Rede Thomas Schremmer: Aktuelle Stunde (FDP) zu Ladenöffnungszeiten in Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Es gibt keine Hängepartie – es gibt einen Gesetzentwurf der Landesregierung!

Insofern wirkt die Überschrift der Aktuellen Stunde der FDP wie eine Art „Vollverschleierung“ der eigentlichen Agenda!

Die lautet: Freie Fahrt für Sonntags-Shopping in den Kommunen!

Anrede,

Es gibt aber kein Grundrecht auf „Sonntags-Shopping“ – der verkaufsoffene Sonntag ist aus guten Gründen dem Recht auf Arbeitsruhe u.a. im Sinne des Schutzes von Familien nachrangig – wie das Bundesverfassungsgericht mehrfach sehr konkret entschieden hat.

Da heißt es in der Urteilsbegründung:

„Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Ladenöffnung bedeutet dies, dass die Ausnahme eines dem Sonntagsschutz gerecht werdenden Sachgrundes bedarf. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen. Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen.“

Allein daraus kann man schon ohne juristisches Staatsexamen erkennen, dass eine - wie von einigen Wenigen geforderte - beliebig ausgeweitete keinesfalls der Verfassung entspricht - erst recht nicht, wenn sie „anlasslos“ zustande kommt!

Insofern werden wir natürlich diesen Gesetzentwurf mit allen Beteiligten intensiv zu beraten haben und dabei vermutlich auch noch Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Anrede,

Wir haben eben in der aktuellen Stunde zu den Hebammen feststellen müssen, wie wenig Zeit wir ungeborenen Kindern z.B. in Krankenhäusern für die natürliche Geburt einräumen und damit für den Start ins Leben – und das aus überwiegend wirtschaftlichen Gründen!

Dafür soll aber rund um die Uhr innerstädtisches Shopping möglich sein?

Man muss aus meiner Sicht weder ein fleißiger Kirchgänger noch ein aufrechter Gewerkschafter sein, um diesen gesellschaftlichen Widerspruch zu erkennen!

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP

Sie haben ja gestern bei den Glückspielbetreibern den Versuch unternommen, sich für Arbeitnehmerinnenrechte stark zu machen – ich bin also mal gespannt, ob sie das auch für die vielen weiblichen Beschäftigten des Einzelhandels machen, deren Familien permanent unter ständig ausgeweiteten Arbeitszeiten zu leiden haben!

Anrede,

Ich finde, das BVerfG hat weise entschieden – deswegen brauchen wir eine umfassende Anhörung der unterschiedlichen Interessenvertreter, Gewerkschaften und Verbände.

Aber aus meiner Sicht und der meiner Fraktion sollten wir es den Kommunen und ggf. den Gerichten im Sinne der Grundrechte möglichst leicht machen – und das bedeutet aus meiner Sicht:

  • 4 Sonntagsöffnungen reichen grundsätzlich aus
  • Die Anlässe sollten weitestgehend konkret beschrieben sein – und
  • Weitere Feiertage sind zu schützen

Nicht mehr und nicht weniger – ich freue mich auf die Beratungen im Sozialausschuss!

Vielen Dank

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