Stefan Wenzel: Rede "Keine Senkung der Förderabgabe - stoppt die Millionen-Rabatte für die Erdöl- und Erdgasindustrie!" (Aktuelle Stunde GRÜNE - TOP 4a)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

es ist gerade mal einen Monat her, dass der Landtag den Klimaschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen hat. Die Landesregierung feierte sich für „das ehrgeizigste Klimagesetz in ganz Deutschland“ und versprach per Pressemeldung, dass man Klimaschutzland Nr. 1 werden wolle. Dann haben wir im Dezember den Haushalt 2021 verabschiedet und wenige Tage später -am 12. Januar – kam die Vorlage 18/8286 die eine Maßnahme mit finanzieller Bedeutung für den Einzelplan 13 ankündigt, der rückwirkend zu Einnahmeausfällen im Haushalt 2020 führen soll.

Es wird um Zustimmung zu einer sehr drastischen nominellen Senkung der Förderabgabe auf Öl und Gas gebeten und ein Vergleich mit der Öl- und Gasindustrie für eine Senkung der Förderabgabe auf 10 Jahre im Voraus eingefordert. Zugleich sollen künftige Landtage ihrer Handlungsfähigkeit beraubt werden.

Kurz nach Klimagesetz und Haushalt wollen SPD und CDU für die Erdöl- und Erdgasunternehmen ein wahres Subventions-Feuerwerk entfachen. Das angegrünte Klima-Mäntelchen haben SPD und CDU schnell wieder fallen lassen – und zeigen jetzt offen ihr erdölschwarzes Herz. Die Rohstoffvorkommen sollen bis zum letzten Tropfen ausgebeutet werden.

Mitten in der Corona-Krise will das Land auf eine Viertelmilliarde Euro Einnahmen aus der Förderabgabe verzichten, obwohl die massiven volkswirtschaftlichen Schäden immer offensichtlicher werden: Bohrschlammgruben und andere Altlasten, spürbare Klimaveränderungen, Rückgang der Niederschläge, Wasserreserven unter Druck, Erdbeben in Fördergebieten und gesundheitliche Belastungen. Im Schatten der Corona-Krise soll diese Millionen-Subvention schnellstmöglich durchgepeitscht werden.

Die Förderabgabe nach der Niedersächsischen Förderabgabe Verordnung (NFördAVO) soll auf das Mindestniveau nach Bundesbergrecht (BbergG) von 10 % abgesenkt werden, aber zugleich sollen alle Ausnahmeregelungen zu Gunsten der Förderindustrie erhalten bleiben. Das ist Ramschniveau!

Die Große Koalition vergoldet das schmutzige und klimaschädliche Geschäft der Öl- und Gasindustrie. Diesen Deal mit der Industrie geht die Große Koalition ohne jede Not ein.

Lassen Sie es mich ganz deutlich machen: Es ist das gute Recht jedes Unternehmens, staatliche Abgaben gerichtlich überprüfen zu lassen. Das ist ein Grundprinzip des Rechtsstaats. Die Landesregierung beschreibt die Faktenlage im Antrag zum Förderzins auch korrekt: „Zwischen dem Land Niedersachsen und weiten Teilen der in Niedersachsen tätigen Erdöl- und Erdgasförderindustrie bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit“ der Förderabgabe. Noch im Mai antwortete das Wirtschaftsministerium auf eine Landtagsanfrage (der FDP), die Landesregierung sei überzeugt, dass sich die Förderabgabe rechtssicher sei.

Doch dann beschlossen SPD und CDU offensichtlich, die eigene Rechtauffassung über Bord zu werfen und den Forderungen der Öl- und Gaslobby zu folgen. Begründung? Fehlanzeige! Ein Rechtsgutachten des Landes wird unter Verschluss gehalten und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Informationen für den Landtag sind falsch, irreführend und unvollständig. Die Förderabgabe ist unter Berücksichtigung der Ausnahmen schon heute viel niedriger als der nominelle Satz. In Niedersachsen wurde im Unterschied zu Mecklenburg-Vorpommern nicht erhöht, sondern gesenkt. Bis vor kurzem floss der allergrößte Teil der Einnahmen in den Länderfinanzausgleich.

Rechtlich skrupellos ist der Knebelvertrag, mit dem der Förderzins bis 2030 auf Dumping-Niveau festgeschrieben werden soll. Der Industrie wird Anspruch auf Entschädigungszahlungen zugesichert, sollte der Landtag oder eine andere Landesregierung es wagen, den Förderzins wieder zu erhöhen.

Wir fordern Sie auf: Setzen Sie den Tagesordnungspunkt ab. Informieren Sie den Landtag wahrheitsgemäß und vollständig.

Wir lehnen diesen Kniefall vor der Öl- und Gaslobby auf Schärfste ab. Diese Sondersubvention für Öl und Gas ist ein Stück aus dem Tollhaus. Stattdessen brauchen wir ein Ausstiegsdatum für die Öl- und Gasförderung, einen Stopp neuer Bohrungen und ein umfassendes Fracking-Verbot!

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