Rede Ralf Briese: Folter national und international eindämmen ? Landtag macht sich für die Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention stark

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Anrede,
wir können heute im Niedersächsischen Landtag zwei wichtige politische Dinge beschließen: mit der Zustimmung zur UN-Anti-Folter-Konvention setzen wir ein wichtiges Signal zur internationalen Eindämmung der Folter. Der Landtag kann heute ein wenig Außenpolitik betreiben. Die menschenverachtende Folter wird erschreckenderweise noch in vielen Ländern der Erde praktiziert. Und es sind nicht nur Schurkenstaaten und Diktaturen, die dieses schlimme Mittel anwenden und damit einen Menschen seelisch und körperlich zerstören. Auch befreundete Staaten der Bundesrepublik verstoßen ganz offenkundig gegen grundlegende Menschenrechte, wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Sowohl die USA, als auch Russland und auch die Türkei sind in dieser Frage des absoluten Folterverbotes nicht konsequent verlässlich.
Ich fand es gut und mutig, dass Ministerpräsident Wulff bei dem Besuch von Wladimir Putin in Hannover die Menschenrechtsfrage angesprochen hat. Wirklich Respekt. Ich hoffe, Herr Wulff, Sie haben das jetzt auch in China gemacht. Und ich würde mir wünschen, dass bei einem USA-Besuch auch das Problem Guantanamo angesprochen wird. Und ich sage auch klar und deutlich: was der Bundeskanzler in der Menschenrechtsfrage leistet ist absolut unbefriedigend. Das schließt nahtlos an die Kohl-Tradition an: First Business then human rights.
Anrede,
es geht bei diesem Antrag aber beileibe nicht nur um Außenpolitik. Mit der Ratifizierung und Umsetzung des Zusatzprotokolls verpflichtet sich auch das Land Niedersachsen dazu seine Institutionen, in denen Menschen der Freiheit entzogen sind durch unabhängige Präventionsräte kontrollieren zu lassen. Betroffen davon sind die Polizei, die Vollzugsanstalten und auch die Landeskrankenhäuser.
Diese Einrichtungen werden schon heute durch gut besetzte unabhängige Fachgremien kontrolliert – und das Quälen von Menschen oder gar Folter hat in Deutschland Ausnahmecharakter. Ganz auszuschließen sind sie dennoch nicht.
In Brandenburg gab es kürzlich einen Skandal, weil Vollzugsbedienstete dort Gefangene mehrfach verprügelt haben. In der Bundeswehr haben verschiedene Ausbilder Rekruten ganz übel gequält. Amnesty International prangert zweifelhafte Verhörmethoden bei der deutschen Polizei an. Im Jahr 2002 ist zum Beispiel ein Verdächtiger auf der Wache zu Tode geprügelt worden. Und wir hatten im letzten Jahr den Fall Daschner und die angedrohte Folter bei einem Verhör. Ich will diesen schwierigen Fall hier nicht neu diskutieren – klar ist, dass der Vizepolizeipräsident sich in einer außerordentlich schwierigen Lage befand.
Was mich aber besorgt macht ist der rechtspolitische Diskurs, der sich nach der causa Daschner-Gäfgen entwickelte. Strafrechtler haben doch tatsächlich von Nothilfe fabuliert – und ein Bonner Professor mit Namen Jacobs fordert in Deutschland allen Ernstes ein neues Feindstrafrecht. Damit wird nicht nur Artikel 3 des Grundgesetzes in Frage gestellt. Unsere ganze Rechtsordnung bekäme einen Infarkt. Es gibt dann das normale Strafrecht für den Durchschnittsdeliquenten und ein Feindstrafrecht für Unverbesserliche – bei denen darf dann auch mal gefoltert werden.
Das ist eine dämonische Moral – meine Damen und Herren – und es ist erschreckend, dass deutsche Universitätsprofessoren solche Hirngespinste haben. Carl Schmidt und das Freund-Feind-Denken klettern wie Zombies aus der moderigen Gruft der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Im Schillerjahr hat man manchmal das Gefühl die Restauration feiert fürchterliche Urstände.
Anrede
ich freue mich, dass wir diesen Antrag hier heute gemeinsam beschließen und dass der Landtag ein eindeutiges unmissverständliches und deutliches Signal gegen jede Form des Menschenquälens und der Folter setzt.

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