Rede Ursula Helmhold: Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung der Ladenöffnungszeiten in Niedersachsen

Landtagssitzung am 20.06.2012

Rede Ursula Helmhold, MdL

Anrede,

zum gefühlt xten Mal beschäftigt sich der Landtag heute mit dem Thema Ladenöffnung. Ausgangspunkt des Ganzen ist das Gesetz von CDU und FPD aus dem Jahre 2007. gegen den Widerstand von Kommunen, Kirchen, Gewerkschaften, dem kleinen und mittleren Einzelhandel und vielen anderen haben Sie damals ein Gesetz beschlossen, das nicht nur frauen- und familienfeindlich ist, den verfassungsrechtlich geschützten Sonntagsschutz angreift, den kleinen und mittleren Einzelhandel gegenüber den großen Ketten benachteiligt sondern bereits 2 Jahre nach Verabschiedung schwer nachgebessert werden musste. Sie erinnern sich sicher an die Auseinsetzungen in der Region Braunschweig. Die Ausflugsorteregelung ermöglichte dem Outletcenter in Wolfsburg gute Geschäfte, dagegen liefen die Orte im Umland Sturm.

Wir haben Ihnen dann im Mai 2008 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die gröbsten Fehler des Gesetzes geheilt hätte, indem er nämlich die Sortimente Bekleidung und Schmuck aus der Ausflugsorteregelung genommen hätte.

Sie sind dem gefolgt, leider mit dem Zugeständnis an die Ausflugsorte jetzt an 8, statt vorher 4, Sonntagen unbegrenzt für 5 Stunden verkaufen zu dürfen.

Im vergangenen Jahr haben CDU und FDP die Verfassung noch weiter strapaziert und die Sonntagsruhe mit den Regelungen zum Pflanzenverkauf am Sonntag weiter aufgeweicht.

Anrede,

das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zum Berliner Ladenöffnungsgesetz im Jahre 2010 ausdrücklich festgestellt, dass "ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse (Shoppinginteresse) potentieller Käufer " keine Ausnahmen vom Schutz der Sonntagsruhe rechtfertigen".

Insofern bleiben wir bei unseren, auch in der Vergangenheit immer wieder bekräftigten Bedenken.

Der Antrag der Linken nimmt nun die Kritik am bestehenden Gesetz erneut auf. Einiges, wie die Begrenzung der Ladenöffnungszeiten auf vernünftige, allen Seiten zumutbare Zeiträume, können wir mittragen. Auch die Herausnahme von Bekleidung und Schmuck aus den zulässigen Sortimenten für den Sonntagsverkauf in Kur-, Erholungs- und Wallfahrtsorten findet unsere Unterstützung. Dies haben wir in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert.

Problematisch finde ich die vorgesehene Streichung der Regelung für Ausflugsorte. Dies schlankweg zu fordern ignoriert, dass es eine gewachsene Landschaft solcher Orte gibt. Die Einführung jeder neuen Regelung hier gleicht einer Operation an einem sozusagen lebenden Organismus.

Es wäre aus meiner Sicht nötig, die Auswirkungen einer solchen Maßnahme sorgfältig zu prüfen und dazu eine gründliche Anhörung im Ausschuss durchzuführen.

Grundsätzlich aber ist es erforderlich die ausufernden Öffnungszeiten zu überdenken. Insbesondere die im Einzelhandel arbeitenden Frauen leiden unter den immer prekärer werdenden Arbeitsbedingungen.

"Freiheit braucht Verantwortung" – das ist ja so etwas wie das Mantra des von mir hoch geschätzten Bundespräsidenten. Das gilt auch hier:

Die Freiheit zum unbegrenzten Konsum hat ihre Grenzen da, wo sie andere in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Die Verantwortung des Staates, also unsere, liegt darin diese Grenzen zu ziehen. Ihr Ladenöffnungsgesetz, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wird dem Anspruch unseres Präsidenten nicht gerecht.

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