Rede Ursula Helmhold: Frauenhandel bekämpfen ? Opferschutz verbessern

Landtagsplenum am 22.06.2005, TOP 21...

Anrede,
bei der Einbringung unseres Antrags im November vergangenen Jahres schien es einen großen Konsens hier im Hause darüber zu geben, dass Frauenhandel ein besonders verabscheuungswürdiges Verbrechen ist und dass wir mehr Anstrengungen unternehmen müssen, um den Opfern zu helfen, den Täter auf die Spur zu kommen und, wenn möglich, Frauenhandel bereits im Vorfeld zu verhindern.
Leider mussten wir erleben, dass auch diese Entschließung in die Änderungsmaschinerie der Mehrheitsfraktionen geraten ist und daraus so blutleer wieder ausgespuckt wurde, dass wir ihr auch beim besten Willen nicht mehr zustimmen können. Außer dem Titel hat Ihr Änderungsantrag mit unserer ursprünglichen Entschließung kaum noch etwas mehr gemein.
Es fehlen die Erarbeitung einer Indikatorenliste und eine Definition des Verdachts auf Menschenhandel. Dies aber ist dringend erforderlich, um die Ermittlungsarbeit effektiver zu gestalten und zukünftig mehr Opfer als Zeuginnen zu gewinnen. Denn nur mit aussagebereiten Zeuginnen können wir der Täter habhaft werden.
Die dringend notwendigen verbesserten Fortbildungsmöglichkeiten für Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafrichterinnen stellen sie unter einen Haushaltsvorbehalt. Unverbindlicher kann man sich nicht ausdrücken.
Unser Vorschlag, den Austausch zwischen den niedersächsischen Fachberaterinnen und Fachdienststellen in den Herkunftsländern zu fördern, um so den Frauenhandel präventiv zu bekämpfen, verkommt bei Ihnen zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Partnerregionen in Polen und der russischen Föderation. Die Opfer kommen aber natürlich nicht nur aus niedersächsischen Partnerregionen, sondern auch aus anderen Staaten, zum Beispiel in großer Zahl aus Rumänien und Bulgarien. Die haben dann eben Pech gehabt oder was?
Anrede
wir wissen, dass das Phänomen des Menschenhandels durch eine gute Präventionsarbeit in den Herkunftsländern effektiv bekämpft werden kann. Deshalb müssen wir diese Arbeit ohne wenn und aber unterstützen.
Anrede,
wo bleibt bei diesen Unverbindlichkeiten eigentlich der Mehrwert Ihres Antrages? Den finden Sie offenbar in den neu von Ihnen eingefügten Passagen: Sie wollen die Einführung einer Kronzeugenregelung für Menschenhandelsdelikte, die Wiedereinführung der Strafvorschrift gegen die Förderung der Prostitution und die Bestrafung vorsätzlich handelnder Freier.
Aber, meine Damen und Herren, alle diese Forderungen halten einer genaueren Betrachtung nicht stand.
Eine Kronzeugenregelung ist in diesem Bereich sehr umstritten, und bislang geht das Strafgesetzbuch sehr restriktiv damit um. Zudem können die Gerichte auch nach dem geltenden Recht die Bereitschaft zur Aufklärung bei der Strafzumessung der Tat würdigen.
Die Forderung nach Wiedereinführung der Strafvorschrift gegen die Förderung der Prostitution vermengt die legale Prostitution und die Zwangsprostitution und geht völlig am Ziel vorbei.
Auch der Vorschlag einer Bestrafung vorsätzlich handelnder Freier hilft den betroffenen Frauen überhaupt nicht. Zwar halten auch wir es für strafwürdig, wenn Freier vorsätzlich die Hilflosigkeit der Opfer ausnutzen, aber es wären nur wenige, die einer solchen Tat überführt werden könnten. Wir müssen darüber hinaus die Bedenken von Polizei und Beratungsstellen berücksichtigen, die fürchten, dass ein Straftatbestand für Freier dazu führt, dass Schleuser und Zuhälter die Mauern um die Opfer noch weiter erhöhen und die Freier künftig aus Angst keine Hinweise mehr an die Beratungsstellen geben. Das Thema ist also viel komplexer als Sie es hier darstellen wollen.
Meine Damen und Herren von den Mehrheitsfraktionen,
Ihre Vorschläge, die nur billig sein wollen und die es auch sind, tragen wir nicht mit.

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