Rede S. Wenzel: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2002/2003

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Landtagssitzung am 14.05.2003
Stefan Wenzel, MdL

Anrede,
der jetzt vorliegende Nachtragshaushalt 2003 beweist: kurzfristiges Sparen allein wird den Landeshaushalt nicht sanieren.
Sie haben durch Ihre Blockadehaltung im Bundesrat die Chance vertan, auch durch einen Abbau von Steuervergünstigungen den Landeshaushalt wieder ins Lot zu bringen.
Die Neuverschuldung übersteigt bei Weitem die Höhe der Investitionen und damit die zulässige Kredithöhe und übertrifft damit noch den ersten Nachtragshaushalt der damaligen SPD-Regierung.
Anrede,
dieser zweite Nachtragshaushalt 2003 ist die erste finanzpolitische Messlatte der neuen Regierung. Im Spätsommer müssen Sie dann das Gesellenstück vorlegen, ich fürchte die Prüfung werden Sie nicht bestehen.
Die dramatische Finanzlage ist auch eine Chance jetzt die richtigen Schritte zu vollziehen.
Ich will drei Maßstäbe nennen, die wir an Ihren Nachtragshaushalt und den kommenden regulären Haushalt anlegen werden:
1. Bildung und Wissen sind die entscheidenden Ressourcen des 21. Jahrhunderts. Bildung und Ausbildung werden ganz wesentlich über die Zukunft unserer Kinder entscheiden. Wir fassen den Begriff Bildung aber weiter als die Koalition. Nicht allein die Zahl der Lehrer ist ausschlaggebend. Auch die Investitionen in Kindergärten, in Berufsausbildung, in Hochschulen, in Forschung und Entwicklung und in Erwachsenenbildung markieren die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft.
2. Demokratie und kommunale Selbstverwaltung leben vom Mitmachen. Wir wollen die Bürgergesellschaft stärken, wir wollen Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement unterstützen. Wir werden uns für eine Stärkung entsprechender Anreize stark machen und werden uns gegen alle Versuche gesellschaftliches Engagement zu deckeln, wehren. Erfreulich ist, dass die Koalition beim Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) bereits eine Wendung um 180° vollzogen hat.
3. Ein Staat, der jährlich mehr Geld für Zinsen und Tilgung ausgeben muss, ist schwach. Ein solcher Staat frißt das Brot seiner Kinder. Das wollen wir nicht.
Anrede,
Ihr Nachtragshaushalt Herr Möllring schneidet nicht so gut ab, wenn wir diese Maßstäbe anlegen. Sie wollen 2500 neue Lehrer einstellen, mehr Lehrer sind auch nötig, aber wir werden nicht übersehen, dass etliche dieser Lehrerstellen dazu dienen Ihre Schulstrukturreform umzusetzen und die Dreigliedrigkeit zu verschärfen. Beim Übergang zu einer möglichst langen gemeinsamen Schulzeit könnten wir viel größere Schritte auf dem Weg an die Spitze der PISA-Länder machen. Es geht aber nicht nur um Lehrerstellen. Wir brauchen auch die Sozialpädagogen an den Hauptschulen.
Für problematisch halte ich die stark überproportionalen Kürzungen im Bereich der Hochschulen, bei Forschung und Entwicklung. Eine reine Umverteilung im Bildungsbereich wird den Herausforderungen nicht gerecht.
Anrede,
wir werden einen Änderungsantrag zum Nachtragshaushalt einbringen. Dabei werden wir nicht nur im Bildungsbereich unsere Alternativen deutlich machen, sondern auch bei den Maßnahmen zur Förderung von arbeitslosen Jugendlichen. Es macht keinen Sinn neue Polizisten einzustellen und im gleichen Moment bei den Projekten für arbeitslose Jugendliche zu sparen.
Für falsch halten wir auch die Kürzung bei der Verbraucherberatung. Hier ist nicht schlechtere Beratung angesagt, sondern bessere Beratung.
Wir werden Ihnen alternative Einsparmöglichkeiten anbieten.
In vielen Bereichen werden wir Vorschläge für Aufgabenabbau und Ausgabenkürzung machen. Beim Weihnachtsgeld für Beamte halten wir Einsparungen in erheblichem Umfang für vertretbar, allerdings nur mit einer sozialen Staffelung
Anrede,
die Verwaltungsreform muss beherzt angegangen werden. Neben den Bezirksregierungen muss insbesondere die Reform der Agrarstruktur- und die Katasterverwaltung zügig angepackt werden. Die Zusammenlegung von Landesämtern mit Nachbarländern muss vorangetrieben werden, die Oberfinanzdirektion muss gestrafft und der Verfassungsschutz überprüft werden. 16 Landesdienste treten sich gegenseitig auf die Füße.
Anrede,
niemand hat so viele Pläne in der Schublade liegen wie die Straßenbauverwaltung. Gleichzeitig kriegen Sie die Sanierung der Landesstraßen nicht in den Griff. Selbst die Sanierung von Unfallschwerpunkten wird zurückgestellt, weil die Behördenleitung dem Neubauwahn verfallen ist. Eine klare Priorisierung und eine Budgetierung würde hier eine ganze Menge Geld sparen. Wertschöpfende Investitionen sind hier nur schwer nachzuweisen. Ganz im Gegensatz zum Bildungsbereich.
Anrede,
die IN-Bank war nur eine Fata Morgana der Regierung Gabriel. Eigentlich eine hervorragende Chance für den neuen Wirtschaftsminister die Wirtschaftsförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Vor über zwei Jahren hat die ehemalige Wirtschaftsministerin Knorre festgestellt, dass dort ein heilloses Chaos herrscht: Mitnahmeeffekte und Geheimniskrämerei. Eine Evaluation der Wirtschafts- und Technologieförderung ist mir in fünf Jahren im Wirtschaftssausschuss nicht auf den Tisch gekommen. Alle Anfragen wurden ausweichend beantwortet und jetzt will die neue Landesregierung auf derselben Baustelle weitermachen. Wir brauchen ein Moratorium und eine Konzentration bei der Landestreuhandstelle. Neue Außenstellen der Bezirksregierungen mit dem Türschild N-Bank brauchen wir nicht. Wichtiger wäre eine neue Zieldefinition und eine konsequente Evaluierung.
Anrede,
einiges geht über den Tag hinaus, Herr Möllring. Aber nicht nur in Ihrem Haus wird über den Haushalt 2004 nachgedacht. Insofern hoffe ich, dass Sie viele von unseren Vorschlägen aufgreifen. Das Land und die Menschen in Niedersachsen würden davon profitieren.

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