Stephan Christ: Rede zum 49-Euro-Ticket (Fragestunde der CDU)

TOP 10: Wie will die Landesregierung die auskömmliche Finanzierung des 49-Euro-Tickets (Deutschland-Ticket) langfristig sicherstellen? (Fragestunde)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

das 9-Euro-Ticket wurde laut des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) 52 Millionen mal verkauft und es konnten rund 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das Bundesamt für Statistik teilte mit, dass es im Sommer deutlich mehr Bahnreisen zwischen 30 und 300 Kilometern gab als im Vorjahr, dass der Straßenverkehr bei Reisen über 300 Kilometern zurückging und dass es mehr Bahnreisen, aber weniger Mobilität im Straßenverkehr vor allem an den Wochenenden gab. Damit ist das 9-Euro-Ticket das wohl erfolgreichste Experiment in Bezug auf nachhaltige Mobilität, das jemals in der Geschichte der Bundesrepublik umgesetzt wurde.

So ist es auch nur folgerichtig, dass der Bund zusammen mit den Ländern eine Nachfolgelösung gefunden hat. Auch das 49-Euro-Ticket wird Hunderttausende Fahrgäste, die regelmäßig Bus und Bahn fahren, finanziell entlasten und zusätzlich die Nutzung des Nahverkehrs erleichtern. Außerdem schafft es einen Anreiz für Millionen weiterer potenzieller Kunden, die bislang nur unregelmäßig oder vielleicht auch noch nie mit dem ÖPNV und SPNV unterwegs waren. Ein bundesweites Ticket ist ein entscheidendes Instrument, um die Fahrgastzahlen bis 2030 zu verdoppeln.

Denn auch ganz unabhängig vom Preis, hat der Versuch im Sommer gezeigt, dass das Aktionsticket gelebte Mobilität war – einfach für alle! EIN Ticket für ALLE Nahverkehrszüge.

Anrede,

für uns Grüne gehört der Zugang zu Mobilität zur Daseinsvorsorge – dafür hat die Politik die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, aber auch das entsprechende Angebot zur Verfügung zu stellen. Ein bundesweites Ticket bietet eine Alternative zum Auto, die lange nicht allen Menschen in Niedersachsen offensteht, und verhindert damit, dass Menschen von Mobilität ausgrenzt werden.

Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, jährlich je zur Hälfte 1,5 Milliarden Euro für die Finanzierung des 49-Euro-Tickets zur Verfügung zu stellen. Die Co-Finanzierung der Mittel für das kommende Jahr ist der richtige Schritt dieser Landesregierung. Die rot-grüne Landesregierung legt heute mit ihrem Nachtragshaushalt gleich zum Regierungsstart eine solide Finanzierung vor: Ein Landesanteil in Höhe von 160 Millionen Euro ist für das 49-Euro-Ticket im kommenden Jahr eingeplant. Zusätzlich hält die Landesregierung einen Puffer von 100 Millionen Euro für besondere Bedarfsfälle bereit. Das bedeutet, dass Niedersachsen das 49-Euro-Ticket nachfinanzieren kann, wenn das erforderlich sein sollte. Die Sorgen der CDU, dass das Land die Verkehrsunternehmen und Kommunen bei einer möglichen Finanzierungslücke allein lassen könnte, kann ich daher nicht nachvollziehen.

Anrede,

es gibt niemanden, der das 49-Euro-Ticket nicht will! Ob kommunale Spitzenunternehmen oder Verkehrsverbünde – alle sehen in dem einfachen und kundenfreundlichen Ticket eine große Chance, die Mobilität neu und nachhaltig aufzustellen! So kann das bezahlbare Pendeln aus dem Umland in die Städte zum Beispiel dazu führen, dass Haushalte ihren Zweit- oder Drittwagen abschaffen und damit viel Geld sparen. Oder aber dass Menschen eine Alternative zu den hohen Mieten haben und auf günstigeren Wohnraum in das Umland ausweichen können.

Aber natürlich ist die Umsetzung ein Kraftakt. Und sicherlich müssen kurz- sowie mittelfristig Lösungen für die noch offenen Fragen gefunden werden und auch später nach den entsprechenden Evaluationen noch Anpassungen erfolgen.

So ist vor allem die seriöse Finanzierung des Nahverkehrs ein wichtiger Faktor, damit das 49-Euro-Ticket auch wirklich gelingen kann und Menschen vom Nahverkehr überzeugt. Eine Dynamisierung der Ticket-Mittel ist ebenso wichtig wie eine ausreichende Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den Betrieb, um die gestiegenen Energie- und Personalkosten und die Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie zu kompensieren. Außerdem brauchen wir mehr Geld und Engagement als in den letzten fünf Jahren, um den Ausbau der Infrastruktur voranzubringen. Die Reaktivierung von stillgelegten Schienenstrecken ist unbedingt wieder aufzugreifen und voranzubringen. Die Erfahrung im Sommer hat gezeigt, dass mehr Fahrgäste das System an seine Grenzen gebracht haben. Wenn das 49-Euro-Ticket erfolgreich sein soll, dann muss auch das Angebot stimmen – in den Städten, aber vor allem auch auf dem Land.

Wann genau das Ticket kommt, ist aus meiner Sicht nicht die entscheidende Frage. Natürlich: Je früher desto besser. Aber: Mit der Einführung des Deutschlandtickets muss das föderale System mit seinen zahlreichen Verkehrsverbünden völlig neu aufgestellt werden. Bei aller Ambition und gutem Willen sollte hier Sorgfalt vor Eile gehen.

Anrede,

mit Blick auf die vergangenen fünf Jahre Stillstand kommt jetzt endlich wieder Bewegung in den Ausbau des Nahverkehrs in Niedersachsen. Wenn die CDU die Einführung des 49-Euro-Tickets und die Probleme im ausgedünnten ÖPNV und SPNV heute kritisiert, dann frage ich mich: warum haben Sie in den vergangenen fünf Jahren die Chance verstreichen lassen, das Angebot gerade auch im ländlichen Raum auszuweiten? Sie hatten doch in Regierungsverantwortung die Möglichkeit dazu. Stattdessen haben Sie sich Versäumnisse zuschulden kommen lassen. Um nur ein Beispiel zu nennen: im Vergleich zu anderen Bundesländern haben Sie sich bei den Projekt-Anmeldungen zum Bundes-GVFG, mit dem wir mehr Menschen Zugang zum SPNV verschaffen können, doch sehr zurückgehalten. Das wird sich unter der neuen Landesregierung ändern!

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