Rede Stefan Wenzel: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für die Jahre 2012 und 2013 - Schlusserklärung

Landtagssitzung am 09.12.2011

Stefan Wenzel, MdL

Anrede,

diese Woche hat bei der Niedersächsischen Landesregierung keine Spuren hinterlassen, sondern Furchen.
Herr McAllister, die personelle und inhaltliche Erschöpfung in Ihrem Kabinett und in den Fraktionen von CDU und FDP ist alarmierend.

Das Ausmaß an Orientierungslosigkeit und Verantwortungslosigkeit ist beängstigend.
Ob Sie es glauben oder nicht:
wir machen uns Sorgen.
Die Leidtragenden Ihres Selbst-Ruins sitzen doch nicht in der Opposition - die Leidtragenden sind
die jungen Eltern, die händeringend nach Betreuungsangeboten für ihre Kinder suchen,
das sind die Schüler, deren Bildungschancen unter die Räder kommen,
die Leidtragenden sind die Geringverdiener, denen faire Löhne verwehrt werden, auch weil diese Landesregierung nichts für den gesetzlichen Mindestlohn tut – und
die Leidtragenden sind die Flüchtlinge, denen Barmherzigkeit verwehrt wird!

Anrede,
wohl selten gab es Zeiten solch großer Verunsicherung.
Seit Monaten reiht sich eine Eurorettung an die nächste. Staatschefs kämpfen um die "letzte Chance" für Europa, titelt die HAZ heute.

Trotz immer deutlicherer Zeichen einer beginnenden Klimakrise, bekämpfen Teile der Koalition die Energiewende.

Rechtsterroristen überziehen die Republik mit einer Mordserie während Innenminister, Polizei und Verfassungsschutz alle Anzeichen von Rechtsterrorismus ignorierten.

In Niedersachsen vergeht kein Tag ohne neuen Regierungsskandal. Skandalöse Abschiebungen, Polizeipräsidenten im Rotlichtviertel und bei Gratiskonzerten, willkürliche Beförderungen und Versetzungen.

Anrede,

der Ministerpräsident sucht den Schulterschluss mit diesem Innenminister, schließt Blutsbrüderschaft und geißelt angeblich haltlose Unterstellungen.
Dabei ist längst klar. Im Innenministerium ist nicht nur Rauch, da ist auch Feuer. Und alles was jetzt noch auf den Tisch kommt, fällt dem Ministerpräsidenten persönlich auf die Füße.

Anrede,

und wer kann sich hier im Haus eigentlich an einen Haushalt erinnern, der einen Tag nach Drucklegung schon wieder im Papierkorb landete. Wenn der Tisch wackelt, so der Finanzminister, sei der Haushaltsentwurf hilfreich.

Dann haben Sie nachgebessert, um die Verfassung einzuhalten.

Jetzt schlagen Sie einen Haushalt mit 1,225 Milliarden Euro Neuverschuldung mit neuen Krediten vor und 638 Millionen Euro mit alten Krediten, dazu eine vorzeitige Abrechnung mit den Kommunen, der Verkauf von Aktien und ein Griff in die Versorgungsrücklage des öffentlichen Dienstes.

2,2 Milliarden Euro beträgt die tatsächliche Unterdeckung Ihres Haushaltsplanentwurfes!
Sie steigern die Ausgaben um 5,1 Prozent und legen zudem einen Doppelhaushalt vor, um eine für Sie peinliche Beratung vor den Wahlen im Januar 2013 zu vermeiden.

Anrede,

möglicherweise kommt es noch dicker. Am kommenden Freitag wird der Staatsgerichtshof entscheiden, ob die Verwendung alter Kreditermächtigungen zulässig ist. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass Ihr neuer Haushaltsplanentwurf am kommenden Freitag ebenfalls zur Möbelstütze wird.

Zu allem Überfluss scheitert die NordLB am neuen Bankenstresstest. Am 14. April 2011 hat uns Finanzminister Möllring hier im Parlament versichert, dass die NordLB mit der vorgesehenen Kapitalstärkung die Stresstests der Europäischen Bankenaufsicht besteht. Damals sagte er:

" ”¦ müssen wir handeln, damit die NordLB diese Tests besteht"

und weiter "Testverlierer gelten als nicht mehr kreditwürdig, und das können wir uns nicht leisten."

Anrede,

heute haben wir den 9.12.2011: Jetzt sind Sie durchgefallen, schimpft auf die Bankenaufsicht und fordert eine neue Bürgschaft von 1,5 Milliarden Euro vom Land.

Zugegeben: Die Kriterien der Bankenaufsicht sind schwer nachvollziehbar, aber ich frage mich schon, warum Ihre Kanzlerin und andere Regierungschefs aus der Familie der Europäischen Volkspartei in acht Monaten nicht in der Lage waren, für klare und nachvollziehbare Kriterien der Bankenaufsicht zu sorgen.

Anrede,

am meisten sorgt mich, dass diese Landesregierung meint, all diese Warnzeichen ignorieren zu können.

Statt mit dem Haushalt die kommenden Aufgaben und die Planung der Landesregierung zu beschreiben, werden buchhalterisch die Bedarfe der Ressorts abgearbeitet. Eine ernste Vorsorge für die Herausforderungen der Schuldenbremse lässt diese Regierung schmerzlich vermissen. Stattdessen stimmen Sie auch noch einer Steuersenkung zu – zum Schaden der Länder und Kommunen, wieder einmal sozial unausgewogen und ungerecht.

Anrede,

wir erleben zugleich eine soziale, ökonomische und ökologische Verunsicherung:

  • Die Antwort der CDU heißt: Augen zu und durch. Hauptsache konservativ wählen, alles wird gut.
  • Die Antwort der FDP heißt: Hauptsache die FDP retten.

Anrede,

Ihrer Regierung Herr Ministerpräsident steht das Wasser bis zum Hals und Ihnen fehlt die Kraft zur Kurskorrektur – im Bund wie im Land.

CDU und FDP taumeln nach dieser Woche schwer angeschlagen in die Winterpause.

Darüber kann niemand jauchzen und frohlocken.
Schwarz-Gelb ist zu einem gefährlichen Risiko für die Zukunft Niedersachsens geworden.

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