Susanne Menge: Rede zu Demokratie und Ehrenamt (Akt. Stunde SPD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wer Demokratie und das Ehrenamt schützt und stärkt, schafft dies in einer Gesellschaft, die die positiven Werte des Zusammenlebens im Staat kennt und verstanden hat.

Heute brauchen wir eine starke Gegenbewegung für gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt.

Ein Großteil von uns verlangt nach schärferen Gesetzen angesichts der zunehmenden Verrohung. Und sicher - was in der realen Welt verboten ist, darf der Staat auch im Internet nicht durchgehen lassen.

Aber die Verschärfung unserer Gesetze bedeutet auch immer die Einschränkung demokratischer Rechte und erfordert deshalb einen sensiblen Umgang.

Wir müssen bei der notwendigen rechtlichen Diskussion auch unsere gesellschaftliche Verantwortung tragen.

Ein Kommunalpolitiker in Sachsen hat nach jahrelangem Engagement für seine Gemeinde das Ratsmandat wegen rechter Hetze zurückgegeben. Er halte es einfach nicht mehr aus.

Nach der Rückgabe seines Ratsmandats passierte das, was einige von uns sicherlich kennen, was aber eher wütend macht:

Das ehemalige Gemeinratsmitglied erhielt Zuschriften, in denen das Bedauern über seinen Rücktritt ausgedrückt wurde, der Ratsherr habe sich so engagiert für den Jugendtreff und das Internationale Café eingesetzt. Man brauche doch solche mutigen Menschen im Rat. „Das hätte man mir vielleicht mal offen sagen oder sich gegen rechten Hass an meine Seite stellen sollen. Hat aber niemand.“ So die Reaktion des ehemaligen Ratsherrn.

Anders in Themar und Ostritz, Thüringen. Zivilgesellschaft, Polizei und Politik haben den Neonazis ordentlich die Stimmung vermasselt:

Einwohner*innen  kauften in einer gemeinsamen Aktion sämtliche Biervorräte des lokalen Supermarkts auf.

Um die Versorgung aus einer anderen Quelle zu verhindern, mietete die Polizei eine Tankstelle neben dem Festivalgelände an, die bei vorherigen Neonazi-Konzerten als Nachschublager diente.

Darüber hinaus wurde das Tragen verfassungsfeindlicher Symbole konsequent verfolgt.

Wenn Behörden, Kommunen, Zivilgesellschaft und Politik zusammenarbeiten, kann es gelingen, Neonazis ihre Wohlfühlzonen nehmen und das Gefühl, sich uneingeschränkt breit machen zu können.

Das Festival-Desaster wird wahrscheinlich niemanden zum Ausstieg aus der Neonazi-Szene bewegen, aber willkommen werden sie sich nicht mehr fühlen.

„Shalom Rollberg“ schafft interkulturelle Begegnung in einem sozialen Brennpunkt in Berlin-Neukölln.

Die meisten Kinder aus Migrantenfamilien mit arabischen und türkischen Wurzeln, die meisten Betreuer*innen sind jüdische Israelis.

Niemand hätte es für möglich gehalten, dass sich dieses Projekt inmitten des Problem-Stadtteils durchsetzen könnte.

Schalom Aleikum – ein Dialog auf Augenhöhe zwischen Juden und Muslimen auf der Suche nach gemeinsamen Antworten auf Angriffe von rechts.

In Hannover stand im Modellprojekt „Werte leben – Online“ des Juuuport e. V. die Onlineberatung bei Problemen im Netz von Jugendlichen für Jugendliche im Mittelpunkt. Ziel war es, negativen Phänomenen im Online-Alltag kritisch und selbstbewusst begegnen zu können. Gleichzeitig wurde ein Bewusstsein für eigenverantwortliches Onlineverhalten geschaffen und die Eigeninitiative für Respekt und Toleranz im Netz  gefördert.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz, ein Podcast zum Thema Menschenrechte an einer IGS –  wir brauchen diese Initiativkraft für Liberalität, für ein würdiges Leben und für ein mutiges im wieder Aufstehen gegen rechts.

Warum die Bundesregierung nun das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ zusammenstreicht, ist gerade in unseren Zeiten und angesichts der Herausforderungen an Polizei, Politik und Zivilgesellschaft unverständlich. Sich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung und für ein demokratisches Miteinander zu engagieren, ist und bleibt öffentlicher Auftrag.

„Dass sich das Ministerium gerade jetzt einer seiner größten Erfolgsgeschichten beraubt, ist für die zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich in einem gemeinsamen offenen Brief an das Ministerium wenden, nicht nachvollziehbar. Denn die Absagen stehen in eklatantem Widerspruch zu aktuellen Herausforderungen. Im Angesicht der Bedrohung durch rechtsextremen Terror ist es ein fatales Zeichen, an Demokratieförderung zu sparen. Vielmehr muss die demokratische Zivilgesellschaft geschützt und gestärkt werden.“, so die Amadeu Antonio Stiftung.

Die Journalistin Bascha Mika hat es so formuliert:

„So als wüssten sie Freiheit und Liberalität nicht zu schätzen. Als wäre die Sehnsucht nach trügerischer Sicherheit stärker als die Versprechen einer offenen Gesellschaft. Als hätte die Nachwende vor allem Enttäuschung und Bedrohungsgefühle zurückgelassen. Wer das machistische, autoritäre Auftreten und die rechtsextreme Politik der sogenannten Alternative für Deutschland stützt, hat die Flucht aus der Demokratie bereits angetreten. Doch das zu konstatieren, hilft nicht weiter. Die Frage ist, was daraus folgt.“

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