Rede Stefan Wenzel: Fracking: Schmutzige Technik für schmutziges Gas - Trinkwasserschutz garantieren - Bergrecht reformieren!

Landtagssitzung am 09.05.2012

Stefan Wenzel, MdL

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Katastrophe im Golf von Mexiko hat vielen Menschen die Augen geöffnet, was die Sicherheitsbestimmungen bei der Öl- und Gasindustrie angeht, und hat uns eindrucksvoll vor Augen geführt, welche Gefahren dort drohen. Dazu kam ein Film über das Fracking in den USA, eine Technik, die dort im großen Umfang angewendet wird. Der Film "Gasland" hat gezeigt, dass Methan im Trinkwasser in Dosen auftreten kann, die gesundheitlich erheblich beeinträchtigen können.

Methan in Trinkwasserquellen ist nach einer neuen Studie im Umkreis von 1 km rund um Frackingbohrungen bis zu 17-fach höher. Das lässt ahnen, dass dabei Prozesse in Gang gesetzt werden, die wir heute noch gar nicht in ihrer gesamten Dimension begreifen.

Die Sensibilität für die Aktivitäten der Öl- und Gaskonzerne ist durch diese Entwicklung geschärft worden. Wir haben es hierbei mit den größten Konzernen der Welt zu tun: mit Shell, Exxon und anderen. Das sind Konzerne, die Gewinne in Höhe von 30 Milliarden oder 40 Milliarden pro Jahr einfahren. Von daher kann es in dieser Frage nicht darum gehen, dass der Umweltschutz am Ende am Geld scheitert.

Meine Damen und Herren, die Konzerne sind trotz ihrer Größe unter Druck geraten. Das hat auch den Konzern Exxon in Niedersachsen zu einem Dialogprozess veranlasst, der erst einmal durchaus als positives Beispiel zu sehen ist.

Vielen Dank. - Die Untersuchung hat gezeigt, dass die sozialen und gesellschaftlichen Probleme und Herausforderungen noch größer sind als die technischen Probleme. Wir würden, wenn wir Fracking offensiv anwenden, unsere ländliche Landschaft in eine Industrielandschaft verwandeln und würden den Charakter dieser Landschaft völlig verändern.

Auch die technischen Probleme sind sehr ernst. Wir sprechen von "schmutzigem Gas", weil das geförderte Gas aufgrund des hohen Methangehalts von der Klimabilanz her bis zu 183 % schlechter ist als das konventionelle Gas. Wir haben chemische und toxische Stoffe im Trinkwasser und im Grundwasser zu fürchten. Wir haben das Problem der Verpressbohrungen und der alten Bohrungen, die teilweise nicht mehr bekannt sind. Jetzt ist auch Exxon sensibilisiert und will nur noch Versuchsexplorationen betreiben. Aber sie wollen weitermachen, allerdings mit verminderter Geschwindigkeit.

Eine einheitliche Position der Landesregierung ist nicht erkennbar. Herr Bode ist in den letzten Wochen stiller geworden. Er hat immer mehr Probleme mit Lagerstätten, mit Wasserleitungen in verschiedenen Regionen des Landes. Sein LBEG erweist sich als unfähig, die Probleme in den Griff zu bekommen. Wir haben sogar gehört, dass ein Mitarbeiter im Nebenberuf als Lieferant der Ölindustrie tätig war. Das alles sind Nachrichten, die sich nicht gut anhören. Schwarz-Gelb im Bund kann sich nicht einigen. Auch dort gibt es gegensätzliche Positionen.

Ich muss feststellen: Das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium haben in der Vergangenheit Genehmigungen erteilt und haben die Dimension der Probleme nicht erkannt. Sie haben auch keine Vorsorge für die Haftung im Schadensfall getroffen. Das kann für die Anwohnerinnen und Anwohner im Zweifelsfall teuer werden.

Meine Damen und Herren, die Sonderrechte für Kohle- und Stahlbarone, die im vorvorletzten Jahrhundert im Bergrecht verankert wurden, dürfen jetzt nicht von den Ölmultis für das Fracking genutzt werden. Deswegen wollen wir, dass das Bergrecht endlich in das Umweltrecht integriert wird, dass das Bergrecht endlich Teil des Umweltrechtes wird, dass die selbstverständliche Öffentlichkeitsbeteiligung bei Vorhaben Standard wird. Wir wollen die UVP-Pflicht. Wir wollen nicht irgendwelche Voruntersuchungen, die wieder dazu führen, dass das am Ende irgendwo im Ministerium, irgendwo im Landesbergamt im nicht öffentlichen Raum entschieden wird. Wir müssen öffentliche Nachweise haben, um am Ende nach 20 oder 30 Jahren auch in Haftungsfragen noch nachweisen zu können, warum und von wem chemische Stoffe im Grundwasser, im Boden oder im Trinkwasser gelandet sind.

Eines, Herr Bode, muss auch klar sein: In Trinkwasserschutzgebieten sollte man mit Bergbau ganz vorsichtig sein, man sollte die Finger ganz davon lassen. Unsere Trinkwasserressourcen sind so wichtig, dass wir sie über Jahrhunderte hinweg bewahren müssen. Deshalb sollten wir ganz davon wegbleiben.

Am Ende halte ich es für sinnvoll, für die Nutzung von Fracking ein 30-jähriges Moratorium anzusetzen und zunächst die Potenziale zu nutzen, die wir im Rahmen der Energiewende haben. Wir können in den nächsten Jahrzehnten unsere Energieversorgung auf regenerative Quellen umstellen. Dann kann die nächste Generation immer noch entscheiden, ob beim Fracking die Gefahren oder die Chancen überwiegen.

Ich bitte, das ernsthaft zu diskutieren, und danke Ihnen fürs Zuhören.

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