Rede Thomas Schremmer: Aktuelle Stunde (FDP) zur Wohlfahrtspflege

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP,

das Sozialministerium und die Wohlfahrtsverbände haben gerade erst ihre neue Vereinbarung über die Förderbedingungen beschlossen, die allen Kritikpunkten des Landesrechnungshofes gerecht wird und von allen Seiten Zuspruch erhält, da kommen Sie und stellen das System im Grundsatz infrage. Wir haben diese Frage hier schon mehrfach diskutiert und ich kann Ihnen immer wieder nur empfehlen, einen Blick in das Grundgesetz zu werfen und sich das Sozialstaatsgebot zu vergegenwärtigen. Daran ändert auch das Informationsbedürfnis der EU-Kommission zu den Förderbedingungen nichts, die Landesregierung wird diesem selbstverständlich in allen Punkten nachkommen.

Ihre Argumente sind allerdings immer die gleichen und sie werden nicht richtiger, je häufiger Sie sie wiederholen:

  1. Sie behaupten, es gäbe durch die Förderung der Wohlfahrtspflege einen Wettbewerbsnachteil für gleichartige private Anbieter. Das ist falsch, denn eine Gleichwertigkeit liegt nicht vor:
    • Während die Mitgliedorganisationen der FW freigemeinnützig agieren und mögliche Erträge direkt wieder zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Zwecke reinvestieren, ist die Arbeit privater Anbieter auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet.
    • Die Arbeit der FW wird maßgeblich durch einen hohen Anteil an Ehrenamtlichen geprägt. Allein in Niedersachsen engagieren sich 500.000 Menschen ehrenamtlich in der FW. Das ist bei privaten Anbietern nicht der Fall. Ich frage Sie ernsthaft - Wo wären wir also in der aktuellen Situation ohne diesen Einsatz?
  1. Sie behaupten, die Freie Wohlfahrtspflege könne durch die Förderung Leistungen günstiger anbieten. Auch das ist falsch. Denn wenn man sich die Leistungen im Einzelnen anschaut, stellt man fest, dass es gerade die privaten Anbieter sind, die die günstigsten Angebote machen. Auf wessen Rücken dieser Preiskampf ausgetragen wird, muss ich Ihnen nicht ständig erzählen.
  2. Sie behaupten, privaten Anbietern würde der Marktzugang durch die Förderung der Freien Wohlfahrtspflege erschwert oder gar unmöglich gemacht. Ebenfalls falsch. Auch hier empfiehlt sich ein Blick in die Statistik, der deutlich macht, dass ein Großteil des Marktes von privaten Anbietern bestimmt wird – Tendenz steigend. Bei den ambulanten Pflegediensten bspw. haben die privaten Anbieter einen Marktanteil von 66%, die Freigemeinnützigen nur 31%.

Anrede,

Was sie dagegen nicht sagen ist, dass die Freie Wohlfahrtspflege einen großen Teil sozialer Dienstleistungen übernimmt, der überhaupt nicht marktfähig ist und damit für private Anbieter gar nicht interessant wäre, bspw. Kleiderkammern, Tafeln oder Besuchsdienste. Die Hilfsangebote der Freien Wohlfahrt orientieren sich nicht an wirtschaftlichen Gesichtspunkten, sondern an den Bedürfnissen von Menschen und sie stellt auch dort eine soziale Infrastruktur, wo Hilfe benötigt wird, und nicht dort, wo Standortfaktoren besonders vielversprechend sind.

Wir haben in Niedersachsen eine hervorragende soziale Infrastruktur mit Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und anderen mehr. Hätten wir diesen Bereich sozialer Dienstleistungen den freien Kräften des Marktes überlassen, würden wir heute mit Sicherheit eine Aktuelle Stunde zu fehlenden Betreuungsplätzen oder unzureichenden Angeboten in der ambulanten Pflege diskutieren. Stattdessen erwarten Sie eine Rechtfertigung, warum wir ein flächendeckendes Angebot fördern. Das ist paradox und geht an der Sache vorbei!

Anrede,

Diese Aktuelle Stunde zeigt einmal mehr, dass Sie die gemeinnützige Arbeit der freien Wohlfahrtspflege unter den Vorbehalt privatwirtschaftlicher Interessen stellen wollen! Das ist alles – und – ich füge hinzu - das ist im Sinne der Hilfebedürftigen in unserem Land eindeutig zu wenig!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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