Rede Ursula Helmhold: Niedersachsen zum Musterland für bürgerschaftliches Engagement entwickeln

...

Anrede,
als wir diesen Antrag im vergangenen Jahr einbrachten, signalisierten die Regierungsfraktionen ihr Interesse an einem gemeinsamen Beschluss.
Ich danke den beteiligten Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit, denn an ihnen hat es nicht gelegen, dass meine Fraktion dem Änderungsantrag heute nicht zustimmt, obwohl wir teilweise kompromissbereit bis an die Schmerzgrenze waren.
Aber tatsächlich hatten die Sozialpolitikerinnen in den Verhandlungen nicht viel zu melden. Da waren zuerst die Finanzpolitiker von CDU und FDP vor. Dann kamen die Innen- und Schulpolitiker und strichen noch mehr herum. Nach über einem Jahr habe ich dieses Possenspiel dann beendet, denn die alles erschlagende Regierungsvorgabe bei der Beratung unseres Antrages lautete: "Spielt ruhig ein bisschen rum, aber kosten darf es keinen Euro!
Hier aber, meine Damen und Herren, irren Sie gewaltig, denn bürgerschaftliches Engagement gibt es nicht umsonst und draußen. Es ist eben nicht der Ausfallbürge des Sozialstaats, der in Sonntagsreden mit warmen Worten abgespeist wird. Bürgerschaftliches Engagement braucht Unterstützung und Strukturen, die natürlich auch Geld kosten.
Sie strichen den Erhalt der Kleinstförderung, den Abbau bürokratischer Hemmnisse, die Unterstützung von Freiwilligenzentren, Sie wollen nicht, dass durch den Wegfall des Zivildienstes frei werdende Bundesmittel zur Förderung des Bürgerengagements umgewidmet werden. Sie spülen Forderungen weich, denn es darf ja alles keinen Euro kosten. Aber Sie gehen ja noch weiter: Warum sollen Kinder und Jugendliche für ihr ehrenamtliches Engagement nicht an zwei Tagen pro Jahr vom Unterricht freigestellt werden dürfen? Das kostet nichts und ist eine hohe Form von Anerkennung, trotzdem wollen sie das nicht.
Anrede,
Während wir noch beraten haben, kürzten Sie im Haushalt 2005 Programme des bürgerschaftlichen Engagements.
Während wir noch beraten haben, tauchte der Innenminister mit seiner Hilfssheriff-Idee auf. Auch das sollte bürgerschaftliches Engagement sein – allerdings mit einem Stundenlohn von 7 Euro, also Engagement erster Klasse.
Sie wollen partout das bürgerschaftliche Engagement nicht dort verankern, wo es hingehört, nämlich in der Staatskanzlei. Wenn es jedoch so bedeutend ist, wie Sie das immer behaupten, verstehe ich Ihre Scheu, es zur Chefsache zu machen, wirklich nicht. Sie würden damit ein Zeichen auch für die Kommunen setzen.
Stattdessen schlagen Sie vor, dass die Landesagentur Generationendialog die Aktivitäten des Landes zentral bündeln soll. Großartige Idee! Sie wollen die landesweite Koordinierung einer Institution übertragen, die gerade einmal über 2 projektgeförderte Halbtagsstellen verfügt und nur bis Mitte 2007 abgesichert ist. Da werden die Kommunen aber schwer beeindruckt sein von Ihrem Vorbild und sich selbst entsprechend engagieren. Aber dass die Landesregierung Vorbild sein soll, das haben Sie ja auch gestrichen.
Vielleicht meinten Sie das tun zu können, weil Ministerpräsident Wulff zwischenzeitlich verkündete, Niedersachsen sei bereits ein Musterland für freiwilliges Engagement. Den Zahn muss ich Ihnen allerdings ziehen, denn das mit Abstand führende Musterland heißt nach wie vor Baden-Württemberg, das mit 42% Engagementquote satte 5% vor Niedersachsen liegt Dieses hervorragende Ergebnis hängt maßgeblich mit der installierten Unterstützungsstruktur zusammen. Aber auf die können die Niedersachsen noch lange warten.
Meine Damen und Herren,
Sie haben aus unserem Antrag viele Worte übernommen, aber leider jeden Mehrwert außen vor gelassen. Sie präsentieren hier einen Änderungsantrag der warmen Worte. Den mögen Sie getrost für sich alleine beschließen.

Zurück zum Pressearchiv