Rede Ursula Helmhold: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes

Anrede,

Artikel 12 der Niedersächsischen Verfassung besagt"die Mitglieder des Landtages vertreten das ganze Volk, sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen". Und dafür haben sie Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung.

Die Frage, wann diese Unabhängigkeit gefährdet sein könnte, hat uns in der vergangenen Wahlperiode intensiv beschäftigt. Da waren nicht nur im Bund die Fälle Laurenz Meyer, Hermann-Josef Arentz oder Hans-Jürgen Uhl, bei denen es um Bezüge ohne Gegenleistung ging; gleichzeitig gab es auch das Thema Nebentätigkeiten mit Einfluss auf das Mandat wie zum Beispiel bei Friedrich Merz. Auch im Niedersächsischen Landtag gab es zwei Abgeordnete, die während ihrer Landtagstätigkeit weiter Gehalt eines Konzerns bezogen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Diese Fälle wurden ausgeklagt, offensichtlich und erfreulicherweise waren die Regelungen des § 27 Abs. 3 Niedersächsisches Abgeordnetengesetz dazu ausreichend. Was aber in Niedersachsen nicht ausreichend geregelt war, war und ist das Thema Transparenz. Hierzu wurde ein Unterausschuss eingerichtet, der in vielen Sitzungen diskutierte und sich schließlich darauf verständigte seine Tätigkeit einzustellen bis im Bund eine Klärung herbeigeführt sein sollte.

2005 gab es im Bund eine Novelle des Abgeordnetengesetzes und 2006 dann entsprechende Verhaltensregeln. Die Nebentätigkeiten sollten demnach veröffentlicht werden und die dafür erzielten Vergütungen in drei Stufen angegeben werden. Gegen diese Regelung klagten neun Abgeordnete von FDP, CDU und SPD. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Juli 2007 in Sinne der Bundestagsregelung, dass das Volk Anspruch auf Transparenz hat und dass Nebentätigkeiten ohne entsprechende Transparenz erhebliche Gefahren für die Unabhängigkeit der Abgeordneten bergen könnten. Zuletzt wurde eine Klage des Abgeordneten Schily abgewiesen – damit sind die Regelungen des Bundestages gerichtsfest.

Meine Damen und Herren,

für uns ist eine weitgehende Transparenz ein Beitrag zur politischen Kultur. Wir sind der Meinung dass im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten die Ausübung des Mandats zu stehen hat.

Dass Abgeordnete andere Tätigkeiten wahrnehmen ist ihnen zuzubilligen. Allerdings haben die Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf dass erstens das Abgeordnetenmandat im Mittelpunkt der Tätigkeit steht und zweitens dass transparent wird, welche Nebentätigkeiten ein Abgeordneter ausübt.

Es muss erkennbar werden, ob ein Abgeordneter durch die Nebentätigkeit Interessenkonflikten unterliegen kann. Wählerinnen und Wähler müssen wissen können, ob und falls ja ihre Abgeordneten Dritten verpflichtet sind.

Als Maßstab für das Ausmaß der Veröffentlichungspflichten schlagen wir die Bundestagsregelung vor. Veröffentlicht werden sollen die Nebentätigkeiten und die daraus erzielten Vergütungen, allerdings nicht die absoluten Zahlen veröffentlicht werden, sondern nur die Größenordnung der Nebentätigkeiten. Frei blieben sollen Einkünfte unter 1.000 € im Monat bzw. unter 10.000 € im Jahr. Darüber hinaus gehende Einkünfte werden in drei Stufen veröffentlicht: 1.000 € bis 3.500 €, 3.501 € bis 7.000 € und über 7.000 €.

Daran können die Bürgerinnen und Bürger dann ablesen welche ökonomische Bedeutung die Wahrnehmung des Mandats für den Abgeordneten hat und welche Bedeutung die Tätigkeit neben dem Mandat für ihn hat. Daraus können sich die Bürgerinnen und Bürger je nach Einzelfall ein Bild darüber machen, ob in bestimmten Debatten die Meinung dieses Abgeordneten womöglich durch seine wirtschaftliche Tätigkeit beeinträchtigt ist oder ob sein Handeln im wesentlichen dem Auftrag seiner Wählerinnen und Wähler entspricht. Es können Nachfragen gestellt werden, die der Abgeordnete beantworten sollte.

Anrede,

ich stelle für meine Fraktion klar: Niemand will die Nebentätigkeit von Abgeordneten als Freiberufler, Unternehmer oder im Rahmen eines Autorenvertrages ins schiefe Licht rücken. Das ist völlig in Ordnung und deshalb müssen diese Tätigkeiten nicht verheimlicht werden. Man muss auch nicht so tun, als ob dies etwas Anrüchiges sei, was niemand erfahren dürfte. Allerdings finde ich, die Wählerinnen und Wähler haben einen Anspruch darauf es zu erfahren. Sie schicken uns in dieses Parlament und beauftragen uns nach besten Wissen und Gewissen das Beste für unser Land zu tun. Sie können dabei auch erwarten, dass wir im Wesentlichen unsere gesamte Kraft für das Mandat aufwenden um dem Wählerauftrag zu entsprechen.

Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger von dem Handeln der Abgeordneten ein Bild machen können, dann wird das kein Schaden für dieses Haus und die Demokratie sein. Es wird ein Gewinn an politischer Kultur sein.

Als Beitrag zur politischen Kultur betrachten wir auch die in unserem Antrag vorgesehene Möglichkeit, dass auch Kommunen sich eine Ehrenordnung geben können, um eventuelle Nebeneinkünfte und Interessenskonflikte der Ratsmitglieder transparent zu machen. Hier möchte ich an das Beispiel der Stadt Uelzen erinnern: dort wollte man sich eine Ehrenordnung geben, durfte das aber nicht, weil nach Ansicht des Innenministeriums dies nicht vorgesehen sei. Wir orientieren uns in unserem Vorschlag an einer entsprechenden Regelung in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens, die dort bereits seit Mai 2005 in einer Muster-Ehrenordnung des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen umgesetzt ist. Da, wo Räte es wollen, sollen sie sich Regelungen geben dürfen, auch das ist Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung und muss durch den Landesgesetzgeber ermöglicht werden.

Anrede,

ich habe den Medien bereits entnommen, dass es eine breite Zustimmung für unseren Vorschlag gibt. Das finde ich sehr gut, ich denke wir können schnell zu einem Ergebnis kommen und die Bundestagsregelung für unser Haus übernehmen.

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