Rede Thomas Schremmer: Gesetzentwurf (Landesregierung) zur niedersächsischen Bauordnung

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

sie haben heute schon die Wahl!

Entweder entscheiden Sie sich für die Verpflichtung aus der UN-Behindertenrechtskonvention, Barrieren zugunsten von Menschen mit Behinderung, Senior*innen, Pflegebedürftigen und Familien mit Kindern abzubauen oder Sie bleiben dabei, dass das Herstellen von Barrierefreiheit in Niedersachsen überwiegend eine Privatangelegenheit bleibt.

Noch nie war es so einfach, sich für das Richtige zu entscheiden!

Anrede,

in Deutschland gibt es ca. 800.000 barrierefreie oder barrierearme Wohnungen, gebraucht werden nach allen Untersuchungen mindestens 3 Millionen - und das nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Viele Pflegebedürftige müssen ihr vertrautes Umfeld trotz vorhandener ambulanter Hilfesysteme verlassen, weil die Wohnungen schlicht nicht barrierefrei sind. Oder fragen Sie mal Familien mit Kindern, ob es ihnen egal ist, wenn überall im Haus Hürden zu überwinden sind.

Ich frage Sie: Was spricht also dafür, eine Wohnung mit Barrieren zu bauen?

Das gleiche gilt doch erst recht für öffentliche Gebäude, Hotels und Gaststätten. Welchen Sinn macht es, Gebäude nur teilweise für alle Menschen erreichbar zu gestalten? Für Kunden vielleicht, für andere Besucher und Lieferanten möglicherweise, für Beschäftigte – naja, mal sehen?

Das ist doch mittelalterlich und in diesem Punkt sind uns sogar die USA meilenweit voraus, genauso wie viele europäische Länder!

Anrede,

ich bin mir sicher: Wenn wir also beim Neubau - gerade jetzt im aktuellen Bauboom – nicht die Konsequenzen aus der demografischen Entwicklung ziehen und so viel wie möglich barrierefrei gestalten, dann wird es teuer in der Nachrüstung der Gebäude!

Und ihr einziges Argument, Herr Kollege Matthiesen - die Kostenfrage - ist auch noch falsch, das ist doch nichts weiter als eine Verbeugung vor der Immobilienwirtschaft!

Den Beleg habe ich mal mitgebracht – niemand anderes als der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat im April eine Studie veröffentlicht, die der Geschäftsführer, Gerd Landsberg, wie folgt zusammenfasst:

„Die vorliegende Studie belegt, dass barrierefreies Bauen keine Frage der Kosten ist“

Konkret belegt die Studie: Barrierefreiheit macht nur gut 1% der gesamten Baukosten aus!

Für eine 75qm-Wohnung sind das Mehrkosten von 21,50 Euro pro Quadratmeter – Fenster, Türen, Bäder, Balkone, Aufzüge nach DIN-Normen zur Barrierefreiheit inklusive.

Auf Dauer heißt das ganz einfach: Barrierefreies Bauen liefert nur Vorteile für alle Nutzer*innen und selbst für Investor*innen – die meisten Akteure im Städtebau haben das bereits erkannt.

Anrede,

Rot-Grün hat mit dem Änderungsantrag zur Barrierefreiheit nochmal den ursprünglichen Gesetzestext vorgelegt - Sie können also heute schon wählen:

Modernes barrierefreies Bauen ermöglichen und damit Menschen mit Behinderung und viele andere nicht vor der Tür stehen zu lassen oder Sie enttäuschen die Menschen mit Behinderungen und viele andere ein weiteres Mal!

Damit würden Sie dann allerdings den letzten Beweis dafür liefern, dass Inklusion bei Ihnen keine Rolle spielt!

Vielen Dank.

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