Rede Volker Bajus: Antrag (FDP) zu Pfand auf Milchtüten

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede,

Deutschland ist im Mülltrennen geradezu weltmeisterlich. Das ist wohl wahr und zeugt von hohem Umweltbewusstsein, doch leider, und darauf können wir nicht stolz sein, sind wir auch Europameister im Verpackungsmüll produzieren – über 200 Kilo pro Kopf, jedes Jahr.

Bevor wir also über Recycling, Mehrweg und Pfand sprechen, müssen wir feststellen: Wir haben zu viel Müll und zu wenig Anreize zur Vermeidung.

Zu den Müllbergen kommt noch hinzu: Die Hälfte des gesammelten Verpackungsmülls wird verbrannt – Wertstoffe verfeuert statt genutzt. Und das, obwohl Rohstoffe immer knapper werden. Das ist doch absurd.

Worum geht es also? Wir brauchen mehr Müllvermeidung, mehr Recycling und eine bessere Verwertung, wir brauchen also mehr Mehrweg statt Einweg.

Das hätte die Bundesregierung mit einem Wertstoffgesetz auch schon lange angehen müssen, mit hohen Recyclingquoten und entsprechenden Anreizen. Mit einem System, das Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen gemeinsam erfasst und verwertet. Dass das widersinnige Duale System ablöst. In dem Quarkbecher und Quietsche Entchen aus Kunststoff in dieselbe Tonne gehören. In der die Organisationsverantwortung bei den Kommunen liegt und die Rosinenpickerei der privaten Entsorgungswirtschaft beendet wird.

Das haben nicht nur Kommunen und Umweltverbände mehrfach gefordert. Auch unser Landtag hat Ende 2015 einen entsprechenden Antrag verabschiedet – gemeinsam mit GRÜNEN, SPD und CDU.

Anrede,

Doch statt eines Wertstoffgesetz legt die Bundesregierung jetzt ein Verpackungsgesetz vor, das mehr Probleme schafft, als löst und damit die Chance vergibt, endlich substantiell für mehr Verbraucher- und Umweltfreundlichkeit zu sorgen, für weniger Müll und mehr Recycling.

Das hat der Bundesrat zu Recht kritisiert und sich dafür ausgesprochen, die verwirrenden Pfandregelungen für Einwegverpackungen zu vereinheitlichen. Die Pfandpflicht soll sich nicht mehr an sachfremden Kriterien wie Größe oder Inhalt, sondern an der Verpackungsart orientieren. Einweg-Pfand muss für alle Einwegflaschen und Getränkedosen gelten. Die bisherigen Ausnahmen sind total verwirrend: Frucht- und Gemüsenektare ohne Kohlensäure sind pfandfrei, mit Kohlensäure nicht – wo ist da die Logik? Es heißt doch Verpackungsgesetz, nicht Getränkegesetz.

Die FDP glaubt aber offensichtlich genau das und stellt sich hierhin und ruft „Kein Pfand auf Milchtüten“, obwohl es darum gar nicht geht.

Nochmal zur Erklärung: Der Bundesrat hat gefordert, dass sich die Pfandpflicht an der Umweltschädlichkeit der Verpackung orientiert. Nicht gefordert hat er Pfand auf Milch oder Milchtüten. Übrigens, Getränkekartons lassen sich recht gut recyceln und sie gelten als ökologisch vorteilhafte Verpackung. Pfand auf Getränkekartons hat deshalb niemand gefordert.

Anrede,

Meine Damen und Herren von der FDP,

an Ihrem Antrag ist einzig die zweite Hälfte der Überschrift richtig: „Verpackungsgesetz muss überarbeitet werden“. Dem schließe ich mich an. Der Rest aber ist unsinnig oder sachlich falsch. Deshalb: Ab in die Tonne damit und bitte ausnahmsweise nicht recyceln.

Vielen Dank!

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