Rede Thomas Schremmer: Gesetzentwurf (SPD/GRÜNE) zur Änderung des nds. Krankenhausgesetzes

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Stellen Sie sich vor, Sie sind 80 Jahre alt und Sie werden heute aus dem Krankenhaus entlassen. Sie freuen sich sehr, denn in der letzten Woche haben Sie einiges mitgemacht. An dem Abend als der Notarzt Sie mit starken Bauchschmerzen ins Krankenhaus brachte, hat man Sie mehrere Stunden in der Notaufnahme warten lassen, bis Sie nach Mitternacht endlich auf ihr Zimmer verlegt wurden. Das Pflegepersonal auf der Station war zwar freundlich, hatte es aber auch immer sehr eilig. Als Sie nach der OP nicht aufstehen durften, hat die Schwester doch glatt vergessen, ihnen das Zahnputzzeug ans Bett zu bringen. Ihre Stationsärztin wirkte sehr kompetent, hat aber so schnell gesprochen, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, was nun genau mit Ihrer Galle los war. Und dass Sie immer schon um 17 Uhr Abendbrot essen mussten, hat Ihnen auch nicht gepasst. Auf dem Weg zum Ausgang kommen Sie an einem Plakat vorbei, auf dem eine Lob- und Tadel-Hotline beworben wird und Sie denken sich, dass Sie Ihre Erlebnisse eigentlich schildern müssten, damit es anderen Patientinnen und Patienten nicht auch so geht wie Ihnen. Oder damit es Ihnen selbst besser geht, falls Sie nochmal in dieses Krankenhaus eingeliefert werden sollten. Allerdings haben Sie gerade nichts zu schreiben zur Hand, um sich die Nummer der Hotline zu notieren. Ist aber auch nicht so schlimm, Ihre Beschwerde würde wahrscheinlich ohnehin nichts ändern.

Anrede

Stellen Sie sich nun vor, Sie führen ein Krankenhaus. Sie haben ein Qualitätsmanagement, sie sind vielleicht sogar zertifiziert. Und die Meinung Ihrer Patientinnen und Patienten ist Ihnen wichtig, deshalb haben Sie ein Beschwerdemanagement. Der Fall einer älteren Person mit einer Gallenerkrankung fällt Ihnen nichts weiter auf, denn die OP verlief ohne Komplikationen, es gab keine postoperative Infektion und die vorgegebene Verweildauer wurde eingehalten. Und auch bei der Lob- und Tadel-Hotline gab es keine entsprechende Beschwerde. Die betreffende Patientin oder der Patient, müsste ihren Kriterien zufolge mit der Behandlung eigentlich zufrieden sein.

Anrede,

Wir werden heute mit der Änderung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes die Einsetzung von Patientenfürsprechern in allen Krankenhäusern beschließen. Mit den beiden Beispielen möchte ich folgende Punkte verdeutlichen:

1.) Patientenfürsprecher sind eine sinnvolle Ergänzung des Beschwerdemanagements in den Krankenhäusern. Das SGB V schreibt ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement vor, viele Patientinnen und Patienten, vor allem ältere Menschen, werden mit den gängigen Methoden jedoch nicht erreicht. Patientenfürsprecher können sich sehr viel besser an den Bedürfnissen und Interessen der Patientinnen und Patienten orientieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten, indem sie auch jene Patientinnen und Patienten vertreten, die ihre Meinung sonst gar nicht äußern würden.  

2.) Patientinnen und Patienten befinden sich im Krankenhaus in einer Abhängigkeitssituation. Patientenfürsprecher vertreten ihre Belange und Interessen gegenüber dem Krankenhaus, sie sind mithin eine Art Vertretung der Zivilgesellschaft im Krankenhaus, wie wir sie auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen haben und wertschätzen.

3.) Es geht hier bei Weitem nicht nur um die Qualität des Essens oder die Farbe der Handtücher, sondern es geht um strukturelle und gleichermaßen systemimmanente Probleme für Patientinnen und Patienten, die mit den gängigen Qualitätssicherungs-Instrumenten nicht erfasst werden können, für Patientinnen und Patienten aber bedeutsam sind, z.B. die Kommunikation mit medizinischem Personal oder die Wahrung der Intimsphäre.

Die Erfahrungen mit Patientenfürsprechern aus anderen Bundesländern und aus einzelnen niedersächsischen Krankenhäusern, die bereits welche eingesetzt haben, zeigen deutlich, dass sie zu einer veränderten Kommunikationskultur und mehr Patientenorientierung im Krankenhaus beitragen können.

Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Ökonomisierung und steigenden Wettbewerbs ist es im Eigeninteresse aller Krankenhäuser, zufriedene Patientinnen und Patienten zu haben.

In diesem Sinne ist diese Gesetzesänderung eine richtungsweisende Ergänzung für alle Beteiligten im Verhältnis Patient/in – Krankenhaus!

Vielen Dank!

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