Rede Stefan Wenzel: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2007

Anrede,

der heute vorgelegte Nachtragshaushalt 2007 ist der dritte Landtagswahlkampfhaushalt der CDU/FDP-Landesregierung in Folge.

Erst der Nachtrag 2006, mit Mehrausgaben zum Beispiel für die Polizei.

Dann der Haushalt 2007, verabschiedet letzten Dezember. Etwas für Kinder, mehr Geld für Beamtinnen und Beamte und jede Menge kleine Präsente, mit denen die Abgeordneten der Regierungsfraktion durch die Wahlkreise ziehen.

Und schon ein viertel Jahr nach Verabschiedung des diesjährigen Haushalts, gibt es jetzt den ersten Nachtrag. Weniger Kitagebühren, mehr für manche Kommunen und für die FDP endlich einen kleinen Innovationsfonds.

Ob als Nikolaus, Weihnachtsmann oder Osterhase. Seit Ende letzten Jahres ist Minister Möllring immer mit Geschenken unterwegs.

Einiges davon wäre vielleicht begrüßenswert, wenn die Finanzierung stimmen würde.

2007 werden, unter Einbeziehung der Kapitalmaßnahmen bei der NORD/LB, Ausgaben in Höhe von insgesamt  2,7 Milliarden Euro nicht aus regulär fließenden Einnahmen, sondern durch neue Schulden und aus einmaligen Verkaufserlösen finanziert. Und das trotz Mehrwertsteuererhöhung und guter Konjunktur.

Die offizielle Neuverschuldung beträgt immer noch 1,3 Milliarden Euro.

Über den Schattenhaushalt Landestreuhandstelle werden weitere 200 Millionen Euro neue Schulden aufgenommen.

Zusätzlich müssen 222 Millionen Euro nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen, die beim Ausschöpfen natürlich zu neuen Schulden werden, als so genannte Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage, zum Haushaltsausgleich eingebucht werden.

Und von den Verkaufserlösen in Höhe von fast einer Milliarde Euro werden - abzüglich der Kapitalzuführung an die NORD/LB - 260 Millionen benötigt, um den Haushalt zu decken.

80% des mit dem Nachtragshaushalt gestiegenen Ausgabevolumens werden durch bisher noch nicht genutzte Kreditermächtigungen und den Verkauf  von stillen Einlagen bei der NORD/LB, so genannten Perpetuals, finanziert. Einsparungen gibt es lediglich bei den Zinsausgaben, das ist zwar schön, aber nicht solide, denn steigende Zinssätze können diesen Effekt in kürzester Zeit zunichte machen.

Anrede,

mit dem Nachtragshaushalt sollen zum überwiegenden Teil Ausgaben beschlossen werden, die dauerhaft finanziert werden müssen.

Das gilt sowohl für den Kommunalen Finanzausgleich, als auch für die Einführung des beitragsfreien dritten Kindergartenjahres. Neben der Tatsache, dass beide Maßnahmen etliche ungelöste Detailprobleme und Verwerfungen mit sich bringen, werden sie in den kommenden Jahren zu Mehrausgaben führen. Dies ist bei den in der Mittelfristigen Planung angegebenen Haushaltslöchern, 2008 in Höhe von 750 Millionen Euro, 2009 in Höhe von einer Milliarde Euro und 2010 in Höhe von 1,2 Milliarden Euro noch nicht berücksichtigt. Die Einnahmeausfälle durch die geplante Unternehmensteuerreform sind dabei noch nicht eingerechnet. Auch gibt es bisher in Niedersachsen keinerlei Vorsorge für die steigenden Pensionslasten und auch keinerlei neue Vorschläge zur weiteren Eindämmung der Beihilfelasten.

