Rede Stefan Wenzel: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 - Abschluss

Anrede,

wohl noch nie in der Geschichte Niedersachsens ist eine Regierungspersonalie in so kurzer Zeit komplett vergeigt worden, wie die Ernennung von Astrid Grotelüschen zur Tierschutzministerin in Niedersachsen.

Was eine Aufwertung der Branche der Massentierhalter werden sollte, hat sich in nur wenigen Monaten ins komplette Gegenteil verkehrt.

Da ist eine Lobbyistin der Hühner- und Putenindustrie ins Kabinett gesetzt worden und jetzt offenbart ihre eigene Vita das ganze schmutzige Dilemma dieser Branche.

Alles Mauern der Ministerin, alles Schweigen des Ministerpräsidenten zieht mittlerweile den Ruf Niedersachsens in den Schmutz.

Sie sind auf dem besten Wege, das Agrarland Nummer 1 so richtig in die Jauche zu reiten.

Anrede,

Sie haben wirklich überhaupt keine Veranlassung mit breiten Schultern durch die Welt zu laufen.

Kurz vor Beginn des neuen Jahres mit sieben Landtagswahlen droht Ihrer CDU doch der ganze Laden um die Ohren zu fliegen:

Rüttgers, Koch und von Beust sind weg.

Nur noch 10 Monate sind es bis zur Kommunalwahl und in den Städten und Gemeinden gehen Ihre Lichter aus.

Vechta haben Sie schon lange verloren, in Celle sind Sie abgelöst worden, jetzt ist Ihnen sogar Lingen abhanden gekommen – die CDU verliert ihre schwarzen Hochburgen. Und jetzt das Drama in Wolfsburg.

Und in Ihrem Kabinett sieht es auch düster aus.

Frau Grotelüschen wird über kurz oder lang gehen. Ihre neue Wunderwaffe Althusmann bekommt den Schulfrieden nicht unter Dach und Fach. Kurz vor dem Ziel geriet der Minister in ein Handgemenge mit FDP und Philologenverband.

Der Club der Elite-Lobbyisten hat gewonnen und zurück bleibt ein gründlich  gerupfter Kultusminister.

Und der Chef hat sich schnell den präsidialen Regierungsstil ihres Vorgängers abgeguckt. Herr McAllister, bei großen Themen wie Schule oder Atom tauchen Sie ab wie Christian Wulff.

Soweit kann man das wohl heute schon sagen: dem Verdacht, dass Sie ein Alphatier sind, werden Sie sich nicht aussetzen müssen.

Anrede, Herr Ministerpräsident,

nach den Erfahrungen der Finanzkrise muss der Umfang von Verschuldung und Neuverschuldung im Haushalt transparenter gemacht werden und die Zukunftsthemen Bildung und Klimaschutz müssen konsequent angepackt werden.

Sie machen das Gegenteil.

Der Finanzminister hat ja hier zu Beginn der Haushaltsdebatte den Ministerpräsidenten der Reserve gegeben.

Nassforsch hat Herr Möllring seine verfassungswidrig bewusst überhöhte Kreditermächtigung im Jahr 2009 verteidigt, indem er mit dem Finger auf die Opposition gezeigt hat.

Zu seinem Etat hat er wohlweislich geschwiegen.

Dass Herr Möllring sich hier im Parlament geschmeidig und oft auch unterhaltsam zu präsentieren weiß, und dass er eine flotte Zunge hat, ist nicht neu.

Dass diese Qualitäten angesichts der Leistungen eines großen Teils der restlichen aktuellen Führungsriege umso mehr zur Geltung kommen, wollen wir auch nicht bestreiten.

Und wir freuen uns auch darüber, dass dieses Familien-Gen durch seinen Sohn auch in einer guten politischen Heimat Früchte tragen kann.

Aber eine rhetorische Attacke auf die Opposition ersetzt nicht die Notwendigkeit, von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit und ein guter Redefluss ersetzt nicht die Notwendigkeit der konsequenten Konsolidierung des Landeshaushalts.

Das sollte mal Ihr zentrales Markenzeichen sein, aber davon ist angesichts Ihrer Angst vor den davonlaufenden Wählern nichts übriggeblieben.

Anrede,

wir kritisieren die Bildung von versteckten "Wahlkampfkassen", die nicht der Finanzierung des unmittelbar notwendigen Bedarfs dienen.

Sie häufen weiter überhöhte Schulden an.

Und Sie wissen selbst genau wie wir, dass Sie Ihr Ziel, der Rückführung der Nettoneuverschuldung auf Null so nicht erreichen werden.

Anrede,

in diesem Jahr hat sich eine in Deutschland bisher nicht gekannte Entfernung der Bürger und Bürgerinnen von den herrschenden Parteien gezeigt. Ob bei der Auseinandersetzung um Stuttgart 21, oder hier in Niedersachsen bei den bislang größten Blockaden gegen den Castortransport nach Gorleben.

Die Wut der Bürgerinnen und Bürger hat eine neue Qualität und Quantität erreicht.

Deshalb brauchen wir neue Maßstäbe im Umgang zwischen Bürgerinnen und Bürgern, gewählten Abgeordneten der Bürgerinnen und Bürger und den von Abgeordneten der Bürgerinnen und Bürgern gewählten Regierungen.

Anrede,

in Schweden hat man an den Standorten potentieller Endlager für Atommüll Volksabstimmungen durchgeführt. In Niedersachsen versucht man seit 33 Jahren eine falsche Entscheidung mit der Polizei durchzusetzen. Deshalb reicht es auch nicht aus, nur einmal einen Castortransport umzulenken, damit in Gorleben in Ruhe weitergebaut werden kann.

Machen Sie doch Nägel mit Köpfen! Stimmen Sie heute Nachmittag unserem Antrag zu.

Das ist eine einmalige Chance. Der Niedersächsische Landtag könnte ein Stück Geschichte schreiben und einstimmig den Stopp der Transporte und eine alternative Standortsuche fordern.

Anrede, Herr McAllister,

Ihr Koalitionspartner FDP liegt jetzt bei 4 Prozent und wird in Berlin schon von Maulwürfen aus den eigenen Reihen unterhöhlt.

Die FDP kann Wikileaks sehr dankbar sein. Ohne Wikileaks hätte sie ihren Spion nie enttarnt.

Wenn sie Glück hat, wird die FDP im Gefolge dieser Geschichte auch noch ihren großen Vorsitzenden los, der ihr doch mit seinen maßlosen Sprüchen vom angeblich anstrengungslosen Wohlstand, den sich Hartz-IV-Empfänger erschleichen wollen, die ganze Suppe eingebrockt hat.

Im nächsten Jahr wird es sieben Landtagswahlen geben. Die Prognosen für diese Wahlen besagen, dass die Regierungsparteien CDU und FDP in einer noch nie dagewesenen Art und Weise verlieren wird. Sie werden, wenn wir in 12 Monaten den nächsten Haushalt debattieren, die Regierungsverantwortung in vier weiteren Ländern verloren haben. Und Sie werden bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen die Quittung für Ihre niedersächsische Politik bekommen.

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