Rede Ralf Briese: Sicherheit im Justizvollzug besser gewährleisten!

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Anrede
In Niedersachsen ist ein Strafgefangener auf spektakuläre Weise aus einer Justizvollzugsanstalt ausgebrochen. Es war kein Kleinkrimineller, der dort entwischt ist, sondern ein Kapitalverbrecher. Von ihm fehlt bisher jede Spur – und mit ziemlicher Sicherheit hat er sich bereits ins Ausland abgesetzt.
Böswillige Menschen könnten nun behaupten: die Landesregierung erfüllt hier eine Forderung ausländische Straftäter zum Vollzug in das Heimatland abzuschieben - aber dieser perfiden Theorie will ich mich nicht anschließen.
Es wurde auch der Verdacht geäußert, ob der Gefangene Hilfe aus dem Vollzug erhalten hat. Korruption in einer Strafanstalt – meine Damen und Herren – das wäre ein schlimmes Phänomen in unserem Land.
Der Ausbruch des Schwerverbrechers hat in den Medien hohe Wellen geschlagen. Und natürlich stellt sich die Frage: Wie viel Verantwortung trägt dafür die Ressortchefin Justizministerin Heister-Neumann?
Hat man den niedersächsischen Bürgern nicht in Wahlprogrammen, Koalitionsverträgen und in Pressekonferenzen bei der Vorstellung von einheitlichen Vollzugskonzepten mehr innere Sicherheit versprochen?
Was bleibt von diesen Versprechungen angesichts des Ausbruches eines Kapitalverbrechers?
Ich will Ihnen eine Antwort geben:
Wo Menschen arbeiten passieren Fehler. Es gibt keine fehlerfreien Systeme. Die Bedingungen müssen natürlich so gestaltet werden, dass sich möglichst wenig Fehler – vor allen in hochsensiblen Bereichen – ereignen. Aber vollkommene Fehlerfreiheit und damit Sicherheit kann und sollte uns niemand versprechen – das ist entweder Täuschung oder Hybris.
Meine Damen und Herren,
wir haben daher den Ausbruch eines gefährlichen Strafgefangenen nicht hysterisch und populistisch skandalisiert und reflexartig den Rücktritt der verantwortlichen Ministerin gefordert – so wie die CDU das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in umgekehrter Rolle getan hätte. Die CDU in Schleswig- Holstein ist das tatsächliche und schlechteste Beispiel hierfür.
Fehler sind etwas Menschliches – und solange nicht Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vorliegt – muss man sie auch entschuldigen. Das ist ein Gebot der Fairness. Der politische Wettbewerb sollte nicht schäbig werden.
Meine Damen und Herren,
dennoch muss sich die Ministerin kritische Fragen gefallen lassen.
Seit Sie regieren gibt es einen kontinuierlichen Abbau der Vollzugsstandards – oder zumindest die Forderung danach. Sie wollen Mehrfachbelegung in Zellen, sie bauen soziale Dienste in den Anstalten ab, sie wollen längere U-Haft und ein härteres Jugendstrafrecht – alles gegen den geballten Sachverstand der Fachwelt.
Schlechtere Knastbedingungen erhöhen die Ausbruchsgefahr. Gleichzeitig wird die Resozialisierung erschwert – und damit steigt die Gefahr von Rückfällen. Das ist weder Opferschutz noch mehr Innere Sicherheit – das ist einfach unprofessionelle und antiquierte Vollzugspolitik.
Schon verkünden Sie voll Stolz, dass jetzt die neue Sicherungsverwahrung auch in Niedersachsen greift – obwohl der Maßregelvollzug bereits aus allen Nähten platzt.
Ich bin gespannt, wie lange der nächste Ausbruch unter diesen Bedingungen auf sich warten lässt.
Die Forderungen in dem Antrag verdienen eine angemessene Beratung und Berücksichtigung. – beim nächsten Ausbruch wird in "dubio pro reo" nicht mehr angewandt.

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