Rede Ursula Helmhold: Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuches

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Anrede,
zunächst schien es so, als ob das Ausführungsgesetz das Plenum einvernehmlich, eventuell sogar ohne weitere Aussprache hätte passieren können.
Lediglich der enge Zeitrahmen war zunächst im Ausschuss zu monieren. Da die Gesetzesvorlage erst spät kam, musste auch dieses Gesetz im Schweinsgalopp durch die Ausschüsse getrieben werden, um rechtzeitig zum 1.1.2005 fertig gestellt zu werden. Wir haben uns auf dieses Tempo eingelassen, obwohl die Beratungszeit wirklich äußerst knapp bemessen war.
Nach der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und der Spitzen der Wohlfahrtsverbände wurden unsere Forderungen nach einem weitergehenden Anhörungsrecht der Beiräte sowie der Beteiligung sozial erfahrener Dritter angenommen. Wir hätten uns gewünscht, dass auch die Abschaffung des zweistufigen Widerspruchsverfahrens beibehalten worden wäre, aber das haben wir an anderer Stelle ja bereits hinreichend diskutiert. Es bleibt dabei, dass hier die bisherigen Rechte der Betroffenen auf eine unvoreingenommene und objektive Abwägung und Bescheidung ihres Widerspruchs durch eine zweite neutralere Instanz massiv eingeschränkt werden und, wie in anderen Bereichen, erhebliche Belastungen auf die Gerichte und die Betroffenen zukommen werden.
Zunächst schien es auch Einigkeit zu geben, dass im Zusammenhang mit Ihrer Entscheidung, das Landesblindengeld abzuschaffen, keine zusätzlichen Belastungen für die Kommunen entstehen sollten. In der Presseerklärung vom 30.11.2004 über die Ergebnisse der Klausurtagung der CDU-Fraktion hatte deren Vorsitzender McAllister noch erklärt:
"Die Kommunen werden nicht zusätzlich belastet. Im quotalen System soll ein Ausgleich für die Städte, Gemeinden und Landkreise geschaffen werden."
Damit waren wir einverstanden. Es wäre ja auch noch schöner gewesen, wenn die Landesregierung das Blindengeld abschafft und die Kommunen auf den zusätzlichen Kosten hängen lässt.
Wir waren uns im Ausschuss einig über eine entsprechende Formulierung, bis am letzten Mittwoch in der Ausschusssitzung klar wurde, wer in der CDU in der Sozialpolitik das Sagen hat: Das sind eben nicht die Sozialpolitiker und Sozialpolitikerinnen, sondern die Haushälter. Da kam aus dem Haushaltsausschuss mal eben eine Formulierung herüber, die der oben zitierten Ansage diametral gegenübersteht: Erhöhte Aufwendungen für die Blindenhilfe nach SGB XII, also die über 21 Mio. € hinausgehen bleiben nun nach Maßgabe des Landeshaushaltes unberücksichtigt.
Und das ist wirklich ein substantieller Unterschied.
Die Stadt Osnabrück schlägt auch schon Alarm. Im ungünstigsten Fall wird deren Haushalt mit 962.000 Euro zusätzlich belastet. Es ist nämlich so, dass die Städte für die über 60jährigen Blinden als örtliche Soziahilfeträger dann zuständig sind und die Blindenhilfe bezahlen müssen, nur bei den Jüngeren beteiligt sich das Land mit einem außerhalb des quotalen Systems liegenden Ausgleich. Da aber die meisten blinden Menschen im fortgeschrittenen Alter sind, belastet die Blindenhilfe die Kommunen künftig erheblich. Vielleicht mag die bereit gestellte Summe ja im nächsten Jahr noch einigermaßen passen, da viele blinde Menschen jetzt zunächst ihr gesamtes Vermögen aufbrauchen müssen. Im Laufe der nächsten Jahre werden aber mehr von ihnen Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen und damit steigen die Aufwendungen der Städte immer weiter an. Die finanziellen Folgen Ihrer Abschaffung des Landesblindengelds sind überhaupt nicht absehbar. Sie überlassen sie mit einem Wechsel ohne Betrag den Kommunen. Das ist wieder mal ein gelungenes Beispiel dafür, wie Sie Konnexität und Partnerschaft buchstabieren. Sie wollen sich hier zukünftig einen schlanken Fuß auf Kosten der Kommunen machen!
Diesen Weg werden wir nicht mitmachen, so lax kann man nicht schon wieder mal eben Versprechungen brechen.
Wir werden uns dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion anschließen und fordern Sie auf, die finanziellen Auswirkungen der Abschaffung des Blindengeldes auf die Kommunen voll zu übernehmen. So wie Sie das vorhaben, kann der vorgesehene Betrag jedes Jahr mit leichter Hand wieder geändert werden, eben "nach Maßgabe der Haushaltslage". Das geht nicht, denn die Verantwortung für das, was Sie da beim Blindengeld gemacht haben, auch für die finanziellen Folgen, müssen Sie schon selbst tragen.

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