Rede Stefan Wenzel: Entlassung des Innenministers Uwe Schünemann

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie schwer getroffen und angeschlagen die Regierung McAllister in die Winterpause taumelt, dann war es dieser geradezu lächerliche Versuch, den Abwahlantrag für den Innenminister Uwe Schünemann in der Tagesordnung möglichst weit in Richtung Mitternacht zu platzieren.

Haben Sie wirklich gedacht, wenn es dunkel ist, dann merkt es keiner?

Wohl selten hat es in Niedersachsen eine vergleichbare Situation gegeben.

Binnen knapp vier Wochen fallen dem Innenminister mehrere tonnenschwere Probleme auf die Füße:

  • seine unbarmherzige Abschiebungspraxis
  • seine Ignoranz angesichts von wiederholten Waffenfunden in der rechten Szene
  • sein Vorgehen im Zusammenhang mit dem Fehlverhalten eines führenden Polizeibeamten.

In allen drei Fällen gibt es ein Muster.

Phase 1

Wenn das Problem bekannt wird, kommt der Innenminister mit weißer Salbe: Alles halb so wild, alles in bester Ordnung, alles streng rechtstaatlich.

Phase 2

Wenn die öffentliche Empörung trotzdem anhält, werden die Hände in Unschuld gewaschen: Bei der Familie Nguyen sei sein Ministerium nicht verfahrensbeteiligt gewesen, bei der Verfassungsschutzpleite habe die Vorgängerregierung Schuld und bei Herrn Grahl sei er belogen und betrogen worden.

Phase 3

Wenn die Hütte brennt, wird zum Rückzug geblasen:

Die Familie aus Vietnam soll zurückgeholt werden, der Kampf gegen Rechtsterrorismus soll Chefsache werden und der Ex-Polizeipräsident wird im Schnellverfahren aus dem Verkehr gezogen.

Herr Minister Schünemann, Ihr Reaktionsvermögen scheint noch in intakt. Das Problem ist aber, dass sie nur noch reagieren. Das Heft des Handelns halten Sie nicht mehr in den Händen.

Immerhin befinden Sie sich dabei in guter Gesellschaft. Denn aktive Politik gehört auch nicht zu den Stärken Ihres Ministerpräsidenten. Der ist in der Causa Schünemann komplett abgetaucht.

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich den Grund dafür vorzustellen. Die Spatzen pfeifen es ja auch von Dächern, bzw. die Redakteure schreiben es auf:

Opfert McAllister seinen Innenminister, wäre das der Anfang vom Ende.

Anrede,

trotzdem werden Sie, Herr Ministerpräsident, sich  die Frage gefallen lassen müssen, wie lange Sie dem Treiben Ihres Innenministers noch teilnahmslos zuschauen wollen?

Der Innenminister behauptet, dass erst der Dienstwagen eine neue Lage geschaffen habe. Ich sage Ihnen: Herr Schünemann hätte früher handeln müssen. Gucken Sie sich aktuelle Arbeitsgerichtsurteile von einfachen Beamten und Angestellten an. Unter keinen Umständen darf das Personal ein schlechtes Beispiel abgeben, heißt es dort in einem Urteil über die Entlassung eines Beamten im Strafvollzug.

Was glauben Sie denn, wie das wirkt, wenn der Polizeipräsident nachts dort feiern geht, wo die einfachen Polizeibeamten am Tag und am Abend sicherstellen sollen, das Recht und Gesetz eingehalten werden. Das sind nonverbale Signale, die wirken.

Anrede,

Nein: Herr McAllister! So viel Ignoranz, soviel angebliches Unwissen, so wenig Fingerspitzengefühl, so viel Willkür bei der Krisenbewältigung. So wenig Menschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen.

Die Entlassung Ihres Innenministers ist unausweichlich.

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