Rede Regina Asendorf: Antrag (SPD/GRÜNE) zu Hormonstörenden Stoffen im Grundwasser

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Mit unseren Kindern – und idealerweise auch später im Leben – gehen wir regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen. Nicht nur Technikfreaks warten mit der Installation von großen Softwareupdates, bis klar ist, dass damit nicht der Rechner lahmgelegt wird. Wenn Kinder ein unbekanntes Gericht auf den Teller bekommen, gucken sie erstmal, ob die Eltern das denn auch essen.

Vorsorge hält gesund und gehört zum gesunden Menschenverstand.

Das Vorsorgeprinzip ist eine wichtige Errungenschaft in der europäischen Umwelt- und Gesundheitspolitik: Potenziell schädliche Stoffe werden reguliert, bevor sie Mensch und Umwelt schaden.

Das europäische Vorsorgeprinzip ist auch international anerkannt und findet sich z.B. bei Abkommen der Welthandelsorganisation wieder. Etwas, worauf Europa mit Recht stolz sein kann.

Hormonstörende Stoffe sind Substanzen, die in das Hormonsystem des Körpers eingreifen und unterschiedlichste Wirkungen haben können: Fruchtbarkeitsstörungen, Fehlbildungen an Geschlechtsorganen, Krebs. Bei einigen Chemikalien ist eine hormonstörende Wirkung mittlerweile nachgewiesen. Bei vielen anderen besteht noch immenser Forschungsbedarf.

Deshalb hat das europäische Parlament im März 2013 einen Beschluss zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vor endokrinen Disruptoren (sprich hormonstörenden Stoffen) gefasst.

Allein fünfmal wird im Text auf das Vorsorgeprinzip verwiesen, das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert ist und von der europäischen Kommission im Jahre 2000 definiert wurde. Also kein abstrakter Begriff, sondern klare Handlungsanweisung.

Es geht um Risikoanalyse, also darum, wie mit einem Produkt oder Verfahren umgegangen werden soll, bei dem damit gerechnet werden muss, dass es gefährliche Folgen haben könnte, was sich aber nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen lässt.

Mal abgesehen davon, dass sich ein Risiko durch eine wissenschaftliche Bewertung möglichst genau beschreiben lässt, müssen wir also damit umgehen, dass ein Restrisiko sich vielleicht nicht klären lassen wird.

Meine Damen und Herren, um genau dieses Restrisiko geht es aber in dem politischen Entscheidungsfindungsprozess. Was für die Gesellschaft noch ein „zumutbares“ Restrisiko ist, bleibt am Ende eine Entscheidung mit hoher politischer Verantwortung.

Diese Sorge findet sich in dem Beschluss des europäischen Parlamentes wieder. All dies mündet in eine Aufgabenliste an die Kommission, bis Ende 2014 eine erste Liste mit hormonstörenden Stoffen vorzulegen.

Die Kommission hat dies nicht getan und ist dafür verklagt worden und hat im Dezember 2015 verloren. Dem Beschluss des Parlamentes musste Folge geleistet werden.

Für die Bürger und Bürgerinnen Europas ein gutes Zeichen.

Im Juni diesen Jahres hat die EU-Kommission nun Entwürfe für eine Kommissionsrechtsakte zum Thema endokrine Disruptoren vorgelegt und, wen wundert es, ist wiederum nicht in allen Punkten dem Beschluss des Parlaments gefolgt.

Umwelt- und Gesundheitsorganisationen kritisieren, dass die Verordnungsvorschläge der EU-Kommission nicht geeignet sind, das Vorsorgeprinzip für einen wirksamen Schutz von Gesundheit und Umwelt zu gewährleisten. Ja, es wird sogar eine Verschlechterung gegenüber dem bestehenden Schutzniveau befürchtet.

Mit unserem heutigen Beschluss unterstützen wir das europäische Parlamentes und fordern damit gleichzeitig die Rechte aus dem Lissabonvertrag ein. Das Parlament ist die Legislative, die Kommission die Exekutive. Dies ist eben noch keine Selbstverständlichkeit, sondern muss in Europa durchgesetzt werden. Daran wollen wir uns im Sinne der Demokratisierung Europas beteiligen.

Europa ist noch nicht fertig. Es ist eben auch unsere Aufgabe, an der Fortentwicklung mitzuarbeiten.

Unser vorgelegter Beschluss ist ein Beitrag dazu und zeigt unseren Wählern, dass auch das Niedersächsische Parlament daran beteiligt ist und seine Stimme in Europa erhebt.

Ich bitte Sie daher, diesem Beschluss im Sinne des Schutzes von Gesundheit und Umwelt und der demokratischen Zukunft Europas zuzustimmen.

Vielen Dank!

 

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