Rede S. Wenzel: Enge Kooperation im Nordländerverbund ? Effiziente Verwaltung und gemeinsame Perspektiven
...
Anrede,
am 23. November 1946 wurde mit der britischen Verordnung Nr. 55 das Land Niedersachsen in den heutigen Grenzen geschaffen. In der vorausgegangenen Debatte standen viele verschiedene Namen und Modelle im Raum. Alfred Kubel, damals kurzzeitig Braunschweiger Ministerpräsident forderte unter anderem die Einbeziehung von Schleswig-Holstein. Hinrich-Wilhelm-Kopf, damals Oberpräsident des Landes Hannover wollte unter anderem die Hansestadt Bremen integrieren, die als Nachschubhafen zur amerikanischen Besatzungszone gehörte.
Anrede,
das Beispiel zeigt, dass schon zur Geburtsstunde Niedersachsens Überlegungen angestellt wurden, die weit über den status quo hinausreichten. Was ein leistungsfähiges Bundesland ist, wurde schon damals kontrovers diskutiert. Mittlerweile haben wir mehr als fünfzig Jahre Erfahrung gesammelt. Vieles hat sich bewährt, aber vieles gehört auch auf den Prüfstand.
Der föderale Staatsaufbau mit einer starken kommunalen Selbstverwaltung hat sich im Kern bewährt. Die starke subsidiäre Verankerung ist nach wie vor zukunftsweisend und muss auch in der europäischen Verfassung verankert werden. Wir sollten aber zugleich erkennen, wo Schwachpunkte liegen, wo Reformbedarf besteht und wo bestehende Strukturen besser und effizienter werden müssen.
Anrede,
die Metropolregion Hamburg umfasst das Gebiet von drei Bundesländern. In Bremen und Umland sind es zwei Bundesländer. Die Flächenkonkurrenz bei Ansiedelungen und die steuerpolitischen Wirkungen der Speckgürtel zeigen, dass wir eine gemeinsame Raumordnung brauchen. Die Diskussion über eine norddeutsche Hafenpolitik zeigt, dass jedes einzelne Bundesland sich verheben wird, wenn wir es nicht schaffen, die kleinräumigen Egoismen zu überwinden. Schon die Investitionen werden jedes einzelne Bundesland finanziell in die Knie zwingen. Ganz zu schweigen von Unterhalts- und Betriebskosten und Investitionen für die Hinterlandverbindungen, die untrennbar Bestandteil einer leistungsfähigen Hafeninfrastruktur sind. In der Verkehrspolitik hieß Kooperation in der Regel Addition – wenn man sich nicht einigen konnte, wurde versucht alle gewünschten Teilmengen gleichzeitig zu realisieren.
Anrede,
wir fordern eine neue Dimension der Kooperation im Nordländerverbund. Wir wollen eine sehr enge Zusammenarbeit mit Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Wir sind aber auch offen für Kooperationen mit Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern. In einem gewachsenen Europa der Regionen ist kein Platz mehr für kleinräumige Konkurrenz.
Hamburg und Schleswig-Holstein haben mittlerweile eine ganze Reihe von konkreten Kooperationsprojekten vereinbart und umgesetzt. Von der Fusion der Landesbanken, Fusion von IT-Einrichtungen, Fusion der statistischen Landesämter bis zur Zusammenführung der Eichverwaltungen. Darüber hinaus wurden acht weitere Kooperationsprojekte vereinbart. Auch Bremen will die Fusion von Ämtern vorantreiben und hat dabei die Regionalplanung, die statistischen Landesämter, den Verfassungsschutz, die Haftanstalten, die Informatikämter und die Bezügeverwaltung vorgeschlagen.
Von Niedersachsen war bei dem Thema bisher wenig Substantielles zu hören. Der Ministerpräsident wurde erst Mitte September kalt erwischt als sein Hamburger Kollege von Beust vor dem CDU-Wirtschaftsrat in Hannover Tacheles redete. Aber weder über einen Nordstaat noch über größere Kooperationsprojekte wollten Sie reden. Auch in der Hafenpolitik haben Sie eine weitergehende Kooperation mit Hamburg vorerst abgelehnt. Und Minister Schünemann konnte uns Mitte Oktober im Haushaltsausschuss ebenfalls nicht viel mehr erzählen. Endlich konnten wir gestern im rundblick eine erste Meldung lesen, die über das Ergebnis einer Staatssekretärsrunde berichtete. Immerhin sitzt Niedersachsen mit am Tisch. Es wird geprüft und dabei ist auch eine Reihe von Vorhaben, die wir Ihnen in unserem Entschließungsantrag vorschlagen.
Anrede,
eine enge Kooperation im Nordländerverbund ist ein erster Schritt, der sich auch für Niedersachsen finanziell lohnen wird. Er zeigt aber zugleich auch weitergehende Perspektiven auf.
Es ist legitim zu fragen, ob wir in 10 bis 15 Jahren noch 16 Bundesländer brauchen. Ob nicht 8 bis 10 finanziell starke und finanziell handlungsfähige Bundesländer den künftigen Herausforderungen eher gerecht werden.
Insofern ist die intensivere Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg auch ein Projekt der Vertrauensbildung. Die Institutionen, die künftig Verantwortung für vier oder gar fünf Bundesländer übernehmen, können dazu beitragen, die Vorbehalte und die Vorurteile abzubauen.
Anrede,
Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie jetzt einen großen Schritt nach vorn macht und sich aktiv um eine konkrete Zusammenarbeit im Nordländerverbund bemüht. Die Zeit der Trippelschritte ist vorbei.