.