Anrede,

für Investitionen im Bildungsbereich muss es, damit nicht neue Lasten für zukünftige Generationen aufgehäuft werden, Gegenfinanzierungen durch Einsparungen an anderen Stellen geben. Wir haben daher Vorschläge gemacht, die Betreuungs- und Ganztagsangebote bedarfsgerecht sicherstellen und wohlgemerkt erst mit zweiter Priorität auch Kostenfreiheit anstreben. Eine Umwandlung des Ehegattensplittings, hin zu einer verfassungskonformen Individualbesteuerung zur Finanzierung von Betreuungsplätzen für Kleinkinder, ist sozial gerecht, kinderfreundlich und kommt dem Bedürfnissen von Frauen entgegen, die erwerbstätig sein wollen oder müssen. Mittlerweile sind mehr als 43 Prozent der Ehen, die vom Splitting profitieren entweder kinderlos oder haben keine Kinder mehr, für die Kindergeld gezahlt wird. Den größten Splittingvorteil haben Ehepaare mit einem Alleinverdiener, der ein Spitzengehalt mit nach Hause bringt. Alleinerziehende dagegen gehen leer aus. Das hergebrachte Ehegattensplitting orientiert sich an falschen und nicht mehr zeitgemäßen Familienvorstellungen, eine Umwandlung ist lange überfällig

Konsens gibt es, wie mir scheint, inzwischen darüber, dass die Finanzmittel, die auf Grund der zurückgehenden Kinderzahl frei werden, dem Bildungssystem nicht entzogen werden. Das ist gut so.

Anrede,

das was jetzt mit dem Haushalt und dem Nachtragshaushalt 2007 von der Landesregierung im Bereich der Kinderbetreuung angefangen wird ist unzureichend, löst die wirklichen Probleme nicht. Es ist weder vernünftig durchdacht, noch vernünftig finanziert. Die 20 Millionen Euro, die in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden, dienen ja nur zu einem kleinen Teil zum Ausbau der Versorgung der unter Dreijährigen in Tageseinrichtungen. Es sollen damit auch Tagesmütter, Verbesserungsmaßnahmen für die frühkindliche Bildung, Servicebüros und  Vernetzungsmaßnahmen finanziert werden.

Auch für das jetzt mit dem Nachtragshaushalt eingeleitete kostenfreie Kitajahr hat die Landesregierung kein vernünftiges Konzept. Ob und in welcher Höhe soll es eine Pauschale für die Kommunen geben und welche Betreuungsquantität und –qualität soll damit abgegolten sein? Wie sollen die zusätzlich dauerhaften Ausgaben dauerhaft finanziert werden? Bisher gibt es von Seiten der Landesregierung darauf keine durchdachten Antworten.

Wozu auch? Während sich die Bundes-SPD mit Gegenfinanzierungskonzepten für mehr Betreuungsplätze rumquält sagt Herr Wulff: "Wenn man etwas zusätzlich tun will, muss man auch zusätzliches Geld aufwenden."  Wer genauer nach Niedersachsen schaut, weiß, das sind zusätzliche Schulden.

Anrede,

der vermeintliche Spareifer der Regierungsfraktionen ist mit dem näher rückenden Landtagswahltermin völlig zum Erliegen gekommen ist. CDU und FDP wollen sich einfach nicht mehr mit mühsamen und unbequemen Einsparvorschlägen, die zukünftig strukturell den Landeshaushalt entlasten würden, rumquälen.

Die Landesregierung hofft auf eine weiterhin gute Konjunktur mit erheblichen Steuermehreinnahmen. Und notfalls soll auf bisher noch nicht ausgeschöpfte Kreditermächtigungen und weitere Verkaufserlöse zur Finanzierung zurückgegriffen werden.

Es gibt eben keinen dauerhaften Konsolidierungswillen bei CDU und FDP.

Ab September werden wir den nächsten und dann vorerst letzten Haushalt in dieser Legislaturperiode debattieren. Festzuhalten bleibt aber schon heute, alles was Wulffs Regierung noch zu bieten haben wird, ist Wahlkampf: Innovationskampagnen aus dem Hause Hirche, Hochglanzbroschüren zur Verwaltungsreform aus dem Innenministerium oder eben Landeshaushalte von Möllring.

Zurück zum Pressearchiv