Rede Ursula Helmhold: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe und zur Errichtung einer Kammer für Pflegeberufe in Niedersachsen

Landtagssitzung am 17.07.2012

Ursula Helmhold, MdL

Anrede,

dass es um die Pflege in Deutschland und Niedersachsen schlecht bestellt ist wird wohl niemand bestreiten. Fachkräftemangel, Arbeitsüberlastung, schlechte Arbeitsbedingungen und noch schlechtere Bezahlung führen dazu, dass der Pflegeberuf schon lange kein Traumberuf mehr ist.

Pflegekräfte sind es  aus der Vergangenheit gewohnt, dass im Regelfall mehr über sie geredet und bestimmt wurde, als mit ihnen. Auch aus diesem Grunde fordern sie seit Jahren eine Pflegekammer.

So auch in Niedersachsen. Pflegende sind die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Sie sind vielfältig qualifiziert und üben heute neue und ganz andere Aufgaben aus als früher. Pflege hat heute eine eigene wissenschaftliche Grundlage, so dass pflegerisches und ärztliches Handeln gleichberechtigt zum Wohle der Patientinnen und Patienten agieren. Dennoch sind die Pflegeberufe noch immer nicht gleichberechtigt mit den akademischen Heilberufen in den gesundheits- und sozialpolitischen Diskus eingebunden und an entsprechenden Entscheidungen beteiligt.

Das wird der Bedeutung dieses Berufsstandes nicht gerecht.

Pflegende weisen seit Jahren auf diesen Missstand hin.

Anrede,

die in der Pflege Beschäftigten wollen endlich ihre Angelegenheiten in die eigenen Hände nehmen. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber es ihnen ermöglicht. Niemand kann Pflege besser definieren und regulieren als die Pflegenden selbst

Die Landesregierung und auch die sie tragenden Fraktionen betonen bei jeder Gelegenheit wie sehr ihnen die Pflege am Herzen liegt. Die Nervenbahnen, die letztlich zur Umsetzung in praktisches Tun führen würden hat diese Herzensangelegenheit ganz offensichtlich nicht erreicht.

Denn wie die Regierungsfraktionen und diese Landesregierung mit den Pflegenden in Niedersachsen in den vergangenen 2 Jahren in Bezug auf die Pflegekammer umgegangen sind spottet jeder Beschreibung.

Im Februar 2010 hat meine Fraktion einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Pflegekammer in den Landtag eingebracht. Bereits im Mai fand eine Fachanhörung statt in der im Wesentlichen für die Einrichtung einer Pflegekammer plädiert wurde. Da habe ich mich wirklich gefreut, dass das so schnell ging.

Auch die Landesregierung beteuerte verbal, sie nehme die Anliegen der Pflegenden ernst. Man stehe einer Pflegekammer aufgeschlossen gegenüber. Jenseits des Verbalen gingen jedoch andere Dinge vor sich

Man sprach mit den Pflegenden. Das ist ja an sich schön. Aber nicht dann, wenn das Sprechen vom Nicht-Handeln ablenken soll.

Die Ministerin hat mehr als 2 Jahre verstreichen lassen, Sie hat die Pflegenden hingehalten, ihnen Aufgaben gegeben, die die Pflegenden alle erfüllt haben und passiert ist nichts.

Und jetzt kommen CDU und FDP tatsächlich nach 2 ½ Jahren daher und versuchen mit Ihrem windelweichem Antrag das Thema vom Tisch zu nehmen.

Meine Damen und Herren,

die Pflegekräfte in Niedersachsen vertreten durch Niedersächsischen Pflegerat und den Förderverein zur Einrichtung einer Pflegekammer deren Vertreterinnen und Vertreter ich hier im Haus sehr herzlich begrüße, sind enttäuscht von Ihnen und der Art und Weise im Umgang miteinander. Ich kann das sehr gut verstehen. Ich wäre auch enttäuscht, wenn man mich mehr als 2 Jahre hingehalten hätte und jetzt versucht weiterhin auf Zeit zu spielen und das wieder verbrämt mit weiteren freundlichen warmen Worten.

Meine Damen und Herren,

die Pflege braucht keine Imagekampagnen mehr. Sie braucht keine erzählte Anerkennung. Sie braucht praktische Taten, sie braucht die Sicherung einer angemessenen gesellschaftlichen Stellung und Mitsprache. Dies kann eine Pflegekammer leisten. Sie werden es nicht schaffen hier den Eindruck zu erwecken, dass Sie den Berufsstand der Pflege ernst nehmen.

Meine Damen und Herren,

sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Schleswig-Holstein sind die Landesregierungen bereit Pflegekammern zu errichten. Warum eigentlich soll das in Niedersachsen nicht möglich sein? Warum muss hier mit großem "Tamtam" ein Gutachten in Auftrag gegeben werden mit einem sehr, sehr langen Zeitvorlauf übrigens der auch zur Verschleppung beigetragen hat. Ich sage es Ihnen: Weil Sie es nicht wollen.

Ihre Kollegin Christdemokratin Julia Klöckner ist da wesentlich weiter:

"Die Veränderung der Bevölkerungsstruktur wird dazu führen, dass der Bedarf an professioneller Pflege in den kommenden Jahren massiv zunehmen wird. Im Hinblick auf diese Entwicklung halten wir Christdemokraten die Einrichtung einer Pflegekammer für Rheinland-Pfalz für unumgänglich."

Da hat sie mal recht, aber das gilt für Niedersachsen genauso.

Bis zum Jahre 2050 wird die Zahl pflegebedürftiger Menschen in Niedersachsen um 80 % höher liegen als heute. Sie sind auf diese Situation nicht vorbereitet, sie nehmen die Probleme der Pflegenden, die sie sich stellvertretend für die jetzt und in Zukunft betroffenen Menschen machen, nicht ernst.

Die Pflege will die Qualität der pflegerischen Versorgung sichern, sie betrachtet es als ihren Auftrag dies zu tun. Sie tun es unter teils unzumutbaren Bedingungen. Von dieser Landesregierung erhalten sie keine Unterstützung. Das ist außerordentlich schade, aber lange werden die Pflegenden es ja nicht mehr aushalten müssen.

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