Stefan Wenzel: Rede zur Zukunft der Nord/LB

- Es gilt das gesprochene Wort -

Rede TOP 3-5: Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen den Ländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern über die Nord/LB, zu dem Entwurf eines Nord/LB-Gesetzes und zu vorliegenden Entschließungsanträgen

Anrede,

drei Mal in 15 Jahren gab es Kapitalbedarf bei der Nord/LB. Rund 10 Milliarden € insgesamt. Zudem sind etliche Beteiligungen verkauft.
Beim ersten Mal war Auslöser der Wegfall der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung. Ein A-Rating war das Ziel.
Danach wuchs die NordLB auf ein Bilanzvolumen von 240 Milliarden € und finanzierte in großem Umfang Schiffsfonds. Sogar Eigenkapital wurde vorfinanziert.
Dann gab es eine denkwürdige Sitzung des Haushaltsausschusses in einer Mittagspause der Plenarsitzung zur zweiten Kapitalerhöhung: Auslöser die Schiffskredite.

Angeblich das letzte Mal.

Jetzt folgt der 3. Akt.

Anrede,

ich will zur Erinnerung aus der Presse-Information der Bank vom 17. April 2018 zitieren: „ Wir haben die vier großen Ziele, die wir uns für 2017 gesetzt hatten alle erreicht“. „Die Bank ist wieder profitabel und konnte ihre Kapitalquoten nach oben führen“. Und weiter: „Die Transformation der Bank läuft auf Hochtouren. Mit der Entscheidung über den Verbleib der Deutschen Hypo im Konzern sowie der Partnerschaft mit der Warburg Bank im Asset Management haben wir erste Richtungsentscheidungen über die künftige Aufstellung des Konzerns vorgenommen“. Am Ende hiess es: „Für das Geschäftsjahr 2018 streben wir wieder einen Gewinn an“.

Das Jahr 2018 endete jedoch ganz anders als die Prognose. Die Sparkassen schrieben ihre Beteiligung ab. Auch die HanBG korrigiert den Wert ihrer Beteiligung auf 1 Euro. Der Teilverkauf an zwei Hedgefonds misslang.

Anrede,

bei der dritten Kern-Kapitalerhöhung geht es um Kapital der Träger im Gegenwert von 3,6 Milliarden €, eine Kreditaufnahme des Landes über Beteiligungsgesellschaften in Höhe von 1,5 Milliarden € und Bürgschaften des Landes in Höhe von 7 Milliarden €. Auslöser erneut die Schiffskredite - mittlerweile in einer Bank die BLB- und die NordLB-Kredite.
Für Details zum Umfang der Kapitalmaßnahme empfehle ich den aktuellen Bericht des Landesrechnungshofes.

Bleibt es beim 3. Akt oder müssen wir einen 4. Akt fürchten?

Anrede,

entscheidend ist das künftige Geschäftsmodell. Wir kommen aus einer Phase der Hochkonjunktur. Wie wandeln sich die Bedingungen, wenn die Konjunktur stark nachlässt?
Welche Rolle soll die Bank künftig spielen? Wer in den Staatsvertrag blickt, findet bei den Aufgaben den zeitlosen Satz: „Die Bank betreibt Bankgeschäfte aller Art und sonstige Geschäfte, die dem Zweck der Bank dienen“.
Die Frage ist nur, ob diese Geschäfte auch dem Land dienten und dienen.

Anrede,

ich sage Ihnen das ganz deutlich. Ich sehe das neue Geschäftsmodell sehr kritisch.
Das mindeste, wäre eine klare Ansage zu den künftigen Herausforderungen. Leider kommt von Ihnen, Herr Minister Hilbers genau das Gegenteil. Sie verschleiern die Risiken. Sprechen von 800 Millionen Euro obwohl beim Land 7 Milliarden im Feuer stehen.
Das geht nicht.
Sie stellen das Nachrangkapital von Haftung frei.
Sie weigern sich, dem Landtag die stillen Gesellschafter auf der Kanalinsel und Steueroase Jersey zu benennen und die Bank macht keine Meldung beim Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz.
Es bleibt unklar, wer am Ende entlastet wird - bei den Kreditnehmern und beim Nachrangkapital.
Das geht gar nicht.

