Rede Ursula Helmhold: (Veröffentlichung von Nebeneinkünften) Änderung der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages

Anrede,

als wir im November öffentlich vorgeschlagen haben, durch die Übernahme der Bundestagsregelungen zur Veröffentlichung der Nebentätigkeiten von Abgeordneten und der daraus erzielten Einkünfte mehr Transparenz herzustellen, habe ich mich sehr über die Reaktionen der anderen Fraktionen gefreut. So war beispielsweise in der HAZ zu lesen: "Aus den anderen Fraktionen kommt vorsichtige Zustimmung" und "Wir können über dieses Modell reden, auch wenn es im Detail noch einige Dinge zu klären gibt". Zitiert wurde Björn Thümler Fraktionsgeschäftsführer der CDU.

Heute ist alles anders. Schon im letzten Plenum haben Sie unseren Vorschlag zur Änderung des Abgeordnetengesetzes abgelehnt – übrigens nach einer skandalösen Verweigerung einer geordneten Beratung.

Heute wollen Sie nun das Thema Transparenz endgültig beerdigen.

Und warum? Weil Sie nicht wollen, dass Bürgerinnen und Bürger sich ein Bild davon machen können, welche Tätigkeiten Abgeordnete neben dem Mandat ausüben und – vor allem – wie viel Geld sie dafür erhalten.

Es wäre aber gut, wenn die Bürgerinnen und Bürger ermessen könnten, welche ökonomische Bedeutung jeweils das Mandat oder die Tätigkeit neben dem Mandat für den Abgeordneten hat;

Und daraus möglicherweise in bestimmten Debatten Schlüsse ziehen.

Sie wissen ebenso gut wie ich, dass die von uns vorgeschlagene Regelung – nämlich eine Veröffentlichung der Nebeneinkünfte in Stufen – so im Bundestag praktiziert wird und verfassungsfest ist.

Was also hindert Sie? Welche Argumente bringen Sie vor?

Nun, Björn Thümler, mittlerweile zum Fraktionsvorsitzenden aufgestiegen, erklärte es heute den Bild-Lesern. Er spricht erstens von einer Neiddiskussion? Was soll das eigentlich heißen? Abgeordnete sind öffentliche Personen – wirtschaftliche Beziehungen und Verflechtungen müssen, auch in Ihrer Größenordnung, bekannt sein – für mich ist das ein wesentliches Stück Demokratie.

Aber Herr Thümler geht ja noch weiter: "Die Summe der Nebeneinkünfte ist nur entscheidend für Voyeure", sagt er der Bild. Das ist Ihr Verständnis von Demokratie. CDU und FDP da oben machen was sie wollen und das Volk ist der Zuschauer. Als Voyeure sozusagen. Die Bevölkerung steckt ihr Geld in Form von Steuern in den Automaten – aber was dafür gezeigt wird, entscheidet Herr Thümler. Demokratie als Peepshow.

Herr Thümler, wäre dann eigentlich die Veröffentlichung des Bundestages die Peepshow Ihres Parteifreundes Lammert? Wird durch mehr Transparenz das Parlament zur Peepshow?

Schämen Sie sich.

Und ein Wort auch noch zum Kollegen Dürr! Sie erzählen heute in der Bildzeitung, dass Ihr wichtigstes Problem ist, dass das Rückkehrrecht in den alten Beruf offengelegt wird. Für wie blöd halten Sie die Öffentlichkeit eigentlich? Kennen Sie das Abgeordnetengesetz nicht?

Es regelt in §2 den besonderen Kündigungsschutz von Abgeordneten. Jede von uns, jedenfalls jede, die bereits einen Beruf und eine Arbeitsstelle hatte ehe sie Parlamentarierin wurde, hat ein Rückkehrrecht und das gilt auch für die männlichen Kollegen.

Sie verweigern sich hier mit den abstrusesten Argumenten. Es wäre, auch für Ihre Außendarstellung, wirklich besser, Sie würden es einfach sagen wie es ist: Sie wollen das nicht; Sie wollen Ihre Abhängigkeiten und Verflechtungen vor den Wählerinnen und Wählern geheim halten. Das ist die klare Ansage hinter allen Ihren Ausflüchten!

Verweigerung auch bei dem Antrag der SPD einen Ausschuss für Integrationsfragen und Migration einzurichten. Das wäre ein wichtiges Signal, dem Thema endlich den Stellenwert zu geben, der ihm gebührt.

Sie wollen es offenbar mit der medienwirksamen Benennung von Frau Özkan bewenden lassen. Es ist doch ein wirkliches strukturelles Problem, dass Frau Özkan zunächst nur die Migranten integrieren darf, die der Innenminister ihr erlaubt und es dann im Parlament keinen Ort gibt, an dem das Thema als Querschnittsthema behandelt wird. Da helfen auch keine Runden Tische, an denen die Ministerin die Medien in eine Pflicht nehmen will, die diese nicht erfüllen können.

Auch dem Vorschlag, einen Unterausschuss des Sozialausschusses zu bilden, um das Thema gebührend bearbeiten zu können, widersetzen Sie sich. Es sollen jeweils die Fachausschüsse zuständig sein, wurde uns da neulich erzählt. Da frage ich mich natürlich schon, warum das Sozialministerium dann ein neues Türschild bekommt?

Viel heiße Luft also, große Ankündigungen, keine wirksamen Entscheidungen, Angst vor Veränderung – der neue Ministerpräsident und die ihn tragenden Fraktionen scheinen von der Berliner Krankheit infiziert zu sein. Wenn es in der Sache nicht so schade wäre, könnte uns das perspektivisch ja direkt erfreuen.

Zurück zum Pressearchiv