Rede Ursula Helmhold: Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten

 

Anrede,

Sonn- und Feiertage sind in Deutschland verfassungsrechtlich geschützt. Bereits das bisherige Ladenöffnungsgesetz weicht diesen Grundsatz bis an die Grenzen des Tolerierbaren auf.

Mit Ihrem heute vorliegenden Vorschlag zu einer weiteren Aufweichung der Sonntagsruhe gehen Sie noch weiter.

Sie begründen dies mit dem gerade an Sonntagen "erheblichen Bedarf an frischen Blumen und Pflanzen", die auch an größeren Verkaufsstelen befriedigt werden sollen.

Sie sollen jetzt sonntags für 3 Stunden auch in Gartenmärkten gekauft werden dürfen, außerdem in Ausflugs-, Kur- und Erholungsorten an allen Sonntagen für 8 Stunden außer vom 1. November bis 15. Dezember.

Seltsam nur, dass in der Evaluation des Gesetzes aus dem letzten Jahr davon gar keine Rede war. Im Gegenteil heißt es dort, dass den Wünschen nach längeren Öffnungszeiten für Verkaufsstellen von Bäckern und Floristen an Sonn- und Feiertagen "das Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten und deren Zufriedenheit" entgegensteht.

Immerhin haben Sie sich die erheblichen Bedenken des GBD, dem ich für seine Anmerkungen herzlich danke,  noch so weit zu Herzen genommen, dass Sie die Regelung jetzt auf Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen beschränken wollen.

Aber wer soll eigentlich in der Praxis kontrollieren, ob im Gartencenter nicht sonntags auch 50 Meter Heckenpflanzen verkauft werden? Und sind dann 10 Meter Thujahecke eigentlich eine kleine Menge und wer entscheidet das?

Entgegen Ihrem eigenen Ursprungsentwurf haben Sie die Ausweitung auf ca. 40 achtstündige Sonntagsöffnungen in Kur-, Erholungs- und Ausflugsorten zusätzlich hineingenommen. Damit zählt bei Ihnen der Verkauf von Blumen und Pflanzen zum typischen Bedarf von Touristen. Das verstehe, wer will, gesetzeslogisch ist es nicht.

Seltsam ist auch, dass kleine Blumenläden bei Ihnen nur die zum täglichen Kleinbedarf zählenden "Schnitt- und Topfblumen" verkaufen dürfen, die im gleichen Absatz neu geregelten Gartencenter aber "Blumen und Pflanzen".

So viel zur Gesetzessystematik.

Stringent sieht anders aus!

Auch unseretwegen kann der Blumenstrauß oder die Topfblume für den sonntäglichen Geburtstagsbesuch in Gartencentern gekauft werden dürfen. Hierzu liegt unser Änderungsantrag vor. Wir halten 3 Verkaufsstunden am Sonntag, wie es lange geübte Praxis ist, aber für ausreichend. Außerdem wollen wir das zu verkaufende Sortiment auf die Waren des täglichen Kleinbedarfs, wie sie im Gesetz selbst definiert sind, beschränken. Das schafft Klarheit, auch im späteren Vollzug des Gesetzes.

Und es entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zum Berliner Ladenöffnungsgesetz im Jahre 2010 ausdrücklich festgestellt, dass "ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse (`Shoppinginteresse`) potentieller Käufer " keine Ausnahmen vom Schutz der Sonntagsruhe rechtfertigen".

Genau hier aber liegt des Pudels Kern. Sie bevorzugen eine einzelne Branche gegenüber anderen. Dafür strapazieren Sie die Verfassung und schaffen seltsame, inkonsistente und unpraktikable Gesetze.

Dafür können Sie unsere Zustimmung nicht erwarten.

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