Rede: Thomas Schremmer zur Aktuellen Stunde der SPD über den Missbrauch von Werkverträgen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die niedrige Arbeitslosenquote in Niedersachsen und der dauerhafte Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen können nicht darüber hinweg täuschen, dass es Auswüchse auf dem Arbeitsmarkt gibt, die wir als Politikerinnen und Politiker nicht akzeptieren können.

Natürlich braucht Wirtschaft ein gewisses Maß an Flexibilität. Das ist unbestritten. Gleichwohl hat sich in einigen Branchen ein Wettbewerb um die billigsten Löhne und die höchste Ausbeutung Beschäftigter entwickelt, den wir seit Jahren stark kritisieren und dem wir seit dem Regierungswechsel deutlich entgegen treten.

Anrede,

wir begrüßen, dass mittlerweile alle Fraktionen in diesem Landtag anerkennen, dass nach der Regulierung der Leiharbeit in 2011 auch das Ausweichinstrument Werkvertrag besser geregelt werden muss. Es handelt sich eben nicht um Einzelphänomene – sondern um organisierte Umgehung regulärer Arbeitsverträge! ?

Anrede,

wenn ganze Branchen ihre Stammbelegschaft durch Werkvertrags-Beschäftigte ersetzen, denen sie über Subunternehmer niedrigste Löhne zahlen und denen sie dann ihre kargen Einnahmen durch Wucherpreise für die Unterkunft wieder abknöpfen, dann ist so etwas nicht mit unternehmerischer Freiheit zu entschuldigen! Das ist schlicht kriminelle Energie, die solche Unternehmen antreibt, um ihren Profit zu maximieren. Das geht dann auch zu  Lasten der anständigen Betriebe in Niedersachsen, die ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ordentlich bezahlen und behandeln.?

Anrede,

der rot-grünen Koalition war von Beginn an wichtig, für anständige Bezahlung und Arbeitsbedingungen in Niedersachsen zu sorgen und dem Missbrauch durch Werkverträge einen Riegel vorzuschieben:

 

  1. Unser rot-grüner Entschließungsantrag aus 2013 enthält alle wichtigen Maßnahmen, die einen Missbrauch erschweren und die die Rechte von Beschäftigten sichern: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und die zuständigen Staatsanwaltschaften personell zu stärken. Eine Meldepflicht für Werkvertragsbeschäftigten einzuführen, um überhaupt eine Datengrundlage zu haben. Beratungsstellen einzurichten, die Menschen, die weder unsere Sprache noch unser Rechtssystem und unser Land kennen, überhaupt erstmal über ihre Rechte aufzuklären – diese und weitere wegweisende Maßnahmen hatten wir in unsere Initiative aufgenommen, die der Landesregierung konsequent abgearbeitet werden.
  2. Bereits im ersten Regierungsjahr brachte Rot-Grün eine Bundesratsinitiative ein, die jetzt Teil der neuen Gesetzesinitiative werden kann.
  3. Nach den dramatischen Todesfällen in einer Massenunterkunft in Papenburg handelte die rot-grüne Landesregierung – mit dem Erlass zur Belegung und Ausstattung von Unterkünften gibt Niedersachsen ein Mindestmaß an menschenwürdigen Unterkünften vor.
  4. Vorbildhaft verfügen wir in Niedersachsen mittlerweile über drei mobile Beratungsstellen, deren Mitarbeiterinnen wertvolle Basisarbeit leisten. Die Beratungsarbeit ist dabei keine Einbahnstraße. Erstmals erhalten wir über den direkten Kontakt mit den Beschäftigten Einblick in das Ausmaß des Missbrauchs. Wir wissen jetzt mehr darüber, welche Branchen und wie viele Menschen ungefähr betroffen sind.

 

Anrede,

eine noch so gute und umfassende Beratung der Betroffenen allein reicht aber nicht aus, wenn sich am Gesamtsystem der Ausbeutung nichts ändert. Deswegen begrüßen wir auch die zweite Initiative aus Niedersachsen im Bundesrat. In diesem Jahr will das Bundesarbeitsministerium einen Gesetzentwurf entwickeln, der für mehr Transparenz sorgen und der den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit eindämmen soll. Da kann es nicht schaden, aus einem Bundesland, das unter anderem mit seiner fleischverarbeitenden Industrie viel leidvolle Erfahrung gesammelt hat, den einzelnen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wir brauchen ganz klar eine Stärkung der Arbeitnehmerinteressenvertretung, wir brauchen eine personelle Verstärkung beim Zoll – denn jede noch so gute Regelung funktioniert nicht, wenn sie nicht kontrolliert und bei Verstoß sanktioniert wird. Und wir brauchen eine saubere Abgrenzung der Leiharbeit von den Werkverträgen.

Anrede,

Kein Zweifel - es gibt in Niedersachsen weiterhin Ausbeutung und Lohndumping besonders über Werkverträge. Diese Praxis schadet dem Ansehen unserer Gesellschaft und damit auch dem Ansehen dieses Hauses – lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass dieser Zustand beendet wird!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit

Zurück zum Pressearchiv