Rede Stefan Wenzel: JadeWeserPort muss Erfolgsgeschichte werden – keine Verzögerungen beim Ausbau des Hafengrodens und der Verkehrsanbindung

Anrede,

Herr Ministerpräsident,

Sie und das Vergaberecht, das sind zwei Welten: Erst hatten Sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.

Bei den Landeskrankenhäusern haben Sie Berater für 3,9 Mio. € engagiert, um die Vergaben und die Privatisierung abzuwickeln. Leider mussten wir feststellen, dass Ihre "Experten" noch nicht einmal über eine Uhr verfügten, um den Eingang der Angebote sachgerecht und gerichtsfest zu dokumentieren.

Es folgte eine Niederlage vor der Vergabekammer. Dann stellte sich heraus, dass Ihr Finanzminister und Ihre Sozialministerin mit der Kontrolle ihrer Auftragnehmer heillos überfordert waren.

Anrede,

jetzt steht das Projekt JadeWeserPort unter keinem guten Stern. Es ist erneut zu befürchten, dass es Einsprüche vor der Vergabekammer und Klagen vor Gericht geben wird. Sie haben zudem Fakten geschaffen, die mögliche Kläger schon jetzt jubeln lassen.

Das würde nicht nur zu erheblichen Verzögerungen beim Baubeginn führen. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Sache viel teurer wird als erwartet, weil ein überhöhtes Gebot zum Zuge kommt und zumindest ein Teil der EU-Fördermittel zu verfallen droht.

Anrede,

beim JadeWeserPort sollte es die JWP-Realisierungsgesellschaft mit Hilfe eines hochkarätig besetzten Aufsichtsrates und einem Lenkungsausschuss richten. Das Ergebnis zeugt erneut von beispiellosem Missmanagement und Überforderung der Akteure.

Wirtschaftsminister Hirche saß offenbar zu lange auf der Zuschauerbank und hat nicht erkannt, dass die Mannschaft heillos zerstritten war. Jetzt, Herr Minister, droht Ungemach bei Ihrem "Juwel der Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik".

Die Situation ist mittlerweile völlig verfahren.

Zwei Bieter sind übrig geblieben. Einer hat ein Nebenangebot vorgelegt, dass 53 Mio. € günstiger war als die Standardlösung. Offenbar gibt es auch einschlägige Gutachter, die diese Lösung für machbar befunden haben. In Skandinavien wurden bereits Terminals nach diesem Verfahren gebaut.

Anrede,

Ihren Chefplaner haben sie unter mysteriösen Umständen entlassen. Anlass war angeblich ein Zeitungsartikel in der Ostfriesenzeitung und zu große Nähe zu dem mittelständischen Bieter. Auf Nachfrage hat das Wirtschaftsministerium im Ausschuss zudem behauptet, dass es schon vorher Anzeichen für eine Befangenheit bei dem Chefplaner gegeben habe. Ob das stimmt darf bezweifelt werden, aber die Aussage steht im Raum.

Anrede,

belegt ist zudem, dass die künftige Betreiberin des Hafens, die zur Bremer Lagerhaus Gesellschaft gehörende Eurogate, massiv Einfluss auf das Vergabeverfahren genommen hat. Sie hat einen Bieter bevorzugt, der seit Jahrzehnten in Bremen Hafenbau betreibt. Ein Bieter, der für Bremenports den Containerterminal CT IIIa gebaut hat, im Moment CT IV baut und mit der dortigen Hafenwirtschaft mehr als eng zusammenarbeitet.

Wenn man sich die handelnden Personen bei JWP-R, Bremenports, BremenPorts Consult, Bremer Lagerhaus Gesellschaft und Eurogate anguckt wird der Zusammenhang ebenfalls deutlich.

Mir ist völlig schleierhaft, wie Sie unter solchen Vorzeichen eine glaubwürdige und unvoreingenommene Vergabeentscheidung fällen wollen, die vor Gericht Bestand haben kann.

Anrede,

blanker Hohn ist die Unterstellung zu großer Nähe bei Chefplaner Starke, wenn man sich zeitgleich die Verflechtungen auf Bremer Seite anguckt. Fast alle Akteure haben jeweils in Doppelfunktion am Tisch gesessen. Und wenn man sich die Zusammensetzung des erweiterten Vergabeteams anguckt, kann man sich nur wundern. Hier soll keine Befangenheit vorliegen? Da lachen ja die Hühner.

Anrede,

Sie haben ein Problem Herr Wulff. Entscheiden Sie sich für Bunte, wird HochTief klagen, wegen unterstellter Befangenheit des Chefplaners.

Entscheiden Sie sich für HochTief, wird Bunte klagen, weil die Einflussnahme des Betreibers und die Interessenkonflikte bei Holtermann & Co unübersehbar sind.

Anrede,

Herr Wulff, Sie haben sich ganz offenbar ganz gewaltig über den Tisch ziehen lassen.

Hier geht es aber nicht um die Ausschreibung von Schreibbedarf für die Niedersächsische Staatskanzlei, sondern um eine strategische Entscheidung, die für die Hafenwirtschaft in der deutschen Bucht von großer Bedeutung ist.

Am Tisch sitzen offenbar Akteure, denen es egal ist, ob die öffentliche Hand am Ende 30, 50 oder 100 Millionen Euro zusätzlich auf den Tisch legen muss. Fatalerweise sind es ausschließlich niedersächsische Euros.

Beunruhigend ist zudem, dass der Frühstücksdirektor im Wirtschaftsministerium – ich meine den, der frei von Schuld und frei von Verantwortung ist – von all dem völlig unberührt blieb.

Da es sich um das größte Bauprojekt des Landes handelt frage ich mich, was der Minister unternommen hat, um diese desaströse Entwicklung in den Griff zu bekommen.

Sie, Herr Wulff, hätten ebenfalls eingreifen können, aber Sie waren zu oft und zu viel mit dem Fortgang Ihrer bundespolitischen Karriere und der Kommentierung von allerlei Irrlichtern beschäftigt.

Anrede, Herr Wulff,

Sie werden einen Prozess gegen die Vergabeentscheidung nicht durchstehen, egal wie sie ausfällt.

Und wenn sich herausstellen sollte, dass die Entscheidung tatsächlich schon gefallen ist, wie der Weserkurier heute meldet, wird es ganz eng.

HochTief war bei Ihrem Vergabeteam bereits aus dem Rennen, weil das Angebot in wichtigen Punkten nicht der Ausschreibung entsprach. Dann haben einige Leute die Brechstange angesetzt – bis hin zur Manipulierung von Akten. Solche Methoden dürfen keinen Erfolg haben.

Deshalb ist schon heute klar, dass sich Ihr Missmanagement in seiner Wirkung nur begrenzen lässt, wenn eine Neuausschreibung erfolgt. Das ist der sauberste Weg. Das ist misslich, das kostet nach Einschätzung Ihrer eigenen Beamten aber weniger Zeit als ein verlorener Prozess. Letztlich ist die Entwicklung aber kalkulierbarer als bei einer Vergabe vor dem Hintergrund der beschriebenen Rahmenbedingungen.

Ein Satz zum Antrag der SPD: Wir lehnen ihn trotz richtiger und wichtiger Ansätze ab, Herr Jüttner, weil die Autobahn A22 die niedersächsischen Hafenstandorte nicht stärkt, sondern als Rollbahn für die ARA-Häfen Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen fungiert. Das machen wir lieber auf dem Wasser und fertigen die Güter in Bremen, Niedersachsen, Hamburg oder über die Ostseehäfen ab.

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