Anrede,

zum Geschäftsmodell:
Die Bilanzsumme sinkt, aber die risikowirksamen Aktiva (RWA) bleiben bleiben fast gleich.
Die erwartete Rendite auf das Eigenkapital ist im aktuellen Branchenvergleich sehr hoch.
Die Refinanzierung erfolgt außer beim Einlagengeschäft der Braunschweiger Landessparkasse (BLSK) im Wesentlichen am Finanzmarkt. Dadurch bleibt die Bank sehr stark abhängig vom Kapitalmarkt-Rating.
Das Hybridkapital leistet keinen Beitrag zur Sanierung, belastet aber die Rendite.
Der Druck durch die Digitalisierung bleibt extrem hoch. Wettbewerber wie Direktbanken, Fintechs und andere Geschäftsbanken investieren hier sehr hohe Milliardensummen.
Das Zinsumfeld setzt die Bank weiter unter Druck.
Die Spitzengehälter und die Boni sind nicht angemessen und stehen in einem seltsam irrationalen Verhältnis zur Leistung.

Anrede,

angesichts dieser Rahmenbedingungen wird eine Stand-Alone-Lösung nicht tragen. Vielmehr muss alles daran gesetzt werden, eine Konsolidierung des Landesbanken- und Sparkassensektors insgesamt zu erreichen.
Die Prozesse sind viel zu langsam. Die Entscheidungen dauern viel zu lange. Die Zahl der Gremien und der Tochtergesellschaften ist zu hoch, zu komplex und zu starr.
Die Sparkassen müssen sich aus der Zange der Landesbanken befreien und ihre eigenen Anstrengungen mindestens verdoppeln. Sie brauchen nur ein Zentralinstitut.
Die Kooperation mit Apple Pay ist kein Zeichen der Stärke - eher im Gegenteil.

Notwendig ist eine Strategie für starke Sparkassen und wettbewerbsfähige Finanzdienstleistungen im europäischen Kontext.
Notwendig ist eine Strategie für eine europäische Antwort auf die Big five aus den USA, die Fintechs und Hedgefonds, um auf Augenhöhe zu bleiben.

Vielleicht ist das nicht die originäre Anforderung an einen Landesfinanzminister. Aber wer eine Bank mit Niederlassungen in Luxemburg, New York, Singapore, Shanghai und London führt, der sollte schon eine Vorstellung von den Kräften haben, die künftig wirken.

Klarheit im Ton und in der Strategie - das vermissen wir nicht nur beim Finanzminister. Bei solchen Summen ist auch der Ministerpräsident gefragt.

Anrede,

Zu den Gesetzentwürfen und den vorliegenden Anträgen:
Wir fordern Transparenz zu Stillen Gesellschaftern, Nachrangkapitalgebern und den Krediten für die das Land sich verbürgen soll.
Wir fordern die Beteiligung der Stillen Gesellschafter und des Nachrangkapitals bei der Sanierung. Dazu gibt es verschiedene Wege. Einige haben Sie verbaut. Einige sind noch offen.
Wir fordern eine Überprüfung der Vorstandsgehälter. Erfolgsabhängige Boni dürfen erst nach zehn Jahren fließen.

Wir unterstützen den Antrag der FDP für eine eigenständige Braunschweiger Landesparkasse.

Wir fordern eine glasklare Benennung der Risiken für das Land.

Wir fordern eine vollständige und gründliche Aufarbeitung der Gründe für den wiederholten Kapitalbedarf. Angesichts der teuersten Entscheidung in dieser Wahlperiode kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Anrede,

Sie Herr Minister stellen Ihren Weg hier immer als alternativlos dar.

Das ist er nicht und das war er nicht.

Wir werden diesen beiden Gesetzentwürfen daher nicht zustimmen.

Wir beantragen zuerst über den Antrag zur Transparenz in der Drucksache 18/5356 abzustimmen.

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