Rede: Ralf Briese: Kennzeichnungspflicht stärkt Vertrauen in die Polizei

Landtagssitzung am 18.03.2010

Ralf Briese, MdL

Anrede,

die Grünen sind für eine Kennzeichenpflicht für Polizeibeamte im Dienst – eine moderne und bürgerfreundliche Polizei tritt den Menschen mit offenem Visier und damit identifizierbar gegenüber.

Natürlich wissen wir, dass viele Polizisten im normalen Alltagsdienst längst einen Namen oder zumindest eine Dienstnummer tragen – und das begrüßen wir natürlich. Bei einer verpflichtenden Kennzeichnungspflicht geht es im wesentlichen um geschlossene Einheiten bei Großeinsätzen.

Diese Forderung einer polizeilichen Identifizierbarkeit wird seit langem von Menschenrechtsgruppen und auch verschiedenen Wissenschaftlern erhoben – zum Beispiel von Amnesty International oder von der Humanistischen Union Deutschland, in der ja auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger Mitglied ist.

Die FDP im Stadtstadt Berlin ist dafür – und der dortige Polizeichef Glietsch auch – und wir als Grüne habe das ja auch in unserem Versammlungsrechtsentwurf gefordert.

Meine Damen und Herren,

es gibt drei Argumente für die Kennzeichenpflicht:

  1. aus grundsätzlichen, rechtsstaatlichen Erwägungen muss hoheitliche Staatsgewalt den Bürgern transparent gegenübertreten. Wir leben nicht mehr im absolutistischen Obrigkeitsstaat, sondern die Staatsgewalt geht vom Volke aus.
  2. Das Rechtsstaatprinzip aus Artikel 19 Grundgesetz gibt den Menschen das Recht, gegen staatliche Hoheitsakte Rechtsmittel einzulegen – aber das Recht kann nicht greifen, wenn der Beklagte nicht identifizierbar ist.
  3. Die individuelle Kennzeichnung liegt im Interesse der Polizei, weil damit allgemeine Kollektivvorwürfe nicht mehr möglich sind, diese Vorwürfe können dann individuell rechtsstaatlich geklärt werden.

Anrede,

nun zu den Gegenargumenten, die sich in meinen Augen entkräften lassen:

Die Gewerkschaften der Polizei befürchten Racheakte, wenn die Polizei bei jedem Einsatz individuell identifizierbar ist. Dieses Argument überzeugt mich aus zwei Gründen nicht: Zum einen kann die Identifikation auch über eine Dienstnummer hergestellt werden – also pseudoanonymisiert – und zum anderen  tritt der Staat mit seinen Bediensteten im gesamten Strafverfahren natürlich transparent auf. Sprich: Staatsanwalt, Vernehmungsrichter, Geschworene, urteilender Richter, Justizvollzug, ggf. Bewährungshilfe – niemand kommt auf die Idee all diese Beamten anonym auftreten zu lassen, weil Racheakte zu befürchten sind. Anonymität ist dem demokratischen Rechtsstaat fremd.

Ein weiteres Gegenargument lautet: Die Kennzeichnungspflicht ist ein allgemeines Misstrauensbekunden gegen die Polizei. Nein, das ist es nicht! Ich sage es hier in jeder Debatte über Polizeipolitik und Sicherheit: Die Polizei leistet gute Arbeit – es ist ein schwerer und verantwortungsvoller Beruf – und er ist nicht leichter geworden. Aber schwere Berufe haben viele Menschen in diesem Land – und auch Staatsgewalt ist nicht unfehlbar. Die Bürger haben daher ein Recht, zu wissen, mit wem sie es zu tun haben.

Ich habe recherchiert, wo und wann die individuelle Kennzeichenpflicht für Polizeibeamte besteht. Und Überraschung: Bereits 1849 bestand in Preußen die Pflicht zum Tragen einer Dienst- und Abteilungsnummer – und bis Mitte der 90er Jahre bestand diese Pflicht auch in den neuen Bundesländern. Die Polizei in New York – die berühmte ! – hat 1975 die Kennzeichnung eingeführt und die Metropolitan Police in London 2004.

New York und London – ich finde da sollte Hannover nicht zurückstehen.

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