Rede Stefan Wenzel: Katastrophale Finanzlage des Landes Niedersachsen?

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(weitere Reden finden Sie unter www.gruene-niedersachsen.de/landtag )
Anrede,
die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zur katastrophalen Haushaltslage des Landes Niedersachsen ist ein Dokument des Scheiterns. Die Wulff-Regierung scheitert an ihren eigenen Messlatten für eine solide Haushaltspolitik und an diesen Maßstäben muss sie sich messen lassen.
Die Landesregierung hat als erste Landesregierung in Niedersachsen überhaupt eine Abwägung vorgenommen. In der mittelfristigen Finanzplanung kann man nachlesen, dass sie sich neben der Verfassung des Landes Niedersachsen auch anderen bundes- und landesrechtlichen Regelungen verpflichtet fühlt.
Dies ist eine Abwägung zwischen den Vorgaben der Landesverfassung und den Wahlversprechen der CDU in Niedersachsen. Sie haben sich für fortgesetzten Verfassungsbruch entschieden und nehmen in Kauf, dass der verfassungswidrige Zustand länger als notwendig anhält.
Allein Ihre ideologisch motivierte Schulstrukturreform kostet den Gegenwert von 2000 Lehrerstellen und auch die 500 zusätzlichen Polizisten sind auf diesem Konto zu verbuchen.
Anrede,
schon der erste Fragenkomplex macht es deutlich: Diese Landesregierung stellt neue Negativrekorde auf. Eine kleine Tabelle im Anhang offenbart die Tatsachen. Dokumentiert werden die "offizielle" Neuverschuldung, die Investitionen und die Verfassungswidrigkeit der Haushalte des Landes Niedersachsen seit 1990. Auch ganz ohne die Einrechnung der Schattenhaushalte ist das Verhältnis von Nettokreditaufnahme zu eigenfinanzierten Investitionen - quasi der Indikator für den Grad der Verfassungswidrigkeit des Haushalts - mit fast 250% so schlecht wie noch nie zuvor. Diese Landesregierung liegt ständig im verfassungswidrigen Bereich und das wird vermutlich auch so bleiben. Das liegt an der hohen Neuverschuldung und am Rekordtief bei den Investitionen mit einer Investitionsquote von nur 7,1%. Unter Rot-Grün lag diese Quote in Niedersachsen übrigens fast doppelt so hoch und die Haushalte entsprachen der Verfassung.
Rechnet man bei den neuen Schulden des Landes noch das hinzu, was die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft und die Landestreuhandstelle in diesem Jahr an Krediten quasi im Auftrag des Landes aufnehmen, dann beträgt die Neuverschuldung nicht 2,15 Milliarden Euro, sondern 2,75 Milliarden Euro. Das möchte der Finanzminister natürlich nicht wahrhaben, denn dann bricht sein ganzes schönes Gebäude von der jährlichen Senkung der Nettokreditaufnahme zusammen. Darum wird so lange rumgetrickst bis das Ergebnis passt.
Herr Möllring, Sie nutzen jedes Schlupfloch bis an die Grenze der rechtlichen Belastbarkeit. Das ist zwar nicht illegal, gehört aber schnellstens unterbunden.
Anrede,
die strukturellen Probleme des Landeshaushalts sind allerdings noch weitaus größer. Denn neben der offiziellen Neuverschuldung und den Kreditaufnahmen über die Schattenhaushalte sind auch Vermögensveräußerungen notwendig, um die Ausgaben zu finanzieren. In diesem Jahr werden neben den Veräußerungserlösen aus dem Verkauf der Spielbanken, der mit 100 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt ist, noch weitere 100 Millionen Euro aus dem Landesliegenschafts- und dem Agrarstrukturfonds zur Haushaltsdeckung benötigt.
Während auf der einen Seite mit neuen Schulden und Vermögensveräußerungen der Haushalt kurzfristig ausgeglichen werden muss, wird von der Landesregierung auf der anderen Seite durch parteitaktisch motivierte Bundesratsblockaden ein vernünftiger Subventionsabbau vereitelt.
Nicht eine einzige Initiative kann die Landesregierung in der Antwort benennen, die Sie im Bundesrat ergriffen hat, um den im Grundsatz natürlich auch von ihr als richtig erkannten Subventionsabbau zu befördern. Herr Wulff will einfach nicht auf die presseöffentlich erteilten Empfehlungen seines Chefberaters Stefan Homburg hören, der die Landesregierung zu mehr Kooperation und verstärkten eigenen Aktivitäten beim Subventionsabbau im Bundesrat auffordert.
Anrede,
diese Landesregierung lobt sich permanent selbst dafür, dass mit der Verwaltungsreform im großen Umfang Stellen eingespart werden sollen. Leider sahen Sie sich nicht in der Lage, die Frage nach der Gesamtzahl der Neueinstellungen seit Beginn Ihrer Regierungszeit zu beantworten.
Was ist das eigentlich für eine Regierung, die nicht genau weiß, wie viele Menschen sie seit Beginn ihrer Regierungstätigkeit eingestellt hat?
Da müssen Sie erst eine Ressortumfrage machen, um überhaupt einen Überblick zu erhalten. Was ist das denn für eine Personalplanung?
Immerhin weiß der Finanzminister inzwischen wie viele Ausnahmen er vom Einstellungsstopp erteilt hat. Bis Ende März summieren sich die Ausnahmen unter Einbeziehung der Übernahme der Anwärterinnen, Anwärter und Auszubildenden auf 1.273 mit bisher entstandenen Ausgaben von über 61 Millionen Euro. Ich sage ausdrücklich nicht, dass überhaupt keine Ausnahmen vom Einstellungsstopp erteilt werden dürfen. Skandalös wird das Ganze, wenn gleichzeitig Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, ohne dass im einzelnen geprüft wird, ob sie nicht an anderer Stelle im Landesdienst z. B. auf einer der Stellen die durch Neueinstellungen besetzt wurden, eingesetzt werden können.
Anrede,
ich möchte noch auf den Teil der Anfrage eingehen, dessen Beantwortung die Landesregierung total verweigert hat. Mit dem Verweis darauf, dass es sich um den unausforschbaren Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung handelt, verweigert sie die Auskunft über Einsparpotentiale in den Ressorts. Schon im letzten Jahr habe ich den Finanzminister zwei Mal angeschrieben, um eine Auskunft hierzu zu erhalten. Damals hat Herr Möllring gar nicht geantwortet. Jetzt zieht er sich hinter den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zurück.
Dieses Verhalten zeigt, dass die Landesregierung weder den Parlamentariern noch den Bürgerinnen und Bürgern offen legen will, wo noch gespart werden kann und wo nicht. Sie streichen das Blindengeld, ohne die Alternativen zu diskutieren.
Anrede,
diese Landesregierung kriegt die Haushaltsprobleme nicht in den Griff, das beweist diese Antwort auf die Anfrage zur "Katastrophalen Haushaltslage des Landes Niedersachsen".
- Herr Wulff und Herr Möllring reißen ihre eigene Messlatte was die Absenkung der Neuverschuldung betrifft.
- Sie verschleiern die Verschuldung in Schattenhaushalten.
- Sie blockieren aus parteitaktischen Motiven einen vernünftigen Subventionsabbau im Bundesrat.
- Sie haben keinen Überblick über die Neueinstellungen im Landesdienst.
- Sie schicken 50-jährige in den Ruhestand ohne eine alternative Verwendung zu prüfen.

- und sie verstecken sich hinter dem so genannten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung weil sie den Wettbewerb um die besseren Einsparvorschläge scheuen.

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