Swantje Schendel: Rede zu "Jugendschutz stärken: kein Lachgas an Kinder und Jugendliche"
TOP 38: Jugendschutz stärken: kein Lachgas an Kinder und Jugendliche. Maßnahmen zur Prävention und Aufklärung ergreifen (Antr. SPD/Grüne)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
Lachgas, wissenschaftlich als Distickstoffmonoxid bekannt, ist uns lange bekannt – nicht nur in der Medizin, sondern auch als industrieller Stoff und ja, sogar länger schon als Freizeitdroge. Bereits in den 60er Jahren erlebte der Freizeitkonsum von Lachgas einen Boom, damals noch konsumiert via Tüten, die über den Kopf gezogen wurden,– mit großem Erstickungsrisiko. Heute ist zumindest die Form des Konsums via Sahnekapseln und Luftballons sicherer geworden, dennoch begegnen wir einer neuen Herausforderung: dem Zugang und der Verbreitung unter Jugendlichen durch gezielte Werbung. Das hat uns ja auch alle in den letzten Wochen aufmerksam gemacht und viele auch zurecht schockiert. Zu Recht erwarten die Menschen hier politisches Handeln – und dieser Erwartung kommen wir nicht nur im Bundesrat, sondern auch heute mit unserem Antrag nach!
Erst aber noch einmal zur Sache: Laut der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht wird Lachgas überwiegend in kleinen Mengen und selten konsumiert. Dies zeigt uns, dass der Konsum nicht vergleichbar ist mit anderen, härteren Substanzen. Dennoch dürfen wir die potenziellen Risiken nicht unterschätzen, besonders wenn Lachgas so leicht verfügbar gemacht und ja, auch verharmlost wird.
Hierzu ein (noch) aktuelles Beispiel: Der Rapper Haftbefehl, der über Monate täglich 50 Flaschen Lachgas konsumiert haben will und deshalb 2022 bei einem Konzert zusammenbrach, schilderte eindringlich, wie der Missbrauch von Lachgas ihn „zu einem Zombie gemacht habe“. Wie gesagt, ist das nach bisherigen Erkenntnissen kein üblicher Konsum von Lachgas – eher kleine Mengen und selten in sozialen Settings – dennoch zeigt das Beispiel eindrücklich den Bedarf an Aufklärung, Prävention und Maßnahmen zur Eingrenzung der Verfügbarkeit von Lachgas.
Die derzeit einfache Verfügbarkeit von Lachgas – wie in Verkaufsautomaten in Gifhorn – erlaubt Jugendlichen, ohne Kontrolle und Aufsicht an diese Substanz zu gelangen. Solche Verkaufsstellen direkt vor Schulen oder in Kiosken, die gezielt junge Menschen ansprechen, sind moralisch absolut zu verurteilen und ein klares Signal für uns, dass Handlungsbedarf besteht.
Deshalb liebe Kolleg*innen – statt uns zu schelten, dass wir uns auf verschiedenen Ebenen um Lösungen und den Schutz von Jugendlichen bemühen – im Bundesrat, im Parlament – und wie im Landkreis Helmstedt ja auch lokal – statt uns hier zu schelten, sollten wir uns doch besser auf die Sache an sich konzentrieren und uns darüber freuen, dass der Schutz unserer Jugend ein gemeinsames und so breit getragenes Anliegen ist.
Unsere Nachbarländer haben auf Grundlage von gesteigerten Konsumdaten bereits Verkaufseinschränkungen eingeführt. Die Niederlande haben seit 2023 aufgrund einer Zunahme von Verkehrsunfällen unter Lachgaseinfluss den Verkauf stark reguliert. Dänemark hat ebenfalls Maßnahmen ergriffen, indem es den Verkauf großer Lachgas-Kartuschen an Privatpersonen verbietet und strenge Altersbeschränkungen einführte. Diese Maßnahmen sind Beispiele, an denen wir uns in Deutschland und auch hier in Niedersachsen orientieren können, auch wenn in Deutschland eine umfassende Untersuchung der Verbreitung und Nutzung von Lachgas noch aussteht. Die Charité – Universitätsmedizin Berlin plant eine Studie, die uns hoffentlich bald mehr Klarheit bringen wird. Aber wir sollten nicht warten, bis wir alle Daten haben, um notwendige Schutzmaßnahmen zu ergreifen
Unser Antrag zielt darauf ab, klare, aber auch verhältnismäßige Regelungen einzuführen: Wir fordern ein Verkaufsverbot an Minderjährige und unterstützen hier den Beschluss des Bundesrat in dieser Sache. Darüber hinaus wollen wir aber auch eine Einschränkung der Werbung, und verstärkte Aufklärung in Schulen, unter Jugendlichen und für Familien – letzteres bekanntlich landesspezifische Themen. Die Drogen- und Suchtberatungsstellen in Niedersachsen sind dafür kompetente Ansprechstellen. Für ihre Arbeit und Einsatz für ihre Klient*innen und Ratsuchende will ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.
Abschließend will ich noch mal deutlich herausstellen, dass wir als Parlament hier nicht nur reagieren, sondern aktiv gestalten und wir proaktiv dazu beitragen, die Gesundheit unserer Jugend zu schützen. Deshalb, lassen sie uns doch gemeinsam hier anknüpfen und – gerne auch nicht nur bei Lachgas – eine Präventionspolitik gestalten, die auf sachlicher Aufklärung und gezielter Regulierung basiert, und so einen verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Gesundheit fördert.