Rede Regina Asendorf: Antrag (SPD/GRÜNE) zu Endokrine Disruptoren erkennen und definieren

<iframe src="https://www.youtube.com/embed/EDmp56ElsYU?rel=0" width="640" frameborder="0" height="360"></iframe>

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

ich spreche heute zu dem Antrag „Hormonstörende Stoffe gehören nicht ins Grundwasser – Endokrine Disruptoren erkennen, definieren und die Forschung stärken“.

Ich gebe zu, dass das Thema für einen Freitagnachmittag schwere Kost ist. Aber glauben Sie mir, es ist ein echter Krimi.

Das fängt schon damit an, dass uns das Thema fasst nicht aufgefallen wäre, denn in den Mitteilungen aus Brüssel war außer dem Titel „Endokrine Disruptoren“ nichts weiter erläutert worden.

Endokrine Disruptoren sind in vielen Alltagsprodukten enthalten, wie etwa Weichmacher in Plastikmaterialien, Pestizide, Feuerlöschschaum und Fracking-Mitteln.

Die schädliche Wirkung endokriner Disruptoren beruht darauf, dass sie sich im Körper ähnlich wie Hormone verhalten bzw. körpereigene Stoffe blockieren und damit besonders in der Schwangerschaft gefährlich sind.

Bekannt geworden sind endokrin aktive Substanzen in den Jahren 2009/2010, durch die in Babyflaschen entdeckte Substanz Bisphenol A (BPA). Die Chemikalie steht inzwischen im Verdacht, eine Vielzahl von negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu haben, darunter verringerte Fruchtbarkeit, veränderte Verhaltensentwicklung, Diabetes, Herzerkrankungen sowie Fettleibigkeit.

Bisphenol A haltiger Kunstoff als Babyflaschen ist seit März 2011 EU weit verboten. In Frankreich darf Bisphenol seit Januar 2015 in Lebensmittelverpackungen nicht mehr verwendet werden.

Weshalb sollten wir uns mit diesem Antrag auf Landesebene beschäftigen?

Hier beginnt nun der eigentliche Krimi und er fängt damit an, dass das europäische Parlament am 14. März 2013 beschließt, dass Vorschläge zu übergreifenden Kriterien für endokrine Disruptoren auf der Grundlage bereits bestehende Definition der WHO erarbeitet werden. Sie beruft sich dabei auf das Vorsorgeprinzip nach Artikel 191 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Die von der Kommission dazu erstellte „Roadmap“ sah eine Vorlage von Vorschlägen bis Juni 2014 vor.

Bis Juni 2015 sollte die EU-Kommission außerdem einen neuen Gesetzesvorschlag zur Eindämmung von EDCs vorlegen. Des Weiteren soll die Kommission EDCs auch als besonders besorgniserregende Stoffe unter der EU-Chemikalienverordnung REACH einstufen.

Aber trotz „Roadmap“ konnten sich die Generaldirektionen der EU-Kommission nicht einigen und dem Parlament wurde tatsächlich nichts vorgelegt.

Daraufhin hat Schweden die Kommission verklagt und am 16. Dezember 2015 gewonnen. Das EUGH hat festgestellt, dass die Kommission aufgrund der Nichterfüllung des Parlamentsbeschlusses europäisches Recht gebrochen hat.

Das Urteil des EUGH ist richtungsweisend, da es die Entscheidung des Parlaments stützt und damit den Willen der Wähler und Wählerinnen.

Warum verhält sich die Kommission so? Es musste doch klar sein, dass sie damit europäisches Recht brechen. Wieso riskieren sie solch ein unpopuläres Urteil?

Zumindest haben sie Zeit gewonnen. Zeit wofür? Für TTIP!

Während in Europa nämlich das Vorsorgeprinzip gilt, betreiben die USA eine Risikobetrachtung. Erst wenn bewiesen wird, dass etwas schädlich ist, wird es beschränkt.

Würde die EU die endokrinen Disruptoren definieren und sie kämen in die REACH-Liste, wären sie nicht mehr verhandelbare Standards.

Der Spiegel hat sich bereits letztes Jahr mit dem Thema beschäftigt und interne Papiere der Verhandlungen im Rahmen von TTIP und endokrinen Disruptoren veröffentlicht. Erschreckend wie aufschlussreich.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, auf das ganze Ausmaß des meiner Meinung nach Riesenskandals führen.

Ich bin der Meinung, dass wir unsere Vertreter im EU-Parlament unterstützen müssen und ein klares Signal in Richtung Brüssel senden: Wir wollen, dass der Beschluss des Parlaments umgesetzt wird und wir wollen das Vorsorgeprinzip dabei beachtet wissen.

Daher möchten wir, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass entsprechend des Auftrages des EU-Parlaments EU-Kriterien  von  endokrinen Disruptoren definiert  werden,  um  so mögliche irreversible Schäden für Umwelt und Gesundheit auszuschließen. Das Vorsorgeprinzip der europäischen Umweltpolitik muss verteidigt werden.

Die Landesregierung sollte sich außerdem dafür einsetzen, dass die EU-Forschungsförderung in dem Bereich gestärkt wird, um Wirkmechanismen besser zu verstehen.

Es geht um unsere Gesundheit und die der folgenden Generationen.

Wir wollen nicht bedauern müssen, nichts getan zu haben.

Ich bitte Sie daher, den Antrag zu unterstützen.

Zurück zum Pressearchiv