Rede Stefan Wenzel: Haushalt konsolidieren, Einsparmöglichkeiten offen legen

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Anrede,
in den letzen 10 Tagen wurden hier in Niedersachsen fast täglich neue Haushaltsdesaster präsentiert.
Am 11. Mai hat der Rechnungshof seinen Jahresbericht vorgestellt, in dem unter anderem wörtlich zu lesen ist, ich zitiere
 S. 6: "Wiederum ist gegen das Gebot der vollständigen Veranschlagung und damit gegen die Grundsätze der Haushaltsklarheit und –wahrheit verstoßen worden."
 S. 31: "Es wurden Maßnahmen gefördert, deren Finanzierung auch ohne staatliche Zuwendungen gesichert war."
 S. 46: "Der Haushaltsplan, die Haushaltsrechnung und die Mipla liefern keine übersichtlichen Informationen über den Personalbestand der Landesverwaltung, die Personalausgaben und ihre künftige Entwicklung."
Am 12. Mai hat der Finanzminister selbst die regionalisierten Ergebnisse der Steuerschätzung für 2005 und 2006 präsentiert. Danach ergeben sich im laufenden Jahr aller Voraussicht nach Steuermindereinnahmen von 264 Millionen Euro und für das kommende Jahr 586 Millionen Euro. Hinzu kommen Haushaltsrisiken aus zu niedrig veranschlagten Ausgaben und zu hoch veranschlagten Verkaufserlösen.
Als vorläufigen Höhepunkt haben dann am 17. Mai der Bund der Steuerzahler und Professor Homburg den Staatsbankrott für Niedersachsen vorhergesagt.
Und jetzt kommt’s: Was sagt die Landesregierung dazu?
"Finanzminister Möllring sieht sich in seiner Haushaltspolitik bestätigt", lautet der Titel der Pressemitteilung aus dem Finanzministerium vom gleichen Tage.
Meine Damen und Herren,
das Einzige was hier bestätigt wird ist, dass Herr Möllring mit einem "Weiter so" Niedersachsen in den Ruin treibt und als Bankrotteur enden wird.
So sieht es aus. Und die Erklärung des Finanzministeriums vom 19. Mai, dass sich die zu erwartenden Steuerausfälle für 2007 und 2008 auf insgesamt weitere 1,8 Milliarden Euro belaufen werden, ist ein weiterer Beleg für die Dramatik der Situation.
Herr Minister, Sie gehen demnächst wieder in Klausur. Dann werden wir über den schweren Sparkurs lesen, über die Opfer die jedes Ressort zu erbringen hat und darüber, dass unter Schwarz-Gelb trotzdem alles gut wird.
Herr Möllring, der Film der hier läuft heißt "Spar Wars – Teil 3 – Im Land des Röchelns" und was Sie uns als Spar-Kurs verkaufen wollen, das endet im Kon-Kurs.
Anrede,
angesichts dieser dramatischen Finanzsituation ist es unglaublich, dass sich die Landesregierung weigert, dem Landtag darzustellen bei welchen Förderungen, Programmen und sonstigen Aufgaben es auf Landesebene Konsolidierungsmöglichkeiten gibt. Warum diese Geheimniskrämerei? Will der Finanzminister seine eigenen Ministerkolleginnen und –kollegen und die Regierungsfraktionen dumm halten? Sowohl der Landtag, als auch die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wo überhaupt noch Kürzungsmöglichkeiten vorhanden sind.
Bei der Aufstellung des Haushalts für dieses Jahr hat der Finanzminister ressortspezifische Konsolidierungsmöglichkeiten von ca. 350 Millionen Euro ermittelt. Davon wurde ungefähr ein Drittel tatsächlich eingespart. Laut Mittelfristiger Finanzplanung gibt es für das kommende Jahr noch "theoretische ressortspezifische Konsolidierungsmöglichkeiten in Höhe von 444 Millionen Euro".
Herr Möllring, das reicht noch nicht mal aus, um die prognostizierten Einnahmeausfälle nach der Steuerschätzung auszugleichen, geschweige denn die von Professor Homburg ermittelte Nachhaltigkeitslücke von 2,5 Milliarden Euro zu schließen.
Anrede,
wir brauchen hier im Landtag eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Maßnahmen, die notwendig sind, um den Landeshaushalt verfassungskonform zu gestalten und den Bankrott abzuwenden. Dafür muss die Landesregierung dem Landtag die noch vorhandenen Einsparpotenziale darstellen. Wir brauchen einen Nachtragshaushalt, um kurzfristig die Haushaltslöcher in diesem Jahr in einem geordneten demokratischen Verfahren zu schließen und wir brauchen eine vernünftige Finanzplanung über die Mipla hinaus, um die notwendigen Veränderungen abbilden zu können.
Meine Fraktion hat mehrfach strukturell wirksame Einsparvorschläge gemacht wie beispielsweise die schon im letzten Jahr vom Rechnungshof und jetzt auch vom Bund der Steuerzahler angeregte Erhöhung der Lebensarbeitszeit für Polizeibeamte mit Führungsaufgaben. Die Landesregierung hat dazu im letzten Monat in einer Unterrichtung erklärt, sie beabsichtige keine Änderungen. Wo bleibt da die "konsequente, tabulose Kultur des Sparens" die der Finanzminister wie ein Laser-Schwert vor sich herträgt?
Wir haben vorgeschlagen, die voraussetzungslose Altersteilzeit zu überdenken. Wir haben die ausufernden Frühpensionierungen kritisiert – Reaktion Fehlanzeige. Die Pension mit 50 wird zum Markenzeichen der Regierung Wulff. Hängematte für Beamte, aber harte soziale Einschnitte für Blinde und Ruhestand mit 67 für den "gemeinen Rentner". Das versteht kein Mensch! Das sind die Kaltluftzonen in den neuen niedersächsischen Galaxien.
Anrede,
allein über die Ausgabeseite lässt sich die Haushaltskrise des Landes aber nicht bewältigen. Den gigantischen Haushaltslöchern stehen nur relativ geringe Konsolidierungspotentiale auf Landesebene gegenüber. Auch die Einnahmeseite muss angemessen berücksichtigt werden, um nicht nur in Niedersachsen, sondern auch für andere öffentliche Haushalte den Bankrott abzuwenden und die notwendigen Bildungsausgaben zu sichern.
Herr Wulff, geben Sie endlich Ihre parteitaktische Blockade im Bundesrat auf und machen Sie den Weg für einen vernünftigen Subventionsabbau frei. Forschung, Entwicklung und Bildung: Das schafft Dynamik. Das schafft Arbeit. Der alte Speck muss weg.

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