Rede Ursula Helmhold: Einsetzung einer Kommission zur Aufarbeitung und Dokumentation der NS-Vergangenheit Niedersächsischer Landtagsabgeordneter

Anrede,

Ausgangspunkt dieses Antrages ist die gewagte Äußerung des Kollegen Althusmann im Mai-Plenum, dass die CDU ihre geistigen und politischen Wurzeln im christlich motivierten Widerstand gegen den Terror des Nationalsozialismus gehabt habe. Ich halte diese Äußerung tatsächlich für äußerst gewagt und es gebührt der Fraktion der Linken Anerkennung dafür, dass sie einige Fakten zu diesem Thema zusammengestellt hat. Und diese Fakten, meine Damen und Herren, sprechen für sich und sind eine gewaltige Relativierung der Äußerungen des Kollegen Althusmann. Nicht wenige der ehemaligen Abgeordneten der CDU waren bereits vor 1933 Mitglieder der NSDAP. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass es sich hier um tatsächliche Gesinnungstäter handelt, die nicht aus irgendwelchen Gründen zum Eintritt in die NSDAP gezwungen waren.

Und ich möchte an dieser Stelle gerne auch noch mal an einige sehr prominente CDU-Mitglieder erinnern, deren Vergangenheit ganz eindeutig vom Nationalsozialismus geprägt war. Ich denke da beispielsweise an Kurt Georg Kiesinger, den ehemaligen Bundeskanzler, dem Beate Klarsfeld 1968 auf dem CDU-Parteitag in Berlin eine Ohrfeige verpasste, um so seine NS-Vergangenheit anzuprangern und an den ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Filbinger, diesen furchtbaren Marinerichter, der gnadenlos Todesurteile gefällt und selbst noch kurz vor Kriegsende Todesurteile hat exekutieren lassen.

Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch die unsägliche Trauerrede von Günther Oettinger, dem derzeitigen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, nicht unerwähnt lassen, der ja versucht hat, seinen Vorgänger im nachhinein noch zum Widerstandskämpfer hoch zu stilisieren. Vor diesem Hintergrund, glaube ich, war der Versuch der Geschichtsklitterung, den der Kollege Althusmann hier im Mai unternommen hat, zum Scheitern verurteilt!

Wer anderen die Stasivergangenheit vorhält, muss sich auch der eigenen Vergangenheit stellen. Hier gilt wieder einmal: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

Anrede,

überhaupt nicht verständlich finde ich den vom Landtagspräsidenten unterbreiteten Vorschlag, es gehe auch darum, diejenigen näher zu beleuchten, die sich in den unterschiedlichen Flügeln der KPD engagiert hatten.

Hier wird der alte Reflex bedient: da wo man rechtsextremistisch sagt, muss man auch gleichzeitig linksextremistisch sagen. Diese Verhaltensweise relativiert die Nazi-Verbrechen.

Aber ich finde auch, dass die Linke sich hier nicht auf das hohe Ross setzen darf. Wenn Mitglieder der Fraktion den Mauerfall noch im Oktober 2008 als "unsere Niederlage von 1989" bezeichnen, zeigt das eine wirklich unzureichende Auseinandersetzung mit den Verbrechen, die in diesem Teil Deutschlands geschehen sind. Wer so redet, leugnet Bautzen, Selbstschussanlagen, das Einsperren eines ganzen Volkes. Ich sehe hier einen erheblichen Nachholbedarf und keinen Anlass zu Selbstgerechtigkeit.

Der Antrag der Linken schlägt uns die Einsetzung einer Kommission vor. Ich glaube, dass diese Kommission schlicht nicht nötig ist, es geht ja zunächst einmal darum weiter zu forschen und das halten wir für richtig. Das Landtagspräsidium sollte sich auf eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler einigen, der den Forschungsauftrag erhält, die "Nazi-Vergangenheit" der ehemaligen Landtagsabgeordneten gründlich aufzuarbeiten. Dies würde auch die von der Links-Fraktion vorgeschlagene separate Kommission ersetzen.

Der zu erstellende Bericht soll dann dem Parlament vorgelegt werden und das Präsidium sollte darüber entscheiden, wie mit den Ergebnissen umzugehen ist.

Ich glaube, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass Sie sich dieser Aufarbeitung stellen müssen. Das sind Sie den Opfern des Nationalsozialismus, für die Herr Fürst gestern in der Gedenkstunde des Plenums eindrucksvoll gesprochen hat, schuldig.

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