Rede Thomas Schremmer: Antrag (FDP) zur Entkriminalisierung von Cannabis

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich bin den Kolleginnen und Kollegen von der FDP ausgesprochen dankbar für diesen Antrag, denn das Thema Cannabis und die Frage nach einer Entkriminalisierung werden bereits in vielen anderen Parlamenten und auch in der Öffentlichkeit konstruktiv diskutiert. Worum geht es hier also? Es geht um Verhältnis- und Verhaltensprävention, um aktive Aufklärung, es geht um die Stärkung von Selbstwirksamkeit und Vernunft der Konsumenten und es geht um Konsumsicherheit! All das leistet ein Verbot nachweislich nicht – wie man z.B. in Berlin im Görlitzer Park sehen kann.

Cannabis ist wie alle Drogen eine, deren Konsum negative Auswirkungen haben kann. Deshalb hat man sich dazu entschlossen, es zum Schutz der Bevölkerung zu verbieten. Die gesellschaftliche Realität zeigt jedoch, dass etwa 2,5 Mio. Menschen in Deutschland es dennoch regelmäßig konsumieren. Das Verbot verhindert also nicht den Konsum, führt aber dazu, dass es eine massive Schwarzmarktaktivität ohne jeglichen Verbraucher- oder Jugendschutz gibt.

Das ursprüngliche Ziel – der Schutz der Bevölkerung – wird also verfehlt. Gleichzeitig wird viel Geld in die Strafverfolgung investiert – jährlich 150.000 Verfahren bei geringem Konsum. Die Prohibition bringt also nicht nur keine Vorteile, sie hat sogar entscheidende Nachteile. Man könnte sogar sagen, das Schädlichste an Cannabis ist seine Kriminalisierung.

Insofern erscheint mir das ungefähr genauso sinnvoll, wie das seinerzeitige Verbot in der DDR, Westfernsehen zu schauen!

Anrede

Was also ist zu tun? Wir können diesen Zustand so beibehalten und die Fakten ignorieren - oder wir gehen neue Wege in der Drogenpolitik, weil wir nichts daran ändern können, dass Menschen Cannabis aus Genussgründen konsumieren, wir aber Jugend- und Verbraucherschutz dennoch sicherstellen wollen und auch müssen!

Der Antrag der FDP zeigt einen solchen Weg auf und auch die GRÜNE Bundestagsfraktion hat im letzten Jahr einen viel beachteten Entwurf für ein Cannabiskontrollgesetz vorgelegt, das in eine ähnliche Richtung geht: der Erwerb von Cannabis soll durch lizensierte Stellen mit geschultem Personal für Erwachsene zum Eigenbedarf und in geringen Mengen möglich sein. Der Schwarzmarkt würde dadurch eingedämmt, Jugend- und Verbraucherschutz wären gewährleistet und die Strafverfolgungsbehörden entlastet.

Anrede

Strafrechtsprofessoren, Jugendrichter und selbst der Bund der Kriminalbeamten haben den Gesetzentwurf begrüßt. Die Bundesregierung dagegen spricht von einem falschen Signal und von Verharmlosung. Darum geht es jedoch ausdrücklich nicht, denn die Gefahren sind bekannt – sie stehen aber nicht im Widerspruch zu der Debatte um eine Entkriminalisierung von Cannabis. Ganz im Gegenteil: nur so können wir realen Problemen begegnen, statt bestehende Strukturen zu zementieren. Bremen, Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Köln haben das ebenfalls erkannt und stellen entsprechende Überlegungen an und auch international entscheiden sich immer mehr Staaten für die Entkriminalisierung von Cannabis. Die Bundesregierung sollte davor nicht länger die Augen verschließen!

Anrede,

Cannabis ist nur ein Teilaspekt der Debatte um den gesellschaftlichen Umgang mit Drogen. Der Konsum von Alkohol und Tabak beispielsweise ist nicht weniger schädlich (sondern sogar eher mehr), als der von Cannabis. Er ist jedoch kulturell gewachsen und gesellschaftlich akzeptiert.

Stellen Sie sich mal vor, Sie gehen in den Supermarkt, um einen Kasten Bier zu kaufen. An der Kasse weist das Personal Sie darauf hin, dass Sie sich zuerst registrieren müssen, um alkoholische Getränke zu erwerben. Erst dann wäre Sie dazu befugt, könnten jedoch nur 5 Flaschen und keinesfalls die ganze Kiste kaufen. Schließlich sei Alkohol schädlich und jedes Jahr würden 74.000 Menschen an den Folgen des Konsums sterben.

Dieses Szenario hört sich zugegebenermaßen für Alkohol absurd an, aber es macht deutlich, dass die Debatte um eine Entkriminalisierung von Cannabis nicht sachlich und anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse geführt wird, sondern viel zu häufig ideologisch. Denn was für den Erwerb von Alkohol absurd klingt (vielleicht aber sinnvoller wäre), wäre ein richtiger Schritt im Umgang mit Cannabisprodukten.

Ich fasse zusammen:

  1.  Es geht um konsequenten und wirksamen Jugendschutz

  2. Es geht um staatlich kontrollierbare und damit sicher zu konsumierende Produkte (Reinheitsgebot)

  3. Es geht um wirksame, offene und öffentliche Prävention in allen Teilen der Gesellschaft

Das ist der richtige Weg, alle anderen Strategien sind nach meiner festen Überzeugung zum Scheitern verurteilt!

Für mich ist der Antrag der FDP ein ernsthafter Versuch für einen pragmatischen und damit vernünftigem Umgang mit dem Thema und ich bin gespannt auf die Ausschussberatungen.